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Goethe-Institut
Filme für junge Flüchtlinge

"Cinemanya" - unter diesem Namen zeigt das Goethe-Institut Kinder und Jugendlichen in Flüchtlingsunterkünftenn im Libanon oder der Türkei deutsche Filme. Im nächsten Jahr will sie die Aktion nun auch in Deutschland umsetzen. Heute wurden in Berlin die Filme vorgestellt.

Von Verena Kemna | 21.12.2015
    Seit Jahren nutzt das Goetheinstitut im Libanon, in der Türkei und in Jordanien Filme für Kinder und Jugendliche, um die deutsche Sprache und Kultur in Flüchtlingsunterkünften zu vermitteln. Selbst wer die Dialoge nicht versteht - Filmmusik, Mimik und Gestik sprechen oft für sich, erklärt der Generalsekretär des Goethe-Instituts, Johannes Ebert:
    "Wir glauben, dass Film einen guten Zugang gibt zur deutschen Gesellschaft, dass man über Geschichten und über Bilder viel verstehen kann auch was die Wertediskussion betrifft, auch was das Verhältnis zwischen jungen Menschen in Deutschland ist, wir glauben, dass Film ein sehr gutes Medium ist, das darzustellen."
    Johannes Ebert sitzt quasi auf gepackten Koffern. Vor dem goldfarbenen Vorhang eines Berliner Premierenkinos stehen handliche Alukoffer auf der Bühne. Darin liegen 18 DVDs mit Spielfilmen, mit arabischen und deutschen Untertiteln sowie Animations- und Kurzfilme. So ausgestattet sollen die künftigen Kofferpaten im nächsten Jahr gemeinsam mit jugendlichen Flüchtlingen überall in Deutschland Filme gucken und darüber reden. Ob das "Fliegende Klassenzimmer", "Hände weg von Mississippi", oder "Vorstadtkrokodile", fast immer geht es um Freundschaft.
    "Vorstadtkrokodile" ist beliebt
    Etwa 200 Kinder und Jugendliche warten gespannt im großen Saal eines Berliner Premierenkinos. Die meisten besuchen wie Zorba Khalil eine Willkommensklasse. Der 13-Jährige aus Syrien geht seit einem Jahr in ein Brandenburger Gymnasium. Seit er mit den Eltern sein Zuhause in Aleppo verlassen musste, versucht er Deutsch zu lernen und neue Freunde zu finden. Die anderen in seiner neuen Klasse stellen viele neugierige Fragen:
    "Manchmal die haben komische Fragen gestellt, etwa, gibt es bei euch in Syrien Mercedes? Die glauben, so etwas gibt es nicht in Syrien. Wir haben in Aleppo ein Haus, meine Oma und mein Opa wohnen in einem Haus neben Aleppo und wir waren jeden Freitag da. Meine Mutter ist Englischlehrerin und mein Vater ist Künstler."
    Eine Abenteuergeschichte aus dem Filmkoffer gefällt ihm besonders gut. Die "Vorstadtkrokodile". Der zehnjährige Hannes will unbedingt, dass die Bande ihn aufnimmt, so, wie Zorba Khalil in seinem neuen Leben im brandenburgischen Luckenwalde gerne dazugehören möchte.
    "Er erzählt wie deutsche Jugendliche aussehen, was sie für Spiele machen, ich finde den Film 'Vorstadtkrokodile' interessant."
    Im Kinosaal beobachten 200 Jugendliche gespannt, wie sich der zehnjährige Hannes auf der Leinwand über ein marodes Ziegeldach tastet. Eine Mutprobe der Vorstadtkrokodile, die am liebsten Einbrecher jagen und viele Abenteuer erleben.
    Geschichten über Krankheit und Tod
    Michael Harbauer, Leiter des internationalen Filmfestivals "Schlingel", hat die Filme ausgewählt. Seit Jahren besucht er Kinder und Jugendliche auf der ganzen Welt.
    "Das sind ganz kleine Dinge am Rande, die dann plötzlich interessant werden. Da wurde ich in Russland einmal darauf angesprochen, ob denn alle Deutschen neben der Tür einen Schlüsselkasten haben, wo sie die Wohnungsschlüssel aufbewahren. Das machen sicherlich nicht alle, aber es ist doch ein kleines Merkmal, wo man dann darüber nachdenkt, was ist deutsche Kultur. Solche Dinge machen es spannend, sich mit Kinderfilm auseinanderzusetzen und "Hände weg von Mississippi" ist sicherlich einer der interessantesten für kleine Kinder."
    Da retten Kinder ein Pferd vor dem Schlachthof, eine Geschichte für die Kleinsten, die natürlich gut ausgeht. Andere Geschichten über Krankheit und Tod richten sich an über 14-Jährige. Michael Harbauer über den Film "Und morgen Mittag bin ich tot":
    "Ein Film, der damit spielt, wann hab ich das Recht zu entscheiden, mein Leben auch beenden zu wollen? Ein Thema, welches in der Gesellschaft ist und was dort exemplarisch an einem jungen Mädchen zum Ausdruck kommt. Und der ist sehr, sehr ergreifend."
    Spätestens im Januar werden die Kofferpaten im Münchener Goethe-Institut auf ihre Reise vorbereitet, erklärt Johannes Ebert:
    "Es werden junge Leute sein, die mit diesen Filmen in Aufnahmestätten von Flüchtlingen gehen möchten. Und die werden wir fortbilden, wie man mit jungen Menschen umgeht, die eine Flucht hinter sich haben."