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Gutes Geld

Wer sein Geld nach ethischen, ökologischen oder sozialen Kriterien anlegen will, hat verschiedene Möglichkeiten. Die beiden wichtigsten Instrumente sind Spareinlagen und Investmentfonds. In Deutschland ist das Angebot an solchen Anlageformen noch recht überschaubar. So gibt es nur fünf Banken, die ihr Geschäft ganz und gar nach ethischen Kriterien ausrichten. Und von den rund 5000 angebotenen Investmentfonds schließen nur 80 bestimmte Aktivitäten und Branchen aus oder bevorzugen sozial und ökologisch vorbildliche Unternehmen.

Von Thomas Mösch | 25.07.2004
    Ethisch-ökologische Geldanlagen sind also in Deutschland immer noch Nischenprodukte. Doch die Nachfrage steigt. In den letzten vier Jahren hat sich das in solchen Fonds angelegte Vermögen auf jetzt drei Milliarden Euro versechsfacht. Auch die ethisch orientierten Sparkonten wuchsen von 1999 bis 2003 auf über eine Milliarde Euro - ein Plus von 130 Prozent. Und das Potential sei noch lange nicht ausgeschöpft, betont Kirein Franck vom Institut für Markt, Umwelt, Gesellschaft an der Universität Hannover, kurz Imug. Das Imug beobachtet den Markt für ökologische und ethische Geldanlagen seit mehr als zehn Jahren.

    Unsere Umfragen - repräsentative Befragungen von Privathaushalten in Deutschland - haben ergeben, dass eine Gruppe von 40 Prozent der Befragten diese Anlageform für attraktiv oder sehr attraktiv hält, dass aber nur unter einem Prozent tatsächlich investiert haben, und - das ist vielleicht auch der Engpass - nur drei Prozent der Befragten auf solche Anlageformen aufmerksam gemacht worden sind.

    In anderen Ländern schlägt sich das Interesse der Kunden längst am Markt nieder. In den USA haben Fonds, die mit sozialen, religiösen oder ökologischen Kriterien arbeiten mit rund zwei Billionen Dollar schon einen Anteil von über zehn Prozent. In Europa ist Großbritannien Vorreiter. Dort liegt der Marktanteil bei rund vier Prozent.

    In Deutschland dagegen haben die Ethikfonds noch nicht einmal die Ein-Prozent-Marke erreicht. Für Kirein Franck vom Imug zeigen die Umfragen seines Instituts, dass es den deutschen Anlegern vor allem an verlässlichen Informationen fehlt.

    Das heißt, wenn man heute zu seiner Volksbank oder Sparkasse geht und einen Investmentfonds kaufen will, wird man eben nicht gefragt: ‚Möchten Sie Ihr Geld in Unternehmen investieren, die besondere soziale und ökologische Leistungen erbringen?‘ Sondern man wird gefragt: ‚Wollen Sie in europäische oder amerikanische Unternehmen investieren? Wollen Sie lieber Rentenpapiere oder Aktien kaufen?‘ Das ist auch sinnvoll, dass man das weiter gefragt wird. Das sind alles wichtige Fragen, die man in einem Gespräch mit seinem Anlageberater durchaus behandeln sollte. Aber es kann ja auch eine Frage kommen nach den sozialen und ökologischen Qualitäten der Unternehmen, in die man investieren will.

    Diese Erfahrung hat auch der katholische Moraltheologe Johannes Hoffmann gemacht. Als Professor der Universität Frankfurt am Main hat er die Kriterien für ethisch-ökologische Geldanlagen maßgeblich mit erarbeitet. Hoffmann ist davon überzeugt, dass Anlageberater dringend Hilfe auf diesem Gebiet brauchen.

    Von sich aus können die Bankmanager das nicht, denn sie haben es nie gelernt. In der Theorie ist es nicht vorgekommen während ihres Studiums. Von daher haben mir viele schon gesagt, auch Fondsvertreiber, -händler, -vermittler: ‚Wir würden das ja gern tun, aber wir haben nur gelernt, Fonds nach ökonomischen Gesichtspunkten zu verkaufen, aber nicht nach ethischen.‘ Darum bleiben auch die ethischen Produkte in den Schubladen der Fondsmanager oder der Anlageberater an unterster Stelle in der Schublade liegen.

