Sonntag, 19. Mai 2024

Archiv


Keine Sorge um McAllisters Zukunft

Noch-Ministerpräsident David McAllister werde mittelfristig wohl nach Berlin gehen, vermutet Niedersachsen-Korrespondentin Susanne Schrammer. Was aus Aygül Özkan und Uwe Schünemann werde, sei dagegen unsicher.

Susanne Schrammar im Gespräch mit Irene Geuer | 24.01.2013
    Irene Geuer: Frau Schrammar, ist David McAllister denn nicht abgesichert?

    Susanne Schrammar: Was die finanzielle Frage angeht, ist er das natürlich. Er wird zwar für die zweieinhalb Jahre als Ministerpräsident hier in Niedersachsen keine Pension bekommen, der Fachbegriff ist hier "Ruhegeld". Den Anspruch hätte er erst gehabt, wenn er noch 40 Tage länger im Amt gewesen wäre. Aber als ehemaliges Mitglied der Landesregierung da bekommt er zwei Jahre Übergangsgeld, drei Monate davon sogar sein volles Amtsgehalt. Und außerdem bezieht er ja sogar noch eine Diät als Landtagsabgeordneter. Die wird zwar angerechnet auf all diese Bezüge, aber aus finanziellen Gründen müsste sich McAllister jetzt keinen neuen Job suchen. Die Frage wäre vielmehr, ob er sich als ehemaliger Ministerpräsident die Oppositionsbank in Niedersachsen auch wirklich lange antun will.

    Irene Geuer: Oder könnte er auf dem politischen Arbeitsmarkt etwas anderes finden?

    Susanne Schrammar: Also, die Kanzlerin hat ja am Montag gesagt, McAllister gehöre die Zukunft. Ich bin mir sicher, sie wird ihn auch nicht fallen lassen. David McAllister hat die Wahl in Niedersachsen zwar verloren, aber - wenn man sich das mal so anguckt - er hat nichts falsch gemacht. Die CDU ist stärkste Kraft im Land geworden, wenn die FDP Leihstimmen nicht gewesen wären, wäre das Ergebnis noch besser ausgefallen. Er hat die höchsten Popularitätswerte. Er hat halt nur sehr knapp verloren. Außerdem ist er Merkels Liebling. McAllister gilt als extrem loyal und er ist in der CDU - das muss man sagen - wirklich eines der größten politischen Talente. Da müsste man schon mit dem Klammerbeutel gepudert sein, ihm diese politische Zukunft hier zu versperren. Mittelfristig - denke ich - wird er wahrscheinlich nach Berlin gehen. Sollte es nach Bundestagswahl eine CDU-geführte Regierung im Bund geben, dann wäre mein Tipp: McAllister wird Minister.

    Irene Geuer: Also die Zukunft für McAllister gesichert, aber so sieht es nicht für die Minister aus, zum Beispiel für Aygül Özkan, die erste türkisch-stämmige Ministerin in Deutschland, Sozialministerin in Niedersachsen. Oder wird war, was gemunkelt wird, dass sie Oberbürgermeister-Kandidatin in Hannover wird?

    Susanne Schrammar: Vielleicht noch einmal kurz zur Erklärung: Drei Minister sind schon aus dem Landtag geflogen. Das liegt daran, dass sie ihren Wahlkreis nicht direkt gewinnen konnten und gleichzeitig die CDU-Liste nicht gezogen hat. Und deswegen ist jetzt auch Aygül Özkan ohne Job und ohne Amt. Bei ihr wurde tatsächlich immer mal wieder spekuliert, ob sie in diesem Jahr zur Oberbürgermeisterwahl hier in der SPD-Hochburg Hannover antreten wird. Das wäre so, dass die CDU sich mit ihr als moderