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"Fußball für die Stasi"

Im Berliner Bildungszentrum des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR läuft die Sonderausstellung "Fußball für die Stasi", flankiert von Fachdiskussionen und Filmvorführungen.

Von Robert Kempe | 20.06.2012
    Die Staatssicherheit in den Fußballvereinen hatte Normalität, erinnerte sich Roland Jahn, Bundesbeauftragter für Stasi-Unterlagen, im Rahmen der Diskussionsveranstaltung "DDR-Fußball und Staatssicherheit". Jahn spielte in seiner Jugend beim FC Carl-Zeiss Jena und schaffte es bis in die Junioren-Oberliga. Trainiert wurde er in Jena u.a. von Bernd Stange, langjähriger Trainer der DDR-Auswahl und zuletzt Coach der Nationalmannschaft von Weißrussland. Stange war Inoffizieller Mitarbeiter der Staatssicherheit und bespitzelte unter anderem den 2010 verstorbenen Jörg Berger, der als Trainer 1979 in die Bundesrepublik flüchtete.

    Zwar gibt es einige wissenschaftliche Publikationen zur Verstrickung des DDR-Fußballs mit dem Geheimdienst, aber ein umfassendes Forschungsprojekt des DFB zu allen Facetten des DDR-Fußballs, bis hin zum Einfluss der alles dominierenden Sozialistischen Einheitspartei, SED, kam bisher nicht zu Stande.

    Der DFB tut sich bekanntlich schwer mit der Geschichtsaufarbeitung. Über 50 Jahre dauerte es bis der Deutsche Fußballbund eingehend seine Geschichte in der Nazizeit aufarbeiten liess. Auch eine Untersuchung der Stasiverstrickungen im DDR-Fußball lässt auf sich warten. Erst im letzten Jahr – über 20 Jahre nach der Wiedervereinigung – kündigte der DFB an, sich diesem Kapitel zu widmen. Doch passiert ist bislang nicht viel. Auf der Veranstaltung erklärte Prof. Martin-Peter Büch, Beauftragter für Wissenschaft beim Deutschen Fußball-Bund, jetzt:

    " Das Präsidium hat bereits grünes Licht gegeben. Jetzt lassen sie uns mal arbeiten und dann fragen wir uns in einem Jahr oder Ende des jahres wie weit wir gekommen sind."

    Roland Jahn begrüßte die Initiative des DFB. Vor allem das Wirken der Staatssicherheit in den einzelnen Klubmannschaften müsse aufgearbeitet werden um das ganze System zu verstehen. Dabei seien vor allem die Verbände gefordert, so Jahn.

    "Ich kann nur ermuntern und kann sagen, die Archive stehen zur Verfügung. Ich denke, hier können wir viel lernen über das Wirken in der Diktatur, das Zusammenspiel von Sport und Diktatur. Wie hat das funktioniert? Und da ist einiges möglich zu erkennen, gerade wenn man sich konkret mit einzelnen Sportarten oder konkret mit Klubmannschaften befasst."

    Ende des Jahres, so Martin-Peter Büch, will der DFB auf einer Expertentagung erste Ergebnisse diskutieren.