Dienstag, 30. April 2024

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Gerd Held vs. Pirmin Spiegel
Konsum begrenzen oder grenzenlos konsumieren?

Weihnachtsbaum, Festtagsmenü und natürlich Geschenke: Die Adventszeit beschert dem Handel alljährlich ein sattes Umsatzplus und kurbelt die Wirtschaft an. Doch mit dem Konsum steigt der Ressourcenverbrauch. Sollten wir beim Kaufen kürzer treten? Darüber diskutieren Gerd Held und Pirmin Spiegel.

Moderation: Stefan Römermann | 08.12.2018
    Menschenmenge in einer Kölner Fußgängerzone
    Volle Geschäfte, gestresste Menschen, wenig Besinnliches: Wie sinnvoll ist der Konsumrausch zum Fest? (imago stock&people)
    In den letzten Wochen des Jahres drängen sich die Menschen auf den Weihnachtsmärkten und in den Geschäften. Das Online-Geschäft boomt. Die Paketzusteller kommen kaum mit der Lieferung nach. Es ist die Hoch-Zeit des Handels. Und über die steigende Nachfrage freuen sich auch viele Wirtschaftsexperten. Doch welchen Preis haben wir tatsächlich zu zahlen? Wäre es für uns und die Umwelt nicht besser, bewusster zu konsumieren und auf mehr Nachhaltigkeit zu achten? Oder ist es unverantwortlich, einen rigorosen Konsumverzicht zu fordern? Darüber debattieren Pirmin Spiegel und Gerhard Held.
    Pirmin Spiegel: Wir müssen unser Konsumverhalten ändern
    "Konsum für mich bedeutet gebrauchen und verbrauchen von Waren und Dienstleistungen. Es geht darum, Bedürfnisse zu befriedigen. Von daher sehe ich zwischen Weihnachten und dem Kauf von Geschenken keinen Gegensatz. Die christliche Botschaft für mich steht für Geschenk des Lebens, Geschenk der Liebe. Aber die christliche Botschaft steht auch für die Selbstbeschränkung Gottes. Die Mehrheit von uns kennt die Krippe, in der Jesus geboren wird, eigentlich ein ohnmächtiges Geschenk. Das ist ein Zeichen der Liebe, die nicht gekauft werden kann und nicht zur Ware instrumentalisiert werden kann. Wir wissen auch, dass Wissenschaftler seit geraumer Zeit darauf aufmerksam machen, dass wir weltweit Ressourcen verbrauchen, für die es mehrere Welten bräuchte. Es steht uns aber nur eine Schöpfung zur Verfügung."
    Pirmin Spiegel ist Priester, Entwicklungshelfer und Chef des katholischen Hilfswerks Misereor.
    Gerhard Held: Die "Kultur des Weniger" ist ein Irrweg
    "Der Titel 'Kaufrausch' ist meiner Meinung nach nicht richtig. Er fasst die Situation nicht richtig. Ich denke, die Zeiten, in denen einfach blind gehastet wurde und ein Run auf Sonderangebote war, die sind schon zum großen Teil vorbei. Man sollte, finde ich, gerade im Moment aufpassen, dass man das normale Verhalten der Menschen nicht so pauschal herabsetzt.
    Wir sollten nicht nur über den Konsum reden, sondern auch darüber, dass die Arbeit dazu beiträgt, dass die natürlichen Ressourcen überhaupt erst so reichhaltig ausgeschöpft werden."
    Gerhard Held ist Sozialwissenschaftler, Kolumnist und Essayist.