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Juanes aus Kolumbien
Pop-Star mit Friedensengagement

In Lateinamerika und den USA füllt er Stadien, hierzulande kennen ihn wenige: Juanes. Der Kolumbianer gehört zu den wohl am meisten prämierten Künstlern der Latino-Rock- und Pop-Szene. Trotzdem ist er bodenständig und natürlich geblieben - mit starkem Engagement für soziale Gerechtigkeit und Frieden.

Von Burkhard Birke | 20.07.2019
Juanes auf der Bühne, reißt die Arme hoch und trägt eine gelbe E-Gitarre
Juanes ist klar geworden, dass es viele andere Möglichkeiten gibt, etwas für Kolumbien zu tun - aber nicht unbedingt mit einem Konzert! (NTB SCANPIX (EPA/Jon Olov Nesvold))
Lebensfreude pur, aber auch besinnliche Gedanken: Juanes' Musik und Texte mischen sich zu einem wahren Potpourri der Emotionen. Rhythmen und Melodien seiner Heimat Kolumbien wie Vallenato oder Cumbia fließen ebenso ein wie Elemente von Reggae und Rock, ja sogar Metal. Herauskommt ein unnachahmbarer, eigener Stil, mit dem er ein Millionenpublikum erobert hat.
Nach seiner Unplugged-Tour vor etlichen Jahren und den eher poppig-romantischen Werken vom letzten Album "Mis Planes Son Amarte" - meine Pläne Dich zu lieben - hat er sich nun mit einem Best-of seiner Karriere, einem Feuerwerk an Hits, auf der Bühne zurückgemeldet.
Kolumbien und die Korruption
"A Dios Le Pido: Mit diesem Titel öffnete Juanes die Show. An Aktualität hat der Song aus dem Jahr 2002 nichts eingebüßt. "Ich bitte Gott, dass mein Volk nicht so viel Blut vergießen möge", singt Juanes unter anderem. Ist seine Bitte erhört worden? Immerhin existiert in Kolumbien seit einigen Jahren ein Friedensabkommen mit der Farc-Guerilla!
Juanes: "Kolumbien steckt in einer schwierigen Situation - mit vielen Morden an Aktivisten, viel Ungerechtigkeit und Korruption. Es ist nicht leicht, aber ich gebe die Hoffnung nicht auf. Vielleicht müssen wir als Gesellschaft reifer werden, uns als Kolumbianer, als Brüder, besser selbst erkennen und viele der offenen Wunden heilen."
DLF-Reporter Burkhard Birke (l.) im Corso-Interview mit Juanes
DLF-Reporter Burkhard Birke (l.) im Corso-Interview mit Juanes (Burkhard Birke)
Juanes will seinen Teil dazu beitragen. Immer wieder hat er Friedenkonzerte selbst veranstaltet, oder wie bei dem von Richard Branson organisierten Konzert am 22. Februar dieses Jahres in Cúcuta an der venezolanisch kolumbianischen Grenze teilgenommen. Damals ging es darum, den krisengeplagten Menschen in Venezuela humanitäre Hilfe zukommen zu lassen.
Konzerte sind keine echte Hilfe
Zum Konzert und dem von der venezolanische Regierung vereitelten Versuch, Hilfsgüter über die Grenze zu bringen, hatte sich viel internationale Politprominenz angesagt, unter anderem US-Vizepräsident Mike Pence, die Präsidenten Kolumbiens und Chiles und vor allem der selbsternannte Präsident Venezuelas, Juan Guaidó.
"Ich weiß nicht, welche Absicht dahinter steckte. Meine war es, zu helfen, weil wir dachten, es wäre eine rein humanitäre Angelegenheit, die wir unterstützen wollten. Aber wir wussten nicht, was sonst dahinter steckte."
Ganz wohl fühlte sich Juanes nach eigenen Worten nicht bei diesem Konzert, an dem auch andere prominente Künstler teilnahmen. Seine Schlussfolgerung:
"Im Moment beabsichtige ich nicht wieder solche Konzerte zu spielen. Mir ist klar geworden, dass es viele andere Möglichkeiten gibt, etwas für Kolumbien zu tun - nicht unbedingt mit einem Konzert. Denn wenn erst einmal die Show vorbei ist, dann passiert nichts mehr. Mit meiner Stiftung 'Mi Sangre' können wir kontinuierlich Projekte umsetzen. Wir konnten über die Jahre das Leben vieler Menschen verändern, und das machen wir weiter mit System und Ernsthaftigkeit."
Seit fast 20 Jahren existiert die Stiftung "Mi Sangre" (auf Deutsch: "mein Blut"). Geholfen wird Opfern des jahrzehntelangen bewaffneten Konfliktes, vor allem Kindern, die auf Landminen getreten sind.
So etwas sollte es nie wieder geben: Für die Zukunft erwartet Juanes deshalb eine andere Haltung, "Una Actidud Diferente". Ein Titel von Juanes letztem Album aus dem Jahre 2017. Es ist einer eher romantischen Phase zuzuordnen. Für viele war dieses Album zu soft, zu poppig. Beim Konzert in Köln legte Juanes zwar ein romantisches Medley ein, zeigte er sich jedoch auch von seiner rockigen Seite, spielte sogar Titel aus seiner Zeit mit der Band Ekhymosis von vor über 20 Jahren und begeisterte mit heimischen Klängen zum Mitsingen. So ähnlich dürfte auch Juanes nächstes Album klingen, das Ende des Jahres erscheint.
"Mein neues Album kommt im November raus. Das ist ein Partyalbum zum Tanzen, auch etwas Ruhiges – gleichzeitig schreibe ich für ein weiteres Album Songs, die tiefer gehen. Bei mir geht das immer nach Phasen. Ich mag es Spaß, Party zu haben. Aber es gibt auch vieles im Inneren, was man verarbeiten muss - und ich persönlich kanalisiere das gerne über die Musik."