    Viele Finanzberater raten heute selbst dann von ethisch begründeten Geldanlagen ab, wenn der Kunde danach fragt, weiß Hoffmann. Dies geschehe oft aus Unsicherheit, weil der Berater sich dem informierten Kunden gegenüber bei diesem Thema unterlegen fühle.

    Was aber zeichnet eine ethische Geldanlage überhaupt aus? Die bekannteste und älteste Entscheidungshilfe für Investoren sind so genannte Ausschlusskriterien. Das heißt, ein Fonds investiert grundsätzlich nicht in Unternehmen, die zum Beispiel Rüstungsgüter herstellen oder ihre Arbeitnehmer schlecht behandeln. Solche Fonds gab es in den USA schon in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts, berichtet Theologie-Professor Hoffmann. Einen ersten Höhepunkt erreichte diese Bewegung in den 60er und 70er Jahren, als es in Mode kam Investitionen zu verweigern auch als Mittel im Kampf gegen den Vietnamkrieg oder die Apartheid.

    Das Gegenstück zu den Ausschlusskriterien sind Positivkriterien. Sie begründen die Geldanlage bei Unternehmen, die erwünschte Produkte herstellen oder sich in sozialen und ökologischen Fragen besonders engagieren. Einen weiteren Ansatz beschreibt Kirein Franck vom Imug-Institut aus Hannover:

    Es gibt den Best-in-Class-Ansatz, der eigentlich allen Branchen gegenüber aufgeschlossen ist und dann diejenigen Unternehmen raussuchen will, die am besten sind, beispielsweise unter Umweltgesichtspunkten; die auch Automobiltitel kaufen, aber dann eben nur von den Unternehmen, die konsequent Umweltmanagementsysteme eingeführt haben.

    Orientierung bieten inzwischen eine Reihe von Börsen-Indices, die Unternehmen nach ihrem Verhalten bei Umwelschutz oder Menschenrechten bewerten. Die bekanntesten sind der "Dow Jones Sustainabilty Index" und der "FTSE 4 Good" der Financial Times. Welchen Zielen der Anleger im Zweifel den Vorrang gibt, muss er am Ende selbst entscheiden: möglichst große Rendite oder soziale Verantwortung gegenüber der Belegschaft? Investitionen in den Umweltschutz oder Respekt der Menschenrechte? Auf jeden Fall müssen die Fonds in ihren Prospekten genau über die verwendeten Kriterien aufklären.

    Der Moraltheologe Hoffmann hat in den 90er Jahren den Frankfurt-Hohenheimer Leitfaden für die ethisch-ökologische Bewertung von Unternehmen mitentwickelt. Laut Hoffmann werden nach diesen Kriterien in Deutschland inzwischen eine Milliarde Euro verwaltet, also rund ein Drittel der Ethik-Anlagen.

    Hoffmann hält das Prinzip des "Klassenbesten" für den wirkungsvollsten Ansatz, wenn man als Anleger das Verhalten von Unternehmen verändern will. Wer eine Firma wegen eines bestimmten Verhaltens ganz ausschließe, verliere jeden Einfluss, argumentiert Hoffmann. Besser sei es, dem Unternehmen schlechte Noten zu verpassen und ihm so einen Anreiz zum Wandel zu geben.

    So sei die Deutsche Telekom Mitte der 90er Jahre wegen ihres fehlenden Umweltmanagements sehr schlecht bewertet worden. Heute gehöre sie bei den Öko-Rankings zu den Führern der Telekommunikationsbranche, betont Hoffmann.

    Daran erkennt man, dass ein Branchenrating zumindest innerhalb der Branche eindeutig einen ethischen Wettbewerb auslöst. Das heißt wir haben durch zivilgesellschaftliche Initiative mit einem marktwirtschaftlichen Instrument, dem Wettbewerb, die Ethik in die Wirtschaft gebracht.

