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Flüchtlingspolitik
Nahles und de Maizière verteidigen Integrationsgesetz

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) hat den Vorwurf zurückgewiesen, das beschlossene Integrationsgesetz fordere mehr als es fördere. Das schließe das Gesetz geradezu aus. Auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) verteidigte die Pläne der Koalition als wichtigen Beitrag für das gesellschaftliche Klima in Deutschland.

25.05.2016
    Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) und Innenminister Thomas de Maizière (CDU) bei der Pressekonferenz zum Integrationsgesetz.
    Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) und Innenminister Thomas de Maizière (CDU) bei der Pressekonferenz zum Integrationsgesetz. (dpa/picture alliance/Bernd von Jutrczenka)
    Das Gesetz mache Flüchtlingen gute Angebote auf dem Arbeitsmarkt, sagte Nahles bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière. Integration funktioniere am besten über das Erlernen der Sprache und Ausbildung. Die Menschen, die in Deutschland ankämen, sollten früh erste Bekanntschaft mit dem hiesigen Arbeitsmarkt machen. Das gelte auch für diejenigen, die geringe Chancen auf ein dauerhaftes Bleiberecht hätten. Wenn sie zurückkehrten, seien sie als Botschafter für Deutschland zu sehen.
    Das Integrationsgesetz sieht unter anderem ein Programm mit 100.000 zusätzlichen Ein-Euro-Jobs für Flüchtlinge sowie Erleichterungen und Förderungen bei der Ausbildung vor. Gleichzeitig sollen Flüchtlinge künftig auch für Integrationsmaßnahmen verpflichtet werden. Nahles betonte aber, man könne keine Sanktionen verhängen, "wenn wir vorher kein Angebot gemacht haben." Der Grundgedanke "Fördern und Fordern" sei richtig.
    Dagdelen: "Knallhart ins Hamsterrad reingepresst"
    Die Arbeitsministerin unterstrich, dass die sogenannte Vorrangprüfung für Arbeitsplatzbewerber aus Deutschland und anderen EU-Staaten für drei Jahre ausgesetzt werden könne. Die Länder hätten die Möglichkeit, diese Regelung in bestimmten Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit aufrecht zu erhalten oder sie in anderen Regionen mit hoher Beschäftigung zu lockern.
    Die Linken-Politikerin Sevim Dagdelen kritisierte die für das Gesetz vorgesehenen Arbeitsmarktregelungen: "Die Asylbewerber sollen möglichst knallhart in dieses Hamsterrad des deutschen Dumpinglohn- und Armutsarbeitsmarktes reingepresst werden," sagte sie im Deutschlandfunk. Sie sehe darin Stimmungsmache und Populismus. "Das ist auch ein Vortäuschen von Aktivität der Bundesregierung. Das wirklich Notwendige, nämlich ausreichende Sprachkursangebote, schnellere Asylverfahren, dort wird nichts getan."
    Grafik: Zentrale Aspekte des Integrationsgesetzes 
    Zentrale Aspekte des Integrationsgesetzes (picture-alliance/dpa-Grafik/)
    Kritik an geplanter Wohnsitzzuweisung
    Bundesinnenminister de Mazière verteidigte die für das Gesetz geplante Wohnsitzzuweisung für Asylbewerber. Der Entwurf sehe hier zahlreiche Ausnahmen vor, sagte der CDU-Politiker. Wer eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung habe, sich in einer Ausbildung befinde oder studiere, werde von der Regelung ausgenommen. Auch Familien würden nicht auseinandergerissen. Darüber hinaus gebe es Härtefallklauseln. Man habe aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt, so der Bundesinnenminister. Menschen sollten nicht "einfach nebeneinanderher leben". De Maizière sagte, er wolle keine Parallelgesellschaften und keine Gettos.
    Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl dagegen hält das geplante Gesetz für "fragwürdig, fehlgeleitet und populistisch". Geschäftsführer Günter Burkhardt sagte der Deutschen Presse-Agentur kurz vor dem Kabinettsbeschluss zu dem Vorhaben, das Gesetz bediene "rechte Stimmungen in Deutschland, indem man suggeriert, dass sich Flüchtlinge nicht integrieren wollen". Die Pläne gingen in die völlig falsche Richtung, beklagte er. "Es behindert Integration, wenn man die Menschen an einen bestimmten Wohnort zwingt. Das Gesetz hat eine desintegrative Wirkung. Das ist Etikettenschwindel."
    Bundeskanzlerin Merkel hatte nach dem Beschluss von einem "Meilenstein" gesprochen. SPD-Chef Sigmar Gabriel sieht mit dem Gesetz ein altes Ziel näher rücken: "In ein paar Jahren wird dieses Gesetz als erster Schritt Richtung Einwanderungsgesetz bewertet werden."
    (cvo/nin)