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G20-Gipfel
Merkel trifft Putin zum Gespräch

Die Krise in der Ukraine rückt auch beim G20-Gipfel im australischen Brisbane in den Mittelpunkt. Am Rande des Treffens wollen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Russlands Präsident Wladimir Putin über die Lage in der Ostukraine diskutieren. Und der Gipfel birgt weitere Kontroversen.

14.11.2014
    Das Treffen mit der Kanzlerin kündigte der Kremlchef in einem Interview mit der staatlichen Nachrichtenagentur Itar-Tass an. Das Verhältnis zu Merkel sei in den letzten Monaten nicht abgekühlt, sagte Putin der Agentur zufolge über das anstehende Treffen. "Wir sind gesteuert von unseren Interessen - nicht von Sympathie oder Antipathie."
    Vor dem Gipfel besuchte Merkel Neuseeland - auch da kam der Ukraine-Konflikt zur Sprache. "Es gibt durchaus die Chance, dass es zu einem Treffen kommt", sagte Merkel in Auckland mit Blick auf Putin. Die Staats- und Regierungschefs der weltweit führenden Volkswirtschaften kommen an diesem Samstag und Sonntag in Brisbane zusammen.
    Mahnungen an Putin und an die Separatisten
    Moskau und die prorussischen Separatisten müssten die im September im weißrussischen Minsk vereinbarten Friedenspläne "in vollem Umfang" befolgen und "die Souveränität und die territoriale Integrität der Ukraine uneingeschränkt respektieren", sagte Merkel. Ziel sei, "die Gewalt zu beenden und eine nachhaltige politische Lösung zu finden". Zugleich erwäge die EU, die Sanktionen gegen Moskau verstärkt auch auf die prorussischen Separatisten zu beziehen. Putin steht vor dem Gipfel wegen der Sanktionen unter Druck.
    Großbritanniens Premierminister David Cameron nannte Russlands Vorgehen in der Ukraine "inakzeptabel". Er drohte mit einer Verschärfung der Sanktionen, "wenn Russland die Lage weiterhin verschlimmert". Im umgekehrten Fall sei aber auch eine Lockerung möglich. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg beschreibt jedoch andere Entwicklungen. "Wir haben in den letzten Tagen beobachtet, dass Russland erneut Waffen, Ausrüstung, Artillerie, Panzer und Raketen über die Grenze in die Ukraine gebracht hat", sagte er der "Bild"-Zeitung. Putin habe klar die Vereinbarungen zur Waffenruhe gebrochen, fügte er hinzu. Der "Zustand vertrauensvoller Kooperation mit Russland, den wir in den vergangenen Jahren aufgebaut haben", bestehe nicht mehr.
    Zuletzt hatte es bei den Vereinten Nationen Befürchtungen gegeben, dass die Anfang September vereinbarte Waffenruhe im Osten der Ukraine dauerhaft gebrochen wird und der Konflikt zwischen dem ukrainischen Militär und den prorussischen Separatisten wieder zu einem offenen bewaffneten Konflikt entflammt.
    Gipfel birgt weitere Kontroversen
    Wirtschaftsfragen stehen eigentlich im Mittelpunkt des Gipefeltreffens: Wachstum und Beschäftigung, Bankenkontrolle und unfairer Steuerwettbewerb. Die Gruppe der 20 (G20) repräsentiert zwei Drittel der Weltbevölkerung, 85 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung und drei Viertel des Handelsvolumens.
    Daher deuten sich weitere Streitpunkte an. So hatte US-Finanzminister Jack Lew die Europäische Union und vor allem Deutschland aufgefordert, sich gegen einen möglichen Abschwung zu stemmen. Die Bundesregierung müsse die Staatsausgaben erhöhen. Doch damit dürfte Lew, der US-Präsident Barack Obama in Brisbane begleitet, scheitern.
    Denn am Freitag passierte der erste ausgeglichene Bundeshaushalt - für 2015 - ohne neue Schulden seit 1969 den Haushaltsausschuss des Bundestages. Für den G20-Gipfel hat Merkel dennoch ein Programm im Gepäck, dass von 2016 an zusätzlich zehn Milliarden Euro für Investitionen in die Infrastruktur vorsieht.
    Eine weitere Finanzkrise verhindern
    Für mehr soziale Gerechtigkeit mahnten Aktionsgruppen bei der G20 einen energischen Kampf gegen illegale Finanzgeschäfte an. Rund eine Billion US-Dollar gehe allein Entwicklungsländern jährlich durch Schlupflöcher im Finanzsystem und Korruption verloren, wie ein Bündnis von Nicht-Regierungsorganisationen (C20) öffentlich machte.
    Die Kanzlerin will sich für eine schnellere Regulierung von Schattenbanken stark machen. Das sind Finanzinstitute, die bankähnliche Geschäfte betreiben, aber keine Banklizenz haben. Merkel: "Die Menschen werden nicht verstehen, wenn es zu einer weiteren Krise kommt, dass wir unsere Versprechen nicht eingehalten haben."