    Diejenigen, die sich bei der Geldanlage gern stärker an ethischen und ökologischen Kriterien orientieren würden, sind keineswegs nur die Alt-Achtundsechziger, die schon immer auf politisch korrektes Verhalten geachtet haben. Das Interesse ist am größten bei überdurchschnittlich gebildeten Stadtbewohnern und bei Frauen, berichtet Kirein Franck vom imug-Institut. Und die Anleger müssen auch keineswegs auf gute Renditen verzichten, wenn sie soziales Engagement und nachhaltiges Wirtschaften belohnen wollen, ergänzt Franck.

    Die jüngeren Ergebnisse zu diesem Thema zeigen, dass die Rendite bei nachhaltigen, bei ethischen Investments mindestens die gleiche ist wie bei konventionellen Anlageformen. Eine vor einigen Monaten veröffentlichte Studie der WestLB hat festgestellt, dass es sogar bessere Renditechancen in diesem Bereich gibt, eben weil Unternehmen, die auf bestimmte Sozialstandards achten, auch nicht in Gefahr laufen in dem Maße der öffentlichen Kritik ausgesetzt zu sein, wie Unternehmen, die das nicht tun.

    Ein einmal eingetretener Image-Schaden lasse sich nur schwer wieder beseitigen. Franck macht denn auch die Erfahrung, das viele Unternehmen heute bereitwilliger Auskunft über ihr ökologisches und soziales Verhalten geben als noch vor ein paar Jahren.

    Ich habe schon ganzseitige Anzeigen gesehen in Tageszeitungen von großen Automobilherstellern, die sagen, dass sie in Indices drinnen sind, die nach Nachhaltigkeitskriterien ihre Titel auswählen.

    Große Hoffnung hatten die Anbieter ethisch-ökologischer Geldanlagen in die Riester-Rente gesetzt. Bei der Einführung der zusätzlichen Alterssicherung verpflichtete die rot-grüne Bundesregierung nämlich die Anbieter von Riester-Produkten, einmal im Jahr auch über ökologische und soziale Kriterien ihrer Anlagepolitik zu informieren. Das galt aber zunächst nur für solche Anbieter, die diese Kriterien auch anwenden wollten.

    Die Folge war, dass viele Riester-Verträge ökologische und soziale Kriterien explizit ausschlossen, um der Berichtspflicht zu entgehen, kritisiert Walter Kahlenborn vom Politikberatungsinstitut Adelphi Research in Berlin. Ein ganzes Marktsegment habe sich so dem ethischen Investment verschlossen. Bei der jüngsten Rentenreform wurde dieser Fehler zwar behoben, aber die bereits abgeschlossenen Riester-Verträge gelten weiter, so Kahlenborn.

    Wir haben im Bereich der betrieblichen Altersvorsorge demgegenüber recht positive Effekte, zumindest für den sehr kleinen Bereich der Pensionsfonds, den einzigen Bereich, für den diese Berichtspflichtregelung gilt. Dort haben sich relativ viele Fonds dazu bekannt, solche Kriterien umzusetzen, leider ist es aber nur ein sehr marginaler Teil der betrieblichen Altersvorsorge und es ist leider versäumt worden, in der Reform der Reform die Berichtspflichtregelung auch auf die anderen Bereiche der betrieblichen Altersvorsorge auszudehnen.

    Trotz dieser Defizite loben Experten, dass die Riester-Reform ethisch-ökologischen Geldanlagen mehr Aufmerksamkeit verschafft habe und somit am Boom dieser Anlageform nicht ganz unschuldig sei.

    Wem aber nützt das gestiegene Interesse an ethisch begründetet Investitionen? Beruhigt es in erster Linie das Gewissen der Anleger? Oder verändert es die Wirtschaft real? Die Experten führen zahlreiche Unternehmen an, die aus Sorge um ihr Image tatsächlich Reformen umgesetzt haben. Dazu gehört auch die intensivere Kontrolle von Zulieferern im Ausland.

