8. Kölner Forum für Journalismuskritik
Erste Diskussionsrunde: „Macht, Medien und Menschen: Wie gelingt Kommunikation in der Krise?"

Pandemien, Kriege, Inflation, Klimawandel – unterschiedlichste Krisen beschäftigen die Gesellschaft zunehmend und dauerhaft. Viele Menschen und auch Redaktionen von Medienhäusern erleben unsichere und polarisierte Zeiten. Wie gelingt der Ausweg? Wie lässt sich Nachrichtenmüdigkeit und Resignation begegnen? Diese Fragen wurden auf dem 8. Kölner Forum für Journalismuskritik aufgegriffen.

03.05.2024
Vier Personen sitzen auf Sesseln nebeneinander und diskutieren.
Diskussion über Krisen-Kommunikation im Rahmen des Kölner Forums für Journalismuskritik. Es diskutierten Jessica Rosenthal (SPD), Yasmine M'Barek (DIE ZEIT), Annika Sehl (Katholische Universität Eichstätt). Moderation: Christoph Schäfer, Deutschlandfunk (Thomas Kujawinski / Deutschlandfunk)

ZEIT-Journalistin M’Barek: "Gesellschaft hat das Streiten verlernt"

Für die Autorin und Podcasterin Yasmine M’Barek (DIE ZEIT) waren multiple Krisen immer da, hatten aber zumeist wenig Bezug zum deutschsprachigen Raum. Nun gebe es eine direkte Betroffenheit. Es sei jedoch die Verantwortung von Demokraten, solche Krisen aufzunehmen. M’Barek attestierte der Gesellschaft, teilweise verlernt zu haben. Das Streiten und das Aushalten legitimer, aber abweichender Meinungen gehöre zur Demokratie dazu.
Eine Frau sitzt auf einem Sessel und spricht in ein Mikrofon.
Journalistin Yasemine M'Barek (rechts) beim Kölner Forum für Journalismuskritik im Funkhaus des Deutschlandfunks. (Thomas Kujawinski / Deutschlandfunk)
Die Journalistik-Professorin der Katholischen Universität Eichstätt, Annika Sehl, wies auf eine zunehmende Nachrichtenmüdigkeit und Nachrichtenvermeidung nicht nur in Deutschland hin. Dies betreffe insbesondere einzelne Themen, die die Agenda prägten. Außerdem gebe es immer mehr Ablenkung durch Unterhaltung und anderer Inhalte vor allem in Sozialen Netzwerken.

Rosenthal (SPD): „Bewältigungsressourcen vieler Menschen aufgebraucht"

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Jessica Rosenthal nannte diese Entwicklung besorgniserregend. Die Bewältigungsressourcen vieler Menschen seien aufgebraucht. Sie wünschte sich einen konstruktiveren und optimistischeren Ansatz in der öffentlichen Kommunikation. Rosenthal räumte ein, dass es Verbesserungsbedarf und Potenziale bei der Kommunikation der Ampel-Koalition gebe. Diese Erkenntnis sei in allen drei Parteien angekommen. Die SPD-Politikerin schlug vor, Erfolge mehr gemeinsam zu kommunizieren und selbstbewusster aufzutreten, da die Koalition eigentlich viel erreicht habe. Zudem gehöre mehr Streit über Lösungen und den besten Weg zur Demokratie.
Eine Frau sitzt auf einem Sessel und spricht in ein Mikrofon.
Die SPD-Politkerin Jessica Rosenthal war beim Kölner Forum für Journalismuskritik 2024 zu Gast. (Thomas Kujawinski / Deutschlandfunk)

Medienwissenschaftlerin Sehl: „Journalismus kann stärkere Rolle übernehmen“

Die Journalistik-Professorin Sehl betonte, der Journalismus könne eine stärkere Rolle einnehmen und nicht nur als „neutraler Vermittler“ agieren. Die Berichterstattung könne dabei helfen, Krisen zu durchstehen – etwa durch Hilfen beim Einordnen, bei der Bewertung von komplexen Inhalten und dem Bieten von Kontext und Evidenzen. Dies unterscheide sich auch von Meinungsäußerung.
Vier Personen sitzen auf Sesseln, eine Frau spricht in ein Mikrofon.
Annika Sehl (rechts) ist Journalistik-Professorin an der Katholischen Universität Eichstätt. (Thomas Kujawinski / Deutschlandfunk)
Ein weiterer Aspekt der von Christoph Schäfer moderierten Debatte war die Themenauswahl. ZEIT-Journalistin M’Barek wies daraufhin, dass die Medien und deren Rezipienten noch sehr elitär und akademisiert seien. Dadurch stehen gewisse Themen stärker im Fokus. Auch die Bundestagsabgeordnete Rosenthal bemängelte, dass wichtige Aspekte abseits der Hauptthemen nur selten Platz in der Berichterstattung fänden.