Freitag, 17. Mai 2024

Polen
Inhaftierter Ex-Innenminister Kaminski tritt in Hungerstreik

Der frühere polnische Innenminister Kaminski ist nach Antritt einer Gefängnisstrafe in den Hungerstreik getreten. Gestern hatte er noch versucht, sich im Präsidentenpalast seiner Verhaftung zu entziehen.

11.01.2024
    Der ehemalige polnische Innenminister Mariusz Kaminski sitzt an einem Tisch und spricht in ein Mikrofon.
    Mariusz Kaminski war in der abgewählten PiS-Regierung Innenminister. (picture alliance / NurPhoto / Mateusz Wlodarczyk)
    In einer Erklärung schrieb der Politiker der nationalkonservativen PiS-Partei, er betrachte sich als "politischen Gefangenen". Seine Verurteilung wegen Amtsmissbrauchs sei ein Akt der Rache. Polizisten hatten Kaminski und dessen ehemaligen Staatssekretär Wasik gestern im Amtssitz von Präsident Duda festgenommen. Das Staatsoberhaupt, das der PiS nahesteht, hatte die Politiker empfangen, obwohl die Polizei sie ins Gefängnis bringen sollte.
    Der Fall, dessen juristische Hintergründe weit zurückreichen, lässt den Konflikt zwischen der neuen Mitte-Links-Regierung von Ministerpräsident Tusk und dem PiS-Lager weiter eskalieren. Das EU- und NATO-Land Polen steht inzwischen am Rande einer Staatskrise.

    Tusk zitiert aus Strafgesetzbuch

    Vor dem Gefängnis im Warschauer Stadtteil Grochow hatte sich in der Nacht eine Gruppe von PiS-Abgeordneten versammelt, unter ihnen auch Parteichef Kaczynski, der vergeblich Einlass in die Haftanstalt verlangte. Tusk zitierte derweil mit Blick auf den Präsidenten einen Paragrafen aus dem Strafgesetzbuch, wonach demjenigen bis zu fünf Jahre Haft drohen, der einem Straftäter hilft, sich seiner Verantwortung zu entziehen.
    Der Friedensnobelpreisträger und ehemalige polnische Präsident Walesa forderte rechtliche Konsequenzen für Duda. Der Präsident habe Kriminellen geholfen, das sei unfassbar, sagte Walesa. Wahrscheinlich sollte man die Polizei zu ihm schicken, damit sie auch ihn an einen anderen Ort bringe, so Walesa weiter.
    Duda erklärte dagegen, er sei zutiefst schockiert über "den Eifer und die Brutalität", die die Behörden bei der Ergreifung der beiden gezeigt hätten. "Wenn ich höre, dass dieser Fall nicht politisch sein soll, muss ich lachen." Im Kampf um die Freilassung der PiS-Politiker werde er sich nicht einschüchtern lassen. Die beiden rechtskräftig Verurteilten nannte er "kristallklar ehrliche Menschen".
    Im Dezember waren Kaminski und Wasik in einem Berufungsverfahren zu jeweils zwei Jahren Haft verurteilt worden. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass Kaminski vor mehr als fünfzehn Jahren als Chef der polnischen Antikorruptionsbehörde gesetzeswidrig Lockvögel bei Ermittlungen einsetzte. Wasik war damals sein Stellvertreter.
    Duda hatte die beiden nach einem ersten Verfahren 2015 begnadigt und damit ermöglicht, das Kaminski das Ministeramt übernehmen konnte. Das Oberste Gericht hatte die Begnadigung 2022 jedoch für unrechtmäßig erklärt, da seinerzeit das Berufsverfahren noch lief. Daraufhin ging das Verfahren in zweiter Instanz weiter. Duda indes hatte mehrfach betont, nach seiner Auffassung gelte die Begnadigung weiter.
    Diese Nachricht wurde am 10.01.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.