    Wer allerdings nicht nur das Verhalten an den Börsen notierter Firmen beeinflussen will, der kann dafür sorgen, dass seine Geldanlage direkt sozialen, ökologischen oder armutsbekämpfenden Projekten zufließt. Solche Anleger nehmen oft geringere Renditen in Kauf.

    Erfahrenster Anbieter auf dem Gebiet sozialer Investitionen ist die 1974 gegründete Gemeinschaftsbank für Leihen und Schenken, die GLS-Bank mit Sitz in Bochum. In ihr ist 2002 auch die Ökobank aufgegangen. Die anthroposophisch orientierte GLS-Bank macht keine Gewinne und vergibt Kredite gezielt an ökologische, soziale und kulturelle Projekte.

    In Zukunft will die GLS-Bank zusätzlich Kleinkredite für Existenzgründer bereitstellen. Gerade dieser Sektor werde immer wichtiger, ist auch der Theologie-Professor Johannes Hoffmann überzeugt.

    Heute ist es häufig so, dass mittlere und kleinere Unternehmen, die zum Teil ganz gute Ideen haben, das Kapital gar nicht bekommen, weil sie nicht die entsprechenden Sicherheiten liefern können und auch nicht gleich die entsprechende Rendite, wie das im spekulativen Bereich möglich ist. Und wenn sie es bekommen, dann unter so harten Bedingungen, unter denen sie selber gar nicht zu Rande kommen können.

    Hoffmann und seine Mitstreiter sehen ethische Geldanlagen aber nicht nur als Mittel der Wirtschaftsförderung in Deutschland. Sie wollen über entsprechende Fonds und Anlagekriterien auch mehr Kapial in arme Länder lenken, frei nach dem Motto "Investieren statt Spenden". Allerdings spielt die Entwicklung in Afrika, Asien oder Lateinamerika bei den 80 in Deutschland erhältlichen Ethikfonds nur eine untergeordnete Rolle, berichtet Antje Schneeweiß von Südwind, dem Institut für Ökonomie und Ökumene, Südwind. Von 86 angewandten Ausschlusskriterien hätten nur 17 entwicklungspolitische Bedeutung.

    Diese 17 beziehen sich vor allem auf Arbeitsbedingungen, also schließen Kinderarbeit, Zwangsarbeit, Diskriminierung, Unterdrückung von Gewerkschaften aus. Auf Seite der Positivkriterien sieht es schlechter aus. Dort sind 80 Kriterien aufgeführt von den Fonds und drei haben einen direkten Entwicklungsbezug, wo aber nur bei einem Kriterium ganz klar ist, in welche Richtung das geht. Das besagt, Unternehmen, die fairen Handel betreiben, sind bevorzugt zu berücksichtigen bei der Investition.

    Wer also mit seinem Geld die Ärmsten der Armen erreichen will, ist auf wenige Spezialangebote angewiesen. Schon seit fast 30 Jahren gibt es die ökumenische Entwicklungsgenossenschaft Oikocredit. Sie hat ihren Sitz im niederländischen Amersfoort, ist aber auch in Deutschland mit acht Förderkreisen präsent. Oikocredit vergibt weltweit Darlehen, um die Eigeninitiative der Armen zu fördern, erklärt Ben Simmes.

    Was wir versuchen, ist, dass die Projekte, die wir finanzieren genauso viel Zinsen zahlen wie ihre Nachbarn, die zu einer normalen Bank gehen können. Das heißt zu sagen, dass wenn man arm ist, man nicht mehr Zinsen zahlen soll, weil man arm ist, weil man keine Sicherheiten anbieten kann.

    Zu den Kreditnehmern von Oikocredit gehören vor allem Genossenschaften und Mikrofinanzinstitute - insgesamt rund 350 weltweit. Neben Partnern in den klassischen Entwicklungsländern fördert Oikocredit auch Projekte in Mittel- und Osteuropa. Über 170 Millionen Euro verwaltet die vor fast 30 Jahren von den christlichen Kirchen gegründete Genossenschaft.

