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Gewerkschaft
VW-Mitarbeiter in den USA streiten um Betriebsrat

Im VW-Werk Chattanooga diskutiert die Belegschaft über einen Betriebsrat. Unvorstellbar für deutsche Gewerkschafter, dass es dort noch keinen gibt - allerdings sind es die US-amerikanischen Kollegen, die Vorbehalte gegen ihre Gewerkschaft haben.

Von Miriam Braun | 10.12.2013
    "Jetzt biegen wir ab, in den Volkswagen-Drive."
    Justin King ist auf dem Weg zu seiner Spätschicht. Er baut den Passat bei Volkswagen Chattanooga, im US-Bundestaat Tennessee.
    "Ich arbeite in der Fertigstellung, der letzten Station vor der Auslieferung."
    Er gehört zu denen die sich eine gewerkschaftliche Organisation in dem Werk wünschen. In den Südstaaten der USA nicht selbstverständlich. Arbeitnehmervertretungen waren hier in den vergangenen Jahren relativ machtlos, Löhne dementsprechend niedrig.
    "Eine Gewerkschaft bedeutet, dass wir eine Stimme bekommen und an Entscheidungen beteiligt werden. Bisher war Mitbestimmung wenig gesucht, sehr förmlich und hatte wenig Einfluss auf die Entscheidungen der Führungsetage."
    Hoffnung auf ein weiteres Modell
    Chattanooga ist das einzige große Volkswagen-Werk weltweit, das keinen Betriebsrat hat. Per US-Gesetz darf es den aber auch nur im Zusammenhang mit einer Gewerkschaft geben. Deswegen hat die “UAW“ dieser Tage viel Zulauf. Die Gewerkschaft "United Automobil Workers“. Auch VW-Mitarbeiterin Tyra Montgomery gehört zu den Unterstützern:
    "Es sichert unsere Arbeitsplätze und gibt uns weitere Aufstiegschancen. Ich bin begeistert."
    Erst im Frühling wurden im Werk rund 500 Mitarbeiter entlassen. Grund: Absatzprobleme beim in Chattanooga produzierten Passat. Seither hoffen die Mitarbeiter auf die Produktion eines weiteren Modelles.
    Gegner des Betriebsrats
    Laut der Nachrichtenagentur Reuters hat sich der der VV-Gesamtbetriebsratschef Bernd Osterloh für einen Betriebsrat ausgesprochen. "Es wäre gut, wenn Chattanooga bereits einen Betriebsrat hätte“ wird Bernd Osterloh zitiert, "denn aktuell geht es auch um ein weiteres Modell für unseren US-Standort."
    Mike Jarvis arbeitet ebenfalls im VW-Werk von Chattanooga – und er ist ein Gegner der Gewerkschaftsidee. Dass Osterloh einen Betriebsrat mit einem möglichen weiteren Fahrzeug für Chattanooga verknüpft, das kritisiert er scharf. Er und seine Kollegen haben dagegen geklagt.
    "Wenn ihr eine zweite Produktion haben wollt, braucht ihr einen Betriebsrat, so hört sich das für viele an. Das setzt die Leute hier unter Druck und schüchtert sie ein: Deutschland sagt, wir brauchen dass, also müssen wir das schnell umsetzen."
    Die vorgeschriebene Neutralität sei von VW verletzt worden. Osterloh spricht nur für den Betriebsrat, nicht für das Management. Als Mitglied des Aufsichtsrates trifft Osterloh jedoch auch Produktionsentscheidungen mit. Eine Stellungnahme vom VW-Management gibt es nicht.
    Ungeliebte Gewerkschaft
    Die Stimmung in Chattanooga ist angespannt. Denn auch ist die Gewerkschaft UAW für viele in den USA ein rotes Tuch. Die Vorwürfe: Arroganz, Vetternwirtschaft, überzogene Forderungen und deshalb Mitschuld an dem Untergang der Auto-Stadt Detroit.
    Bei Volkswagen in Tennessee habe die Mehrheit der 2500 Mitarbeiter Gewerkschaftskarten unterschrieben und so ihre Unterstützung signalisiert. Missverständnis, sagen die Gegner wie Mike Jarvis. Viele der Arbeiter hätten nur weitere Informationen gewollt.
    "Ich lehne nicht den Betriebsrat ab, von allem was ich höre scheint das eine gute sehr Sache zu sein. Aber für die Einführung muss es andere Lösungen geben, als die UAW-Gewerkschaft in das Werk zu holen."
    Er fordert zunächst einmal ein offizielles Votum der Mitarbeiter, für oder gegen die Zusammenarbeit mit der UAW. Rund ein Drittel der Mitarbeiter seien seiner Meinung, sagt Jarvis. Mitte November waren Bernd Osterloh und andere Vertreter für Gespräche in der Sache in Chattanooga. Ende des Jahres wird eine Entscheidung erwartet.