Das für Heidenau verhängte Versammlungsverbot könnte möglicherweise doch noch abgewendet werden. "Aus unserer Sicht ist das nicht haltbar", sagte der sächsische SPD-Fraktionschef Dirtk Panter im DLF. "Das ist ein Unding." Auf Regierungsebene arbeite man daran, das Verbot noch zu kippen, sagte Panter, dessen SPD mit der Union eine Koalition bildet. "Ich bin guter Hoffnung, dass wir das nochmal abwenden können." Auf Sachsen werde nach den Krawallen von Neonazis in Heidenau intensiv geschaut.
Polizei vom Bund?
Ähnlich äußerte sich Sachsens stellvertretender Ministerpräsident Martin Dulig (SPD). "Ich gehe davon aus, dass das Innenministerium - auch mit Hilfe des Bundes - genügend Polizei organisieren kann, um eine Vielfalt von geplanten Veranstaltungen in und um Heidenau abzusichern und die Sicherheit in ganz Sachsen zu gewährleisten", sagte der Landeswirtschaftsminister. "So können wir die Handlungsfähigkeit des Staates sicherstellen."
Nach den fremdenfeindlichen Ausschreitungen vor einem Flüchtlingsheim in Heidenau hatte das zuständige Landratsamt in Pirna für das Wochenende ein Versammlungsverbot erlassen. Betroffen davon sind ein "Willkommensfest" für Flüchtlinge sowie Gegenkundgebungen. Als Grund für das Versammlungsverbot nannte das Landratsamt einen polizeilichen Notstand. Die zur Verfügung stehenden Polizeikräfte seien nicht in der Lage, der prognostizierten Lageentwicklung gerecht zu werden.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hatte mit Kritik und Unverständnis auf das Versammlungsverbot reagiert. "Diese Botschaft ist verheerend. Es ist ein Kniefall vor dem Mob in Heidenau", erklärte GdP-Vizechef Jörg Radek in Berlin. Radek sprach von einem "Offenbarungseid für den Rechtsstaat". Die Entscheidung sei ein Schlag ins Gesicht all jener, "die sich der dumpfen Stimmungsmache rechter Gewalttäter entgegenstellen".
Özdemir: Sachsen soll Polizeiunterstützung anfordern
Grünen-Bundeschef Cem Özdemir sprach von einer nicht hinnehmbaren Kapitulation des Rechtsstaats. "Es kann nicht sein, dass Rechtsradikale bestimmte Bereiche Deutschlands, vor allem in Sachsen, ganz offensichtlich übernehmen und die Polizei zurückweicht", sagte Özdemir im ARD-"Morgenmagazin". Wenn die sächsische Polizei mit der Lage überfordert sei, könne der Innenminister ja Unterstützung bei anderen Länder-Polizeien anfordern.
Özdemir will trotz des geltenden Verbots an dem geplanten "Willkommensfest" für Flüchtlinge in der sächsischen Stadt teilnehmen. "Ich fahre dahin und fordere alle auf, die heute nichts Dringendes zu tun zu haben, mitzukommen nach Heidenau. Wir werden zeigen: Dieser Rechtsstaat ist nicht wehrlos."
Linken-Chef Bernd Riexinger schrieb auf Twitter, jedem Bundesligaspiel werde die Polizei Herr. In Heidenau kapituliere man vor einer rechten Schande.
Die Co-Vorsitzende Katja Kipping sprach von einer "Kapitulation der Demokratie".
(fwa/wes)