    Das Kapital kommt zu knapp vier Fünfteln von Einzelanlegern, die in den Förderkreisen zusammengeschlossen sind. Sie können ihre Einlagen jederzeit abziehen. Die Rendite liegt bei höchstens zwei Prozent im Jahr. Diese Grenze garantiert Oikocredit Steuerfreiheit in den Niederlanden und ermöglicht niedrige Zinssätze für die Kreditnehmer, erklärt Ben Simmes die Selbstbeschränkung.

    Wir versuchen es so zu machen, dass es fast sicher ist, dass wir diese zwei Prozent auszahlen können. Und das ist in den letzten 15 Jahren auch passiert, dass wir alle Jahre zwei Prozent ausgezahlt haben, nur in 98 und 99, als es die Asienkrise gab, haben wir ein Prozent ausgezahlt. Auch in den letzten Jahren haben wir zwei Prozent ausgezahlt, wo es an der Börse mit 20 oder 30 Prozent runter gegangen ist.

    Dies gelingt nur, weil Oikocredit sein Kapital nicht nur an die oft risikoreichen Projekte vergibt. Rund 40 Prozent legt die Genossenschaft ihrerseits in festverzinslichen Papieren und Ethikfonds an. Außerdem halte der enge Kontakt zu den geförderten Projekten die Ausfallquote niedrig, betont Simmes.

    Unsere Aktivitäten werden sehr professionell gemacht. Es ist auch gesagt worden, Oikocredit arbeitet fast wie eine Bank, ist das nicht eine Gefahr? Ich habe gesagt, wir sollten sehr stolz sein, dass wir wie eine Bank arbeiten, dass wir sehr gute Kontrakte mit den Projektpartnern haben; dass, wenn es Sicherheiten gibt, das auch in den Kontrakten festgelegt wird; dass, wenn Projekte nicht zurückzahlen, wir schon am ersten Tag dabei sind: Was sind die Gründe, dass nicht zurückgezahlt wird? Dass diese Arbeit sehr professionell gemacht wird.

    Auch Oikocredit hat in den letzten Jahren vom wachsenden Interesse an ethischen Geldanlagen profitiert. Innerhalb von fünf Jahren wuchs das Kapital um 70 Prozent. Das Wachstum lag damit aber unter dem des gesamten Marktsegments.

    Simmes möchte deshalb in Zukunft auch mit ethisch orientierten Fonds und mit regulären Banken zusammenarbeiten, um seine Organisation bekannter zu machen. Außerdem hofft er auf ein stärkeres Engagement der Kirchen.

    Ich bin manchmal auch enttäuscht, dass die Kirchen darüber reden, aber wenn dann richtig gefragt wird, ‚Und jetzt - machen Sie mit?‘, dass sie dann sagen, ‚Ja, aber wir brauchen höhere Renditen.‘ - und dann nur minimal investieren. Ich denke, dass es für die Kirchen wichtig ist, dass das mit mehr Überzeugung gemacht wird.

    Enttäuscht von den kirchlichen Vermögensverwaltern ist auch der Theologe Johannes Hoffmann. Die seien häufig nicht einmal bereit ihre eigenen Anlagekriterien offen zu legen. Unter anderem deshalb hat Hoffmann im letzten Jahr zusammen mit dem Franziskaner-Orden die "Bank für Orden und Mission" gegründet, bei der jeder ein Girokonto oder Sparbuch eröffnen kann.

    Die verfolgen das Ziel, dass sie nicht nur ihre gesamten Gelder nach ethischen Gesichtspunkten verwalten, sondern dass sie gleichzeitig auf die Gewinne verzichten. Die Beschäftigten werden natürlich finanziert, aber die Gewinne, die normalerweise eine Bank macht, die werden abgeführt in Projekte der Dritten Welt. Und das können diejenigen, die bei dieser Bank investieren, mitbestimmen, in welche Projekte das dann geht.

