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Karstadt steht das Wasser bis zum Hals

Die Krise bei Karstadt spitzt sich zu. Erst vor Kurzem hatte Vorstandschef Jennings seinen Rückzug angekündigt. Jetzt sind auch noch interne Dokumente mit brisanten Informationen aufgetaucht: Demnach sind die Verluste so groß, dass in eineinhalb Jahren Schluss sein könnte.

Von Denise Friese | 17.06.2013
    Wie schlecht es um die Essener Warenhauskette Karstadt steht, belegen jetzt auch Zahlen. Die internen Dokumente sind nach der Aufsichtsratssitzung vergangene Woche aufgetaucht. Zeitungen berichten über enorme Verluste im vergangenen Geschäftsjahr:

    250 Millionen Euro Miese soll Karstadt bis September gemacht haben.
    Und auch für dieses Jahr erwartet das Unternehmen rote Zahlen im dreistelligen Millionenbereich.

    Wenn es so weitergeht, sei in 12 bis 18 Monaten Schluss, zitiert das Handelsblatt eine Person aus dem Aufsichtsrat. Karstadt-Chef Andrew Jennings rechtfertigt Umsatzrückgänge mit einem harten Weihnachtsgeschäft und einer schlimmen Frühjahrssaison für alle Einzelhändler im Modebereich. Dass Karstadt das Geld ausgehe, sei eine unverantwortliche Spekulation. Einmaleffekte, wie der Abbau von 2000 Stellen, hätten sich negativ auf die Liquidität ausgewirkt. Jennings bleibt dabei: Sein Sanierungskonzept "Karstadt 2015" werde mit Sicherheit ein Erfolg.

    Nur er selbst will wohl nicht mitfeiern, Jennings geht zum Ende des Jahres.
    Berichte über einen Konflikt zwischen ihm und Karstadt-Eigentümer Nicolas Berggruen wurden vom Unternehmen dementiert. Möglicherweise hält es auch Jennings für notwendig, dass der Milliardär eigenes Geld investieren sollte.

    Der Druck auf Eigentümer Nicolas Berggruen wird auf jeden Fall immer größer. Geschäftspartner, Beschäftigte und die Gewerkschaft Verdi fordern, dass der Milliardär Geld in die schleppende Sanierung der Karstadthäuser steckt.

    Der Düsseldorfer Einzelhandelsexperte und Karstadtkenner Gert Hessert bezweifelt, dass das allein helfen würde:

    "Ich höre immer wieder Forderungen, dass Berggruen investieren soll. Ein privater Anleger investiert aber nur in eine rentable Anlage. Und Karstadt ist zurzeit nicht rentabel."

    Hessert geht davon aus, dass das Sanierungskonzept von Karstadt nicht stimmt. Noch fehlen offenbar die Ideen, die Kunden in die Kaufhäuser locken. Jennings hat bereits Werbekampagnen angekündigt und will auch weiterhin neue Modemarken einführen. In der zweiten Jahreshälfte will Karstadt dann stärken, was die Manager seit Jahren - schon vor der Insolvenz - versäumt haben: Eine moderne Verkaufsplattform im Internet einführen.

    Doch in der zweiten Jahreshälfte hat Karstadt noch eine ganz andere schwierige Aufgabe vor sich: Der wahre Retter muss her. Ein neuer Chef, der fähig und bereit ist, die Warenhauskette vor dem Untergang zu bewahren. Notfalls auch ohne Geld von Berggruen - der bisher noch nicht von eigenen Investitionen gesprochen hat. Nur die 20.000 Beschäftigten müssen wieder einmal einen Beitrag zur Krise leisten. Eine mögliche Tariferhöhung ist für die nächsten zwei Jahre gestrichen.

    Viele Zeichen, dass es um Karstadt nicht gutsteht.