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In drei Jahren zum Diplom

Drei Monate Praxis im Betrieb und danach wieder drei Monate Theorie an der Akademie. Immer im Wechsel. Ein straffes Programm, drei Jahre lang. Zeit für Urlaub und Erholung bleibt da kaum für die Studierenden an der Berufsakademie Dresden.

Von Hanno Grieß |
    Zwei Stunden Zeit hatten Ralf Ebking und die anderen für ihre Klausur. Volkswirtschaftslehre. Nach dem zweiten Semester und drei Monaten Studium sind die meisten angehenden Diplom-Betriebswirte froh, mal nicht mehr über den Büchern hängen zu müssen.

    Jetzt weiß ich erst mal gar nicht, was ich machen soll die nächsten drei Tage ohne Lernen. Aber da findet sich was.

    Semesterferien sind es jedenfalls nicht, die sich da finden. Denn anders als ihre Kommilitonen an der Uni geht es für die Studierenden der Berufsakademie schon am Montag weiter. Arbeiten in ihrer Firma. Drei Monate Praxis im Betrieb und danach wieder drei Monate Theorie an der Akademie. Immer im Wechsel. Ein straffes Programm, drei Jahre lang. Zeit für Urlaub und Erholung bleibt da kaum, meint die Studentin Marika Rose:

    Ich hab die Phase, weil ich direkt von der Schule komme, da gab es sehr viele Ferien. Und wenn man jetzt jeden Tag arbeiten geht und wenn man nicht arbeiten geht, hat man jeden Tag teilweise bis um 5, um 6, spätestens um 7 Unterricht, dann denkt man, irgendwann wäre eine Pause schon ganz gut. Das ist halt das harte Los, wenn man BA-Student ist. Laufend am Ball. Ich will ja was lernen, deswegen versuche ich soviel wie möglich Zeit im Unternehmen zu verbringen. Meistens ist dann so, in den letzten Wochen des Jahres, da nehme ich dann den Rest.

    Auch wenn die anderen lachen müssen, sie alle stimmen dem 23jährigen Ralf Ebking zu. Von seiner Firma, einem Malerunternehmen in Chemnitz, bekommt er eine monatliche Ausbildungsvergütung von bis zu 950 Euro im dritten Jahr. Dafür will und muss er Leistung bringen. Die Motivation jedes einzelnen an der Dresdner Berufsakademie sei extrem hoch, meint ihr Studienrichtungsleiter für den Fachbereich Industrie, Professor Guntram Nietzsche:

    Unsere Studenten wissen schon, was sie wollen, sie haben sich ein Ausbildungsunternehmen gesucht, was ja in den sächsischen Landen oder überhaupt in den Neuen Bundesländern nicht ganz einfach ist, ein Ausbildungsunternehmen zu finden, was auch den Ansprüchen der Berufsakademie genügt.

    Und die lauten: Möglichst viel Stoff in möglichst kurzer Zeit vermitteln. Und den dann, wie zum Beispiel Kostenrechnung, im Unternehmen praktisch anwenden. Anders als an einer Universität gerät die Wissenschaft dabei völlig in den Hintergrund. Das ihr Abschluss mit dem Kürzel BA einen geringeren Stellenwert haben könnte als ein Uni- oder FH-Abschluss, ist für die Studierenden völlig nebensächlich. Höchstens in finanzieller Hinsicht.

    Also vom finanziellen kommt natürlich raus, dass der BA-Student dem FH-Studenten gleich gestellt wird, von der Bezahlung her. Es gibt sind zwar Statistiken, die sagen, dass man nicht so gut gezahlt wird, aber man muss auch dazu sagen, dass jetzt gerade auch in Sachsen ist der BA-Abschluss immer mehr im Kommen, es wird immer bekannter, als vielleicht vor 10 Jahren, da kannte das kaum jemand.

    Trotzdem, das kurze Studium mit dem geringen Theorieanteil ist für manche Bundesländer der Hauptgrund, keine Berufsakademien zuzulassen. Kopfschütteln bei Professor Nietzsche:

    Weil dieses Konzept sich erstens schon viele Jahre bewährt hat, und weil ja das BA-Studium durch die Kürze des Studiums das kostengünstigste Studium überhaupt ist, was zum Diplom führt, das man diese Chance nicht nutzt, ist eigentlich kaum zu verstehen.

    Kostengünstig ist das BA-Konzept auch für die Unternehmen. Sie bekommen auf ihre Bedürfnisse maßgeschneiderte Absolventen. Mit guten Aussichten auf einen erfolgreichen Werdegang. Ein klarer Vorteil, meint auch Mirko Tippmann. Er ist der von Ralf Ebking in der Chemnitzer Malerfirma:

    Wenn ich junge Leute habe, die ein Ziel vor Augen haben und einen Karriereweg gehen wollen, dann haben sie hier die Möglichkeit, sich im Unternehmen einzubringen, also nicht nur früh auf Arbeit zu gehen und nachmittags halb vier wieder nach Hause, sondern halt auch sagen, okay, ich übernehme auf der Baustelle Verantwortung. Das ist als Karriereleiter angedacht, Lehrling, BA-Student, Vorarbeiter, Arbeitsgruppenleiter, Junior-Abteilungsleiter.

    Mit Studium hat das dann nur noch wenig zu tun. Aber für Studierende wie Ralf Ebking ist ohnehin wichtiger, am Ende einen Arbeitsvertrag in der Tasche zu haben. Gute Noten in der Volkswirtschafts-Klausur sind dafür allerdings Pflicht.

    Man kann halt damit übernommen werden, besser als wenn man von der Uni kommt oder von der Fachhochschule. Man muss ja auch sehen, wie heutzutage die Lage auf dem Markt ist.