    Neben der Steyler Missionsbank ist die "Bank für Orden und Mission" damit eins von zwei deutschen Geldinstituten, die sich ganz in den Dienst der Entwicklung armer Länder stellen. Ebenfalls entwicklungsorientiert, aber mit einem ganz anderen Konzept, arbeitet die frisch gegründete Initiative "Global Exchange for Social Investment" - Weltweiter Austausch für soziale Investitionen, kurz GexSi.

    Die unter anderem von der Deutschen Bank und vom deutschen Entwicklungsministerium unterstützte Organisation versteht sich als Vermittler: Sie will Unternehmer und Nichtregierungsorganisationen in armen Ländern zusammenbringen mit Menschen, die ihr Kapital entwicklungsfördernd anlegen wollen, erläutert GexSi-Geschäftsführerin Maritta Koch-Weser.

    Investoren, Philantropen, aber auch marktorientierte Investoren, die einen neuen, guten Markt wittern, und auf der anderen Seite die so genannten Sozialunternehmer, (das) sind Menschen, Gruppen, die sagen: ‚Wenn es unsere Regierung nicht schafft, die Schule zu bauen, oder die Fabrik, dann können wir die Dinge in die Hand nehmen.‘ Und die setzen ihre Existenz dafür ein.

    Ziel ist ein Bewertungssystem, das weltweit anwendbar ist und das hilft, Projekte und Unternehmen ausfindig zu machen, die angelegtes Kapital sinnvoll verwenden. Dieses System mit dem Namen "Access" soll erfolgversprechenden Initiativen den Zugang zu Kapital ermöglichen.

    Access ist ein Ratingsystem, das global, genau wie der Michelin-Führer, werden soll, das mir als Sozialunternehmer - nehmen wir mal an, ich arbeite in einer armen Provinz von Indien, ich habe keinen tollen Computer in meinem NGO-Büro, aber hier kann ich mich melden, kann versuchen, angeschaut zu werden, kann sagen, was ich mache, ich kann versuchen, an den Markt ranzukommen.

    In Brasilien und Indien habe GexSi bereits Partner gefunden, die den Markt vor Ort kennen. Auch die deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit - GTZ - mit ihrer Präsenz in mehr als 120 Ländern unterstützt das Projekt.

    Doch alle die Bewertungssysteme, Kriterienkataloge und Spezialbanken können nur wenig erreichen, wenn es nicht gelingt, Grundsätzliches zu ändern. Davon ist jedenfalls der Moraltheologe Johannes Hoffmann überzeugt.

    Wenn wir wirklich zu einem ethischen Umgang mit Geld durch Banken kommen wollen, dürfen wir uns nicht nur auf einzelne Fonds beschränken, sondern müssen das gesamte Bankengeschäft nach ethischen Kriterien gestalten.

    Im Frühjahr hat Hoffmann deshalb 19 Führungskräfte aus Wirtschaft, Finanzwesen und Wissenschaft nach Darmstadt eingeladen. Darunter waren Manager der Deutschen Telekom, der Lufthansa, der BASF und der SEB-Bank. Sie alle verständigten sich auf die "Darmstädter Definition nachhaltiger Geldanlagen". Darin bekennen sie sich dazu, Investitionen auf ihre langfristigen wirtschaftlichen, ökologischen, sozialen und kulturellen Wirkungen hin zu prüfen.

    So sollen langfristige Produktions- und Investitionsstrategien Vorrang haben vor kurzfristiger Gewinnmaximierung. Die Funktionsfähigkeit globaler und lokaler Ökosysteme soll erhalten bleiben. Wer Gewinn machen will, soll auch Arbeitsplätze erhalten und schaffen; Beruf und Familie müssen miteinander vereinbar sein.

    Wir erhoffen uns davon, dass mehr Ethik in die Kapitalanlagen hineinkommt, dass mehr Verständnis für Nachhaltigkeit auf den verschiedenen gesellschaftlichen Ebenen geweckt wird und dass sich, wenn die Transparenz für das Verständnis von Nachhaltigkeit mehr in den Vordergrund rückt, mehr Menschen in dieser Richtung engagieren. "