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Kabarettwettbewerb
"Tegtmeiers Erben 2013" - das Finale

Alle zwei Jahre wetteifern in Herne Kabarettisten um die Nachfolge Jürgen von Mangers. Der 1994 in Herne gestorbene Schauspieler hatte mit seiner legendären Figur des Adolf Tegtmeier Kabarett- und Fernsehgeschichte geschrieben. Beim Finale wurden wieder zwei Kabarettisten ausgezeichnet.

Von Achim Hahn | 25.11.2013
    Der Kabarettist Jürgen von der Manger, aufgenommen am 02.11.1981.
    Der Kabarettist Jürgen von Manger (picture alliance / dpa / Hans-Wilhelm Höft)
    "Ich möchte den Wilfried als Kind nicht. Der war ja noch n Kind. N Kind muss man ja mögen. Wie ekelig das auch ist. Aber der Wilfried? Immer schlechte Laune."
    Sie war die echte Überraschung dieses Abends. Denn über 25 Jahren war sie nicht mehr auf einer Kleinkunstbühne gewesen: Else Stratmann, die legendäre Metzgersgattin aus Wanne-Eickel. Verkörpert von Elke Heidenreich - mit einer wunderbaren Lobhudelei auf Wilfried Schmickler, den diesjährigen Ehrenpreisträger und nun bekennenden Erbe Tegtmeiers.
    "Ich hab von Anfang an gewusst, dass mit dem was nicht stimmt. Der war ja immer nur dagegen. Schon als Kind. Hören se mal."
    Seit 1997 werden "Tegtmeiers Erben" in Herne gekürt. Ausgewählt als Ehrenpreisträger, wie etwa Urban Priol oder die Missfits...
    Tegtmeier: Junge Junge, nich.
    ...oder auch geehrt für ihr Lebenswerk mit dem "Jürgen-von-Manger-Preis".
    Tegtmeier: So ein Dingen.
    "Mein nächster Preis für ein Lebenswerk. Wahrscheinlich hat die Jury gedacht, na ja, der hatte ja neulich so ne schwere Bronchitis, machen wir's lieber mal noch dies Jahr. Dieter Hallervorden in sprühender Selbstironie. Ein jung gebliebener Alter, der sich nicht nur des künstlerischen Erfolges seines letzten Kinofilms bewusst ist. Die Preisverleihungen an ihn und Wilfried Schmickler waren Höhepunkte. Doch mit Spannung erwartet wurde die Bekanntgabe, wer denn nun eigentlich den Kabarettwettbewerb gewonnen hatte.
    Tegtmeier: Mmh.
    Denn neben den schmückenden Namen bereits arrivierter Kleinkünstler ist die Suche nach "Tegtmeiers Erben" auch immer ein Wettbewerb für Bühnenoriginale. Wobei es nicht darum geht, den Altmeister zu imitieren.
    Tegtmeier: Jaha!
    Sechs Finalisten stellten sich auch diesmal an vier Abenden gemeinsam dem Publikum und versuchten, es in maximal 15 Minuten zu überzeugen. Till Reiners etwa durch seine kurze Einführung in die Kunst der Lüge und die noch provokantere Forderung:
    "Tötet Angela Merkel. Da möchte ich mich jetzt in aller Form entschuldigen. Ne wirklich. Ich weiß nicht, wo es herkam, aber da möchte ich mich wirklich entschuldigen. Also das ist ja keine Satire mehr, das ist ganz unterste Schublade."
    Aber Satire darf nun mal alles. Auch so ein Klassikerspruch. Die Finalisten nutzten ihn auf völlig unterschiedliche Weise: Torsten Sträter etwa punktete durch seine pointiert witzige Geschichte über
    "Frauenfußball."
    Wobei es eigentlich um die Frage ging, warum er immer von der Damenwelt verlassen würde:
    "Du Liebling, sage ich. Ham diese Fußballerinnen eigentlich auch Hooligans? Die sich vor jedem Spiel im Internet organisieren und eine schreibt dann: Sammeln uns vermummt vorm Südeingang. Brigitte, bringt diesmal den Blechkuchen mit."
    Michael Krebs umwarb am Klavier die Mehrheit der über 30-Jährigen im Publikum und setzte sich dann vehement ein für:
    "Die Pommesgabel des Teufels, das international anerkannte Zeichen Wut, für Heavy Metall, für Protest",
    das durch die Umdefinierung als Flüsterfuchs in seinem Bestand gefährdet ist.
    "Deshalb rufe ich Euch zum Widerstand auf!"
    Die Entertainerin Daphne de Luxe ...
    "heute Ihr Appetithäppchen..."
    ... und einzig wahre Rampensau an diesem Abend, setzte auf die satirische Betrachtung ihrer Pfunde, was viele auch immer noch witzig fanden. Denn wer hat das nicht selber schon zu hören bekommen:
    "Ich finde, jeder hat das Recht hässlich auszusehen, aber Du übertreibst."
    Durchgesetzt aber hatten sich andere.
    Tegtmeier: Jaha!
    Henning Schmidtke bei der Jury, weil er sich originell und stilistisch vielfältig mit der Leistungs- und Mediengesellschaft befasste:
    "Alle sind so topmotiviert, ich nicht. Aber die sind alle topmotiviert. Um mich rum. Ein Freund von mir ist Kickboxer. Jetzt ham sie dem beide Füße amputiert. Er sagt: Ich kämpfe weiter. Muss ich eben ein bisschen kürzer treten."
    Eindeutiger Publikumssieger aber wurde der in Gelsenkirchen geborene HG Butzko. Denn der diesmal vergleichsweise unpolitische Politkabarettist nutzte souverän den richtigen Ruhrgebietsslang und die Liebe der Herner Zuschauer zur eigenen Nabelschau.
    Tegtmeier: Kann mal ma sehen, nich, wie dat geht so.
    Aber er weiß auch:
    "Man muss sich nur mal die richtigen Fragen stellen. Warum hat jemand, der im Gefängnis sitzen muss, zuvor gesungen, wenn er gestanden hat?"
    Alles in allem jedoch keine wirkliche Leistungsschau, wobei sich das Publikum trotz schlechter akustischer Saalbedingungen köstlich amüsierte. Und darum geht es ja auch beim Kabarett. Immerhin, ihn hatte man nicht vergessen: Dieter Hildebrandt
    HG Butzko: "Jetzt ist er da, wo der Neuss, der Kittner, der Hüsch, der Beltz und auch der Franz Josef Strauss, der wahrscheinlich seit 25 Jahren sich vor diesem Augenblick gefürchtet hat. Aber damit ist jetzt Schluss. Der Dieter macht ihm jetzt da oben die Hölle heiß. Und wir machen hier unten einfach in seinem Sinne weiter. Danke schön."