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Gut und preiswert: Schafe als Deichpfleger

Lange Zeit beherrschte der Einsatz technischer Geräte die Deichpflege - das war schlicht modern, aber auch teuer, denn Technik kostet Geld. In Zeiten knapper Kassen besinnen sich viele Umweltbehörden nun wieder auf die gute alte Tradition, die sowohl verläßlich als auch preiswert ist - der Einsatz von Schafen. Diesen Weg ist auch das Bundesland Brandenburg gegangen, wie das Beispiel des Deiches im Nationalpark Unteres Odertal zeigt.

Von Nana Brink | 06.03.2003
    Schafe haben eine Haupteigenschaft, sie fressen sehr gerne Gras.

    Diese Erkenntnis verbreitet Professor Matthias Freude, Präsident des Brandenburgischen Landesumweltamtes derzeit besonders gern:

    Gras ist was ganz wichtiges auf dem Deich oben, nicht mal so das Gras, was über der Oberfläche steht, sondern die Wurzeln, die stabilisieren den Deich und verhindern, dass das Hochwasser, wenn denn mal kommen sollte, den Deich abträgt, ne ganz wichtige Geschichte, weiß man übrigens schon längst, von der Nordsee seit Jahrhunderten werden da schon Schafe auf den Deich getrieben, wir machen das seit einigen Jahrzehnten auch und jetzt, da das Geld überall in Deutschland und in Brandenburg allzumal immer weniger wird, sind Schafe nicht nur gute Deichpfleger, sondern auch preiswerte Deichpfleger.

    Wer hätte das gedacht, – außer dem Fachmann natürlich. Seit der großen Flut 1997 plagen sich die Bürokraten im Landesumweltamt mit der Frage, wie man die neu angelegten Deiche sinnvoll pflegen könne. Eine Kostenfrage, gilt es doch über 100 Kilometer Deich an Oder und Elbe in Schuss zu halten. Fast 130 Millionen Euro haben die neuen Deiche gekostet, viel Geld für ein kleines Land wie Brandenburg. Über 50 Kilometer Deich müssen noch erneuert werden, da bleibt kein Cent übrig für eine Mähmaschine.

    Ansonsten sind die Schafe auf dem Vormarsch, wir haben die Hälfte der Deichflächen mit Schafen beweidet und jedes 7. Brandenburgische Schaf ist ein Deichpflegeschaf und existiert überhaupt nur deshalb.

    Weil das Geld knapp ist in diesen Zeiten, hat man in Brandenburg zum billigsten aller Mittel gegriffen. Das Schaf als Deichschützer. Schäfer Fred Bauer treibt seine 1000köpfige Herde am liebsten über den Oderdeich in der Nähe von Schwedt.

    Schafe haben den so genannten goldenen Tritt, weil sie unwahrscheinlich hohen Druck ausüben und eben Maulwurfshügel breit machen beim normalen Ziehen, beim Fressen, also ja ich glaube, das ist der wichtigste Punkt.

    Die Schäfe sparen nicht nur die Mähmaschine, sie treten auch den Deich mit ihren spitzen Hufen fest. Den "goldenen Tritt" lässt sich Fred Bauer gerne versilbern, denn vom Verkauf des Lammfleisches allein wird man als Schäfer in Brandenburg nicht glücklich.

    Ja für uns persönlich im unteren Odertal ist es, also von der Futtergewinnung her nicht so wichtig, wichtig ist für uns, dass die Deichpflege auch bezahlt wird, und ...in dieser glücklichen Lage sind wir hier, dass wir hier einjährige Pflegeverträge haben mit dem Wasser- und Bodenverband und je nach Qualität der Deichpflege wird die gestaffelt bezahlt.

    Der Wasser- und Bodenverband, der die staatlichen Deiche verwaltet, bezahlt Schäfer Bauer 250 Euro pro Hektar, - das ist ein jährliches Zubrot von 25.000 Euro. Insgesamt erhielten die Schäfer im letzten Jahr 217.826 Euro für die Deichpflege, - Peanuts im Vergleich zu den Millionenkosten durch Mensch und Maschine. Der einzige, der die Schafe bei ihrer Deichpflege jetzt noch stört ist – der Mensch.

    Das kommt aber als Negativfaktor leider dazu, der wachsende Tourismus im Nationalpark ,weil die Menschen, die hier her kommen, um sich zu erholen, sehr viele einfach nicht begreifen, dass es auch Menschen gibt, die hier arbeiten und von der Arbeit leben müssen, die denken, die sind die Herren auf dem Deich und stören sich mal so, mal überspitzt gesagt, an einem Schafkötel.

    Die Beamten im Landesumweltamt stören sich nicht an den Hinterlassenschaften der Schafe. Die vierbeinigen Deichschützer sollen ihre Pflicht tun: Gras fressen im Dienst der Deichsicherheit. Um die bangt der Präsident des Landesumweltamtes Matthias Freude bis heute:

    Perfekte Deiche gibst nie und nirgends, alles andere wäre Illusion und auch nicht redlich, zu sagen, wie haben im ganzen Land über die Hälfe der Deiche neu gebaut in den letzten 12 Jahren, das ist für ein kleines Land wie Brandenburg eine ungeheure Anstrengung und auch Leistung, wir hatten 2 Jahrhunderthochwasser in nur 5 Jahren, hatte auch kein anderer, und da haben sich die neu gebauten Deiche gut bewährt, die Schafe sind jetzt drauf, und wir sind auch mit hohem Aufwand auch in den nächsten Jahren dabei, alle Deiche auf das Niveau zu bringen, wo sie eigentlich sein müssten.