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Grüne Farbenspiele

Die Grünen haben sich auf die SPD als Koalitionspartner festgelegt. Und an dieser Position halten die Spitzenpolitiker auch im Wahlkampf fest. Einige Wähler könnten sich zwar auch Schwarz-Grün vorstellen, aber da würden viele von der Parteibasis lieber in die Opposition gehen.

Von Christel Blanke | 10.09.2013
    Auf Tour im grünen Wahlkampfbus. Mehr als 100 Städte steuern die Spitzenkandidaten Jürgen Trittin und Katrin Göring-Eckardt an, um dort ihre Botschaft zu verkünden. Die heißt: Wir wollen den grünen Wandel.

    "Sie sehen mich frohgemut, dass wir unser Wahlziel, nämlich eine komplette Ablösung von CDU und FDP durch eine rot-grüne Koalition hinzubekommen, dass wir das erreichen können."

    In ihrem Wahlprogramm haben sich die Grünen auf ein Bündnis mit der SPD festgelegt. Alles andere, da ist sich Trittin sicher, geht nicht:

    "Weil wir der Auffassung sind, dass die CDU eine Kampfansage an den grünen Wandel ist, das gilt für die FDP genauso. Und, weil wir die Erfahrung machen mussten, dass bei wesentlichen Reformvorhaben die Linke in der Regel abseitsstand und sich eher darin gefallen hat, Opposition gegen uns zu machen."

    Im Frühjahr gab es eine Diskussion über ein mögliches Bündnis mit der Union. Realos wie der Thüringer Oberbürgermeister Boris Palmer oder der bayerische Landesvorsitzende Dieter Janecek wollten nicht allein auf Rot-Grün setzen. Doch auf dem Parteitag Ende April war klar: Die Delegierten stehen voll hinter der dem linken Flügel zugehörigen Parteivorsitzenden Claudia Roth, die rief, tausendmal lieber kämpfe sie für Rot-Grün:

    "Als falsche Hoffnungen zu setzen auf die Spiegelfechtereien der Baroness Angela von Münchhausen und des Hotte Pinocchio Seehofer, liebe Freundinnen und Freunde."

    Dass laut Umfragen auch fast die Hälfte der grünen Wähler Angela Merkel für kompetent und sympathisch halten, ficht die Grünenspitze nicht an. Denn geht es um die konkrete Frage: Sollen die Grünen mit der Union koalieren, lehnen die meisten Befragten das ab, versichert Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt:

    "Weil sie dann sehen, dass die Veränderungen, die wir wollen: Energiewende, Mindestlohn, Ende der Zwei-Klassen-Medizin, mit ihr nicht durchzusetzen sind."

    Schwarz-Grün, Rot-Rot-Grün – auf der Wahlkampftour ist das ohnehin kein Thema, versichert Spitzenkandidat Jürgen Trittin:

    "Werden wir so gut wie überhaupt nie drauf angesprochen."

    Wenig später, auf dem Holzmarkt in Jena, hört sich das anders an:

    "Die Koalitionsfrage wurde auf mehreren Karten gestellt. Wie sieht es aus: reicht es mit der SPD, ja Schwarz-Gelb soll abgewählt werden. Aber, was heißt das für uns Grüne?"

    Göring-Eckardt:

    "Für uns Grüne heißt das, dass wir deutlich machen werden, dass es wirklich um Alternativen geht."

    Für einige der Zuhörer in Jena heißt Alternative nicht zwingend Rot-Grün. Auch Schwarz-Grün ist denkbar, sagt ein junger Mann, und zwar:

    "Erstmals. Ich denke, man kann sich ja auch noch mal in anderen Punkten verständigen. Also ich seh’s flexibler."

    Auch einem anderen Wähler ist die Festlegung auf Rot-Grün zu begrenzt:

    "Also es gab ja einige Anleihen, wo man hier gemerkt hat, okay, dass es relativ ähnliche Positionen gibt. Und wenn man sich die Programme anschaut, gibt’s in vielen Bereichen ja Überschneidungen. Und man versucht jetzt halt während des Wahlkampfes - so scheint es - die Unterschiede hervorzuheben, anstatt die Überschneidungen. Aber ich glaube, dass genügend Überschneidungen da wären."

    Eine Position, die die grüne Basis in Jena nicht teilt. Im Gegenteil: Reicht es nicht für Rot-Grün, gibt es für die Mitglieder am Rande der Veranstaltung nur eine denkbare Alternative:

    "Dann lieber Opposition. Also Schwarz-Grün ist überhaupt keine Alternative. Das passt inhaltlich nicht. – Ich glaub, das passt einfach fundamental nicht, das Menschenbild ist einfach ein anderes. – Rot-Rot-Grün wär 'ne Idee, aber wird wahrscheinlich dann eher an der SPD scheitern, also Schwarz-Grün dann auf keinen Fall. - Mit 'ner Bundeskanzlerin Merkel, gegen die wir ja hier wahlkämpfen, dann zu koalieren, weiß ich nicht, wer sich das trauen könnte, sein Gesicht zu verlieren."

    Ein klares Nein zu Schwarz-Grün lassen sich die beiden Spitzenkandidaten trotzdem nicht entlocken. Inhaltlich geht es nicht, heißt das Standardargument:
    "Es geht nicht mit Betreuungsgeld, es geht nicht mit Massentierhaltung, es geht nicht ohne Mindestlohn. Darauf können sich unsere Wählerinnen und Wähler in der Tat verlassen, dass wir in keine Koalition einwilligen, die da entweder nachgibt oder auch billige Kompromisse macht."

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