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Hohe Benzinpreise lösen Zwist über Pendlerpauschale aus

Nach ADAC-Angaben ist der März der Monat mit den bislang höchsten Spritpreisen gewesen. Führende FDP-Politiker und einzelne Unionsabgeordnete machen sich für eine Erhöhung der Pendlerpauschale stark. Die Kanzlerin kann sich für diese Idee nicht erwärmen.

Von Christel Blanke | 02.04.2012
    Dass tanken im Moment kein Vergnügen ist, weiß auch die Kanzlerin:

    "Die Bundesregierung kann den Ärger vieler Autofahrer über die Benzinpreise gut verstehen."

    Unterstützung für die Forderung von Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler nach einer Anhebung der Pendlerpauschale gibt es deshalb aber noch lange nicht. Eine solche Maßnahme ist nicht geeignet, um auf die Benzinpreisentwicklung zu reagieren, sagt Regierungssprecher Steffen Seibert. Aus Sicht Röslers ist das letzte Wort darüber noch nicht gesprochen. Sein Sprecher Stefan Rouenhoff betont:

    "Wir gehen davon aus, dass die Koalition zu diesem Thema noch mal beraten wird. Denn vor allem die Arbeitnehmer leiden erheblich unter den hohen Mobilitätskosten."

    Der Staat profitiert von den höheren Spritpreisen durch höhere Steuereinnahmen, argumentiert die FDP. Und davon soll er einen Teil an die Verbraucher zurückgeben. Dieser Logik mag der Finanzminister nicht folgen. Wolfgang Schäuble hält es für grundfalsch, hohe Benzinpreise über Subventionen auszugleichen. Und dass durch teuren Sprit mehr Geld in Kasse kommt, bezweifelt das Finanzministerium generell. Sprecher Martin Kotthaus:

    "Faktisch ist in der Vergangenheit es immer so gewesen, dass sich erhöhte Benzinpreise nicht in einem Plus im Umsatzsteueraufkommen im Ganzen niedergeschlagen haben. Weil die Leute dann doch weniger gefahren sind, oder eben anderweitig ihre Gelder eingesetzt haben."

    Trotzdem: Zehn Cent mehr Entfernungspauschale pro Kilometer wäre angemessen, meint zum Beispiel Karl-Josef Laumann, der Chef der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft. Gesine Lötzsch, Vorsitzende der Partei Die Linke, kann sich 15 Cent mehr vorstellen. Zurzeit liegt der Betrag bei 30 Cent. Auch der CSU-Mittelstandspolitiker Hans Michelbach ist für eine Überprüfung der Pauschale. Darüber hinaus müsse es aber weitere Maßnahmen geben, so Michelbach im Deutschlandfunk:

    "Da ist die Initiative für die Benzinpreisbremse wichtig, die Kartellrechtsverschärfung wichtig, Begrenzung eventuell von Energiesteuern."

    Eine Benzinpreisbremse hatte der Bundesrat in der vergangenen Woche gefordert. Möglich wäre zum Beispiel, dass Tankstellen nur einmal am Tag die Preise erhöhen dürfen. Eine Verschärfung im Wettbewerbsrecht wurde schon beschlossen, so Regierungssprecher Seibert. Denn das Verbot der sogenannten Preis-Kosten-Schere wird unbefristet verlängert:

    "Ein weitergehendes Verbot der Unsitte von Benzinkonzernen, dass sie an den Tankstellen, die sie selber betreiben das Benzin zu einem günstigeren Preis abgeben als an den freien Tankstellen."
    Der Industrie reicht das nicht. Bei zwei Euro für den Sprit fängt die Konjunktur an zu knirschen, warnt der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Hans-Heinrich Driftmann. Bleiben die Benzinpreise langfristig hoch, sollte seiner Meinung nach die Politik reagieren und die Steuern auf Energie begrenzen. Das lehnt der Finanzminister aber ab.

    Statt über Steuersenkungen oder eine höhere Pendlerpauschale nachzudenken, fordert Stephan Kohler, Chef der Deutschen Energieagentur, im Deutschlandradio Kultur, Energie effizienter zu nutzen:

    "Wir müssen vielmehr absolut den Energieverbrauch reduzieren auch im Mobilitätsbereich. Und das heißt: effiziente Fahrzeuge, Umsteigen auf öffentliche Verkehrsmittel, aber auch alternative Kraftstoffe nutzen, wie zum Beispiel Erdgas."

    Auch die Grünen plädieren für diesen Weg. Die Zeit des billigen Öls sei vorbei, sagt Vize-Fraktionschefin Bärbel Höhn. Der einzige Ausweg aus dem Dilemma seien konsequente Anreize zum Spritsparen.