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Interstellares Studieren

Sommerkurse an Universitäten gibt es viele. Ein spezieller findet derzeit in Straßburg statt: an der International Space University ISU. Bis Ende August arbeiten hier über 120 junge Leute aus 29 Ländern an Themen, die quasi galaktisch sind.

Von Pascal Fournier | 27.08.2010
    Im Inneren der ISU, in einem der Seminarräume: Rund 20 junge Leute sitzen vor Computern, sie diskutieren, zeigen sich gegenseitig Schaubilder und Textentwürfe. Vermutlich könnte man so etwas an Universitäten rund um den Globus beobachten. Wenn da nicht das Thema wäre, das die Runde beschäftigt ? Denn das ist im wahrsten Sinne des Wortes abgespaced! Mit zur Gruppe gehören Sandra Teichert und Bastian Olberts. Sie 24 und angehende Juristin aus Lüneburg, er 28, diplomierter Luft- und Raumfahrt-Ingenieur aus Stuttgart. In Straßburg befassen sich beide mit "asteroid- mining"

    "Also, zu einem Asteroiden hochzufliegen und dann da wertvolle Metalle und Mineralien abzubauen und die wieder zur Erde zurückzubringen."

    Klingt kompliziert und zieht eine Menge noch viel komplizierterer Detailfragen nach sich.

    "Welche Rolle können Menschen spielen in diesem Zusammenhang, geht man eher auf eine robotische Mission, eher auf eine Mission, die bemannte Raumfahrt beinhaltet, spezialisiert man sich eher darauf, zu kleinen Asteroiden zu fliegen, diese einzufangen und zur Erde zurückzubringen in eine Erdumlaufbahn und diese dort abzubauen, die Mineralien, oder aber ob man nicht lieber zu größeren Asteroiden fliegt und dort direkt Ressourcen abbaut."

    Beim Luft- und Raumfahrtingenieur Bastian Olberts liegen solche Fragen noch nahe. Aber, was macht die Juristin Sandra Teichert beim Team-Projekt?

    "Ich betreue da die Rechtsabteilung sozusagen, und wir kreieren da den rechtlichen Teil, um asteroid-mining zu ermöglichen."

    Es geht um Fragen wie: Wem gehört im Weltraum was und wer darf was in Besitz nehmen? Insgesamt nehmen rund 120 junge Leute aus 29 Ländern am Sommerkurs der ISU teil. Neben Ingenieuren und Juristen auch Wirtschaftswissenschaftler, Biologen, Physiker, Mediziner und auch Geisteswissenschaftler. Es geht um einen möglichst vielseitigen, interdisziplinären Ansatz, erklärt die Direktorin des ISU-Sommerkurses, Angie Bukley:

    "Wir akzeptieren jeden. Wir haben hier viele unterschiedliche Teilgebiete, mein Lieblingsbereich ist der gesellschaftliche, der soziologische Aspekt von Raumfahrt und Raumforschung ? Also: Wir wollen niemanden ausschließen, denn jeder kann teilnehmen und etwas beitragen."

    Die ISU betrachtet sich selbst als Kaderschmiede. Wer hier studiert, will und soll in der Raumfahrt, in der Weltraumforschung oder auch in der Raumfahrt-Industrie von morgen Führungsaufgaben übernehmen. Und dafür eben möglichst viele Facetten der Materie kennen?

    Zurück zum Thema der Arbeitsgruppe um Sandra Teichert und Bastian Olberts: Rohstoffabbau auf Asteroiden. Nun ist so etwas noch Zukunftsmusik, das gibt auch Sommerkurs-Direktorin Angie Bukley zu. Aber trotzdem oder besser: Gerade weil es noch Zukunftsmusik ist, lohnt es sich, darüber nachzudenken.
    "Das klingt vielleicht nach Science-Fiction, aber wissen sie: vor hundert Jahren klang fliegen auch nach Science-Fiction. Und wenn irgendwann mit der Rohstoffförderung auf Asteroiden Geld zu machen ist, dann wird es auch jemand versuchen. Schauen Sie, ich habe hier im Jahr 2000 an einem Projekt teilgenommen, da ging`s um Weltraum-Tourismus. Wir haben uns eingehend damit beschäftigt und inzwischen haben sich die Dinge ziemlich genau so entwickelt, wie wir es vorausgesagt haben."

    ISU-Studenten sind erstaunliche Leute. Und als Führungskräfte von morgen sollen sie sich eben auch mit den Fragen von morgen oder gar von übermorgen beschäftigen. Dafür müssen sie allerdings erst mal ordentlich investieren: Zeit und Hirnschmalz sowieso, aber auch Geld. Auf stolze 17.000 Euro belaufen sich die Gebühren für den neunwöchigen Sommerkurs, immerhin inclusive Kost und Logis. Stipendien machen es möglich, auch für Sandra Teichert und Bastian Olberts. Noch nie habe man einen Interessenten wegen des Geldes nach Hause schicken müssen, sagt Direktorin Bukley. Und gemessen daran, was irgendwann einmal der Erzabbau auf einem Asteroiden vermutlich kosten wird, gemessen daran ist so ein Sommerkurs ja eigentlich fast geschenkt?

    www.isunet.edu/SSP