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FIFA-Skandal
Die Basis hat sich abgewendet

Skandale, Suspendierungen, Ermittlungen: Knapp eine Woche vor der FIFA-Präsidentschaftswahl ist auch die Fußballbasis enttäuscht von ihrem Dachverband. Doch zwischen all der Ernüchterung blitzt auch ein kleiner Funken Hoffnung durch.

Von Arne Lichtenberg | 20.02.2016
    Die FIFA-Zentrale in Zürich
    Die FIFA-Zentrale in Zürich ist in diesen Tagen noch weiter entfernt von der Basis als ohnehin. (AFP / FABRICE COFFRINI)
    Es sind genau 517 km Luftlinie vom Trainingsplatz des SV Rosellen in Neuss zur Hauptzentrale des Fußballweltverbandes auf dem Zürichberg. Doch die Distanz könnte in diesen Tagen kaum größer sein. Das Klima ist eisig. Die kalte Februarluft weht frostig über den Kunstrasen, der Atem der Spieler bildet kleine weiße Wolken.
    "Schlechter kann es nicht werden"
    In einem Container der direkt an den Kunstrasenplatz angrenzt, sitzen die beiden Jugendleiter Sven Solka und Norbert Schriddels. Angesichts der jüngsten Eskapaden des Weltverbands können sie nur noch die Köpfe schütteln: "Schlechter als das bis jetzt gemacht worden ist, dass wirklich ein kleiner Kreis von Funktionären sich da die Taschen voll gestopft haben, kann es jetzt nicht mehr werden", sagt Geschäftsführer und Jugendleiter Schriddels. Der sich freut, dass die vielen Missstände endlich ans Tageslicht kommen und kräftig aufgeräumt wird. Kontakt hätten die kleinen Vereine zum Weltverband ja sowieso nicht, aber generell bezweifelt der Jugendleiter, ob überhaupt ein FIFA-Funktionär wisse, was bei den kleinen Amateurvereinen in Wirklichkeit ablaufe:
    "Das Problem, was ich sehe ist, dass wenn man irgendwo eine gewisse Position oder Funktion erreicht hat, dann sind die Leute, die darunter stehen, na ich würde nicht sagen egal - aber sie spielen nicht so die Rolle spielen."
    Von den Funktionären im Stich gelassen
    Beim SV Rosellen würden sie sich wünschen, dass nur ein Bruchteil der Millionen, die bei einer Weltmeisterschaft eingenommen werden, ihrem Verein zu Gute kommen könnten. Handlungsbedarf gibt es genug, wie der Jugendtrainer Sven Solka berichtet.
    "Wir haben einen Kunstrasen, aber aktuell 21 Mannschaften, der Rasen ist selten bespielbar und die Ascheplätze sind in katastrophalem Zustand. Die sind von 1961 und wir versuchen das selbst auf die Beine zu stellen, damit wir da noch einen zweiten Kunstrasenplatz bekommen. Aber alles in Eigeninitiative, mit ehrenamtlichen Helfern, mit Sponsoren etc."
    Geld ist auch beim TuS Reuschenberg knapp, der Verein ist nur wenige Kilometer vom SV Rosellen entfernt beheimatet. Auch hier ist man auf die FIFA nicht gut zu sprechen: "Wenn wir Geldstrafen auferlegt bekommen, wir wissen ja noch nicht einmal wo das Geld hingeht, man munkelt schon in unseren Kreisen, das Geld fließt wahrscheinlich genau in die Richtung und dort wird es verbrannt", sagt Norbert Jerneitzik, Geschäftsführer vom TuS Reuschenberg und Trainer der B-Jugend. Er fühlt sich von den hochrangigen Sportfunktionären allein gelassen.
    "Wir hier im Verein würden eher sagen, die haben von Tuten und Blasen keine Ahnung. Was wir hier an Arbeit leisten und wo die Talente herkommen, das kriegen die gar nicht mit. Und ich glaube, die wollen es auch gar nicht mitbekommen, weil das wiederum mit Arbeit verbunden ist."
    Hoffnung auf den Wandel
    Negative Auswirkungen haben die Skandale rund um die FIFA auf die Vereine bislang noch nicht gehabt, bestätigen die Vereinsverantwortlichen. Eltern schicken ihre Kinder weiterhin zum Fußball, auch weil sie wahrscheinlich wissen, dass es im Fußball nicht anders abläuft, als in anderen Teilen der Gesellschaft auch. Dennoch setzt Jugendleiter Norbert Schriddels vom SV Rosellen noch zarte Hoffnungen in die kommenden Präsidentschaftswahlen.
    "Ich finde es ja eigentlich ziemlich perfide, dass ausgerechnet die Konstruktion, die der Herr Blatter eingerichtet hat - mit dieser Ethikkommission - jetzt im Endeffekt zu seinem Sturz geführt hat. Da alleine kann ich ja schon sehen, da kann durchaus was bewirkt werden, auch in positiver Hinsicht, dass es dann wieder ein etwas skandalfreierer Weltverband wird."