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Heil- und Gewürzkräuter - eine Alternative für Landwirte?

Aus dem Urlaub im Süden kennt sie jeder: Felder voll mit Thymian, Rosmarin oder Lavendel. In Deutschland ist der Anbau von Gewürzen oder Heilpflanzen bislang nicht so verbreitet. Das könnte sich ändern; ätherische Öle und heilende Substanzen produziert auch manche der hiesigen Pflanzen. Firmen, die mit Tees oder Tinkturen handeln, können die Produktionsstandards deutscher Landwirte einfacher kontrollieren als bei Importen aus den Mittelmeerländern. Sie setzen dabei zunehmend auf ökologischen Anbau. In Bad Neuenahr in Rheinland-Pfalz tagen zurzeit Wissenschaftler, Anbauer und Vermarkter mit dem Ziel, den Anbau von Heil- und Gewürzpflanzen zu fördern. Für manchen Landwirt könnte er ein weiteres Standbein bieten. Aber der Schritt in diese Sparte sollte reiflich überlegt sein.

von Dietrich Sondermann |
    Heil- und Gewürzpflanzen haben Konjunktur. Gesunde Tees, Dufttherapien mit ätherischen Ölen oder leckere Kräuter zum Salat sind beliebter denn je. Und wenn sie ökologisch einwandfrei angebaut werden, sind sie noch besser zu verkaufen. Hanna Blum kennt den Markt. Sie engagiert sich bei Ökoplant, dem Förderverein für ökologischen Anbau von Heil- und Gewürzpflanzen und sieht einen Zuwachs beim Anbau dieser Gewächse:

    Der Trend ist schon da; einmal seitens der Verbraucher und Verbraucherinnen, weil die einfach mehr ökologisch produzierte Ware fordern und auch seitens der Industrie. Die Pharmaindustrie ist sehr stark interessiert an Ökoprodukten; dann gibt es diesen großen Bereich der Naturheilmittel, der ziemlich am boomen ist und es gibt noch den Bereich der Nahrungsergänzungsmittel, also irgendwelche Gesundheitssäfte; das sind sehr oft auch Produkte, die aus ökologischem Anbau kommen.

    Der Anbau dieser Pflanzen hat auch Vorteile für den Naturschutz. Er schützt die Wildpopulationen der oftmals seltenen Vertreter der Heilpflanzen. Viele von ihnen stehen unter strengem Naturschutz. Das Maiglöckchen oder die Herbstzeitlose sind nicht nur schön und sehr giftig, sie werden wie viele andere Arten immer seltener erklärt Margit Dehe, die Spezialberaterin für den Anbau von Heil- und Gewürzpflanzen in Rheinland-Pfalz.

    Klassisches Beispiel ist die Arnika; die ist praktisch weggesammelt worden und da versucht man ja schon einiges.

    Dabei müssen sich die Produkte von heimischen Äckern vor ihrer Konkurrenz aus dem Süden nicht verstecken. Viele dieser Kräuter gedeihen auch hier besonders gut.

    Die meisten Heil- und Gewürzpflanzen haben eine sehr große ökologische Breite. Wir haben hier Thymian angebaut, Pfefferminze, Melisse, Fenchel, Anis und so Sachen; da haben wir überhaupt keine Probleme mit.

    Aber eine Umstellung auf den Anbau von solchen Kulturen bringt auch Probleme mit sich. Ulrich Bomme ist Leiter der Abteilung für Heil- und Gewürzpflanzen bei der Bayerischen Landesanstalt für Bodenkultur und Pflanzenbau in Freising. Er hält diese Produktion allenfalls für eine Nische für wenige Landwirte.

    Heil- und Gewürzpflanzen werden im Regelfall kaum direkt subventioniert wie viele andere landwirtschaftliche Produkte und müssen sich deswegen am Weltmarkt orientieren und dieser Weltmarkt ist sehr in Bewegung; das heißt die Preise können innerhalb kurzer Zeitspannen um mehrere hundert Prozent schwanken und deswegen ist es so wichtig, dass der Landwirt noch vor Anbauaufnahme versucht, einen Vertrag mit der Abnehmerseite zu bekommen, wo auch die Preise geregelt sind.

    Auch findet nicht jede Pflanze auf jedem Boden Verhältnisse, die einen Anbau erlauben. Manche Spezies lagert etwa vermehrt Schwermetalle ein auch wenn diese im Boden nur in normalen Konzentrationen vorkommen. Solche Pflanzen sind dann wegen der sehr strengen Richtlinien für Heil- und Gewürzpflanzen dann nicht zu vermarkten.

    Das ist ebenfalls eine ganz wichtige Voraussetzung, dass man eben eine Standortuntersuchung vor Beginn des Anbaus macht, damit man nicht hinterher sein blaues Wunder erlebt.

    Aber die Marktschwankungen sind wohl der größte Unsicherheitsfaktor für eine Umstellung. Hermann Fitting aus Maurenheim in Rheinhessen hat das Risiko gewagt. Auf seinem Land gedeihen eigentlich alle Kulturen bestens:

    Standbein war bislang die Saatgutvermehrung in Gemüsesamen, Zuckerrüben, Getreide und Weinbau; vor sechs Jahren haben wir angefangen, Kräuter zu produzieren.

    Mit Zuschüssen des Landes und später auch ohne lief das Geschäft in den ersten vier Jahren zufriedenstellend. Dann kam eine Flaute auf dem Markt und er blieb auf einer ganzen Jahresproduktion Johanniskraut sitzen. Aus dieser Pleite hat er seine Lehre gezogen und denkt daran, das Experiment abzubrechen. Hanna Blum von Ökoplant sieht einen Umstieg aber eher optimistisch:

    Es gilt also für jeden Betrieb eigentlich: wenn der Absatz irgendwie gesichert ist, kann man alles anbauen egal ob das Maiglöckchen sind oder Fenchel. Die Kultur muss zu dem Betrieb passen, zu der Betriebsleitung und zur technischen Ausrüstung und dann ist eigentlich alles machbar.