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Flüchtlingstragödien
EU will Mittel für Seenotrettung verdoppeln

Nach den jüngsten Flüchtlingskatastrophen erwägt die EU-Kommission offenbar eine Verdopplung der Seenothilfe im Mittelmeer. Das sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) nach einem Treffen der Außen- und Innenminister in Luxemburg - und signalisierte Unterstützung.

20.04.2015
    Auf dem Deck eines Schiffs der italienischen Küstenwache liegen gerettete Flüchtlinge.
    Die italienische Küstenwache konnte 28 Flüchtlinge retten, nachdem vor der libyschen Küste ein Schiff mit Hunderten Flüchtlingen versank. (picture alliance / dpa / Ivan Consiglio)
    "Die Kommission hat eine Verdopplung der Maßnahmen vorgeschlagen", sagte de Maizière. "Wir würden das unterstützen. Wie die Operation heißt, ist eine nachrangige Frage." Derzeit ist im Mittelmeer die EU-Mission "Triton" mit einem Budget von drei Millionen Euro aktiv. De Maizière zufolge sollen das eingesetzte Geld und die Zahl der Schiffe verdoppelt werden. Die EU-Kommission habe einen Zehn-Punkte-Plan zum Umgang mit der Flüchtlingsfrage vorgestellt - die Seenotrettung sei ein Baustein zur Lösung.
    Ein weiteres Element des Plans sei der Kampf gegen kriminelle Schlepper, sagte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). De Maizière zufolge prüft die EU dabei, ob und wie Erfahrungen aus dem Kampf gegen Piraten vor Somalia gegen die Schlepper genutzt werden könnten. So könnten von Schleppern eingesetzte Boote vernichtet werden, damit sie nicht erneut zum Einsatz kommen könnten. Dies erfordere allerdings "robuste Kräfte", sagte der Innenminister.
    Pilotprojekt zur Verteilung von Flüchtlingen
    Zudem ist ein Pilotprojekt geplant, das laut de Maizière zur "gerechten und geregelten Verteilung" von Flüchtlingen, die bereits in Europa angekommen sind, beitragen soll. Die Kommission plane, zunächst 5.000 Flüchtlinge unter den EU-Ländern aufzuteilen. Deutschland habe zwar schon viele Flüchtlinge aufgenommen, dennoch habe er dem zugestimmt. Das Programm könne später noch ausgeweitet werden. Grundsätzlich müssen in der EU Flüchtlinge in dem Land bleiben, in dem sie in Europa als erstes angekommen sind. Tatsächlich reisen aber viele Menschen in andere Länder weiter - vor allem auch nach Deutschland.
    EU-Ratschef Donald Tusk berief für Donnerstag einen Krisengipfel der EU-Staats- und Regierungschefs ein, bei dem es um vier Fragen gehen soll:
    • Wie sind die Menschenschmuggler zu stoppen?
    • Wie können die Bemühungen zur Rettung von Menschen in Not verstärkt werden?
    • Wie kann den am stärksten betroffenen Mitgliedsländern besser geholfen werden?
    • Wie kann die Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern der Flüchtlinge gestärkt werden?
    Neben der EU-Kommission soll laut Tusk auch der Europäische Diplomatische Dienst für das Treffen Vorschläge erarbeiten, was unmittelbar in der Region getan werden könne. In der Nacht zum Sonntag war der italienischen Küstenwache zufolge ein Fischerboot mit Hunderten Flüchtlingen an Bord rund 130 Kilometer nördlich der libyschen Küste gekentert. Befürchtet werden bis zu 950 Tote. Heute gerieten weitere Flüchtlingsschiffe mit über 400 Menschen in Seenot.
    (swe/tj)