
Hintergrund sind Meinungsverschiedenheiten über die Zukunft des Gazastreifens. Gantz hatte von Netanjahu verlangt, einen Plan für das weitere Vorgehen nach einem Ende des Gazakriegs vorzulegen. Das von ihm vor einigen Wochen an Netanjahu gestellte Ultimatum in der Sache war gestern ausgelaufen. Wegen der dramatischen Befreiung von vier Geiseln aus dem Gazastreifen verschob er jedoch eine geplante Pressekonferenz in letzter Minute. Der Austritt aus der von Netanjahu geführten Regierung betrifft laut Gantz auch weitere Mitglieder seiner Partei Nationale Union.
Netanjahu besitzt weiterhin Mehrheit in der Regierung
Israels Führung wird er mit dem Schritt aber nicht stürzen. Denn Netanjahus rechtsreligiöses Kabinett verfügt auch ohne die Partei von Gantz weiterhin über eine Mehrheit von 64 von 120 Sitzen im Parlament. Der ehemalige General Gantz war nach dem beispiellosen Angriff der Hamas und anderer Terrorgruppen am 7. Oktober als Minister ohne Ressort in Netanjahus Regierung eingetreten, um ein Zeichen der Geschlossenheit setzen. Eigentlich ist die von Gantz geführte Zentrumspartei Nationale Union in der Opposition.
Netanjahu bildete auch ein Kriegskabinett mit Verteidigungsminister Galant, Gantz sowie zwei Beisitzern ohne Stimmrecht. Der Einfluss von Netanjahus ultrarechten Koalitionsmitgliedern wurde somit bei der Mitbestimmung über die wichtigsten Kriegsentscheidungen begrenzt. Gantz' Schritt könnte Berichten zufolge zu einer Auflösung des Kriegskabinetts führen.
Netanjahu hatte Gantz am Samstagabend dazu aufgefordert, nicht zu gehen. "Verlassen Sie die Notstandsregierung nicht. Geben Sie die Einheit nicht auf", schrieb er auf der Plattform X an Gantz gerichtet. "Dies ist die Zeit der Einheit und nicht der Spaltung. Wir müssen angesichts der großen Aufgaben, die vor uns liegen, unter uns geschlossen bleiben."
Mögliche Folgen des Rücktritts
Die "Times of Israel" schrieb, Netanjahu sei ohne die Unterstützung von Gantz noch anfälliger für die Forderungen seiner rechtsreligiösen Koalitionspartner, die etwa einen noch härteres Vorgehen gegen die Hamas im Gazastreifen fordern. Das Blatt mutmaßte, dass Israels Führung so noch schneller internationale Unterstützung verlieren könnte.
Diese Nachricht wurde am 09.06.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.