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Ja, man darf!

In dieser Woche bekommt Dani Levy wieder einmal die Diskussion beschert: Darf man über Hitler lachen? Die Frage hat Tradition.

Von Josef Schnelle | 06.01.2007
    "Thanks to Hitler for being such a funny guy on stage.”"

    Eine Provokation des amerikanischen Komödienregisseurs Mel Brooks bei der Oscar-Verleihung 1968. Für seinen gewagte Satire "Die Producer" war er soeben mit dem Oscar für das beste Drehbuch ausgezeichnet worden. In diesem Film geht es um einen Broadway-Produzenten, der den Erfolg um jeden Preis will und sich deshalb an das geschmackloseste aller geschmacklosen Themen heranwagt. Er bringt ein Musical über Hitler heraus:

    ""Ich habe nicht gewusst gedacht, dass es so viele Hitler gibt in Amerika."

    "Alle tanzenden Hitler warten jetzt hinten in den Kulissen. Ich brauche jetzt die singenden Hitler."

    Im Film ist das Musical ein rauschender Erfolg, und mit singenden und tanzenden SS-Männern und nicht zuletzt Hitler wurde auch Mel Brooks "Die Producer" ein solcher Erfolg, dass es vor wenigen Monaten ein Remake des Films im Kino gab. In Deutschland wäre solch ein verwegener Umgang mit der braunen Vergangenheit 1968 nicht denkbar gewesen.

    In dieser Woche bekommt Dani Levy wieder einmal die Diskussion beschert: Darf man über Hitler lachen? Die Frage hat Tradition. Schon Charly Chaplin bekam sie 1940 zu hören. Da war Hitler bekanntlich noch an der Macht, und Chaplins mischte sich mit seiner Filmsatire "Der große Diktator" gewissermaßen direkt in den Krieg ein.

    Der Ton macht die Musik, nur Lautmalerei. Man versteht auch so, wie gefährlich dieser große Diktator ist. Auch der deutsche Emigrant Ernst Lubitsch wollte seinen Beitrag zum Kampf gegen Hitler leisten und verlegte 1942 die Geschichte eines Hitler-Imitators in ein Warschauer Theater. Vor dem Nazi-Einmarsch, man probt ein Anti-Nazi-Stück.

    "Heil Hitler!"

    "Ich heil mich selbst."

    "Das steht nicht im Text."

    "Aber das gibt einen Lacher."

    Inzwischen sind wohl alle widerlegt, die damals glaubten, Lubitschs flammender Appell, den Faschismus zu bekämpfen, könnte falsch verstanden werden. Schon Kurt Tucholsky hatte die Frage, was denn die Satire darf, mit der Antwort beschieden: alles.

    Und mit diesem Ansatz nahm sich 1992 Helmut Dietl die Realsatire um die falschen Hitlertagebücher im "Stern"-Magazin vor. Am Anfang auch dieses Films geht es um Hitler. Allerdings schon um dessen Leiche.

    "Er brennt nicht. Der Führer brennt nicht."

    "Was?"

    "Und auch die Frau Hitler, die Frau Braun brennt nicht."

    "Ja Mann, dann schütten sie halt Benzin drüber."

    "Benzin über den Führer, Herr Obersturmbannführer?"

    Der Titel des Films gibt manchem noch heute Rätsel auf, aber auch der stammt aus Chaplins "Der große Diktator", aus dem besser verständlichen, programmatischen Teil der großen Rede.

    Helge Schneider aber bringt den GRÖFAZ - den größten Führer aller Zeiten - erstmals wieder auf die große Leinwand, wobei auch bei Bruno Ganz als Hitler in "Der Untergang" viel gelacht worden ist. Doch der Film über die letzten Stunden im Bunker war ernst gemeint. Deswegen soll der ernste Komiker Helge Schneider das letzte Wort haben - mit einer allgemeinen Theorie über Hitler-Imitatoren:

    "Hitler-Imitatoren habe es in Deutschland traditionell sehr schwer. In den 30er, 40er Jahren gab es praktisch keine Auftrittsmöglichkeiten. Auch in den 50er, 60ern war noch relativ hartes Brot. Ich glaube, jetzt ist die Zeit, wo unbefangen über Hitler gelacht werden darf."