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Fußball-Europameisterschaft
Facebook-Aufruf mit Folgen

Die jungen Grünen aus Rheinland-Pfalz haben mit einem Appell bei Facebook für Aufregung gesorgt. In dem Aufruf fordern sie, bei der Fußball-EM auf die Nationalflagge zu verzichten und weder Auto noch Fenster in schwarz-rot-gold zu hüllen. Es folgten tausende wütende Reaktionen. Gegen die ersten Morddrohungen erstatten sie nun Anzeige.

13.06.2016
    Deutschland-Fahnen wehen an fahrenden Autos.
    Die Grüne Jugend Rheinland-Pfalz kritisierte den "Party-Patriotismus" vieler Fans. (dpa/picture alliance/Sebastian Widmann)
    Die Nachwuchspolitiker der Grünen nennen es "Party-Patriotismus", wenn in Deutschland in diesen Tagen Flaggen gehisst werden, wo sie sonst normalerweise eher nicht zu sehen sind. Die Grüne Jugend Rheinland-Pfalz wandte sich am Freitag sehr öffentlichkeitswirksam mit einem Aufruf bei Facebook gegen diese Art von Heimatverbundenheit - und setzte mit ihrem inzwischen heftig diskutierten Post Patriotismus mit Nationalismus gleich.
    Wütende Reaktionen
    Die Resonanz auf diesen Post ist für die Verhältnisse des eher kleinen grünen Landesverbands sehr groß: Allerdings wenden sich die weitaus meisten der inzwischen fast 25.000 Kommentare gegen die Kernaussage. In vielen Fällen bleiben die Reaktionen der User und Fußballfans harmlos: Von "habt Ihr eigentlich noch alle Latten am Zaun" über "jetzt spinnt Ihr wohl vollkommen" ist die Bandbreite groß.
    In einigen Fällen werden allerdings auch massive Drohungen ausgesprochen. Sexismus, Faschismus, Morddrohungen - das Spektrum ist groß.
    Anzeigen angekündigt
    Die Partei-Jugendorganisation will die Anschuldigungen und Drohungen nicht einfach so hinnehmen und hat angekündigt, Anzeige zu erstatten. Der Sprecher der Grünen Jugend Rheinland-Pfalz, Benjamin Buddendiek, sagte dem Evangelischen Pressedienst, der Aufruf für den Flaggen-Verzicht habe gegen nationalistisches Gedankengut vorgehen wollen. In einem weiteren Post bei Facebook stellen die Grünen inzwischen klar:
    "Mit dem Post haben wir ganz offensichtlich einen Nerv getroffen. Es zeigt, dass ein Diskurs über den sogenannten "Party-Patriotismus" und dessen Folgen dringend notwendig ist. Selbstverständlich ist nicht jede Person, die Fußball schaut und feiert, nationalistisch. Doch insbesondere die Morddrohungen zeigen, dass es Menschen gibt, die unter dem Deckmantel des "Party-Patriotismus" nationalistisches Gedankengut verbreiten und ganz offensichtlich ein Problem mit Meinungsfreiheit haben."
    Landesverband geht auf Distanz
    Der rheinland-pfälzische Landesverband der Grünen hat sich in der Zwischenzeit vorsichtig von dem dem Aufruf ihrer Jugendorganisation distanziert: "Wenn Fans die Nationalmannschaft untersützen und dies mit Fahnen zum Ausdruck bringen, ist dies Ausdruck von Fankultur", sagte die Grünen-Landeschefin Katharina Binz der Deutschen Presse-Agentur. "Wenn Menschen die Mannschaft unterstützen und sich zum Beispiel fahnen auf die Wangen malen, ist das kein nationalistisches Verhalten." Es sei allerdings richtig, zu benennen, wenn es nationalistische Tendenzen in der Gesellschaft - auch im Fußball -gebe. Kritik an der Forderung der Grünen Jugend sei in Ordnung - Hasskommentare überschritten allerdings die Grenzen.
    (dt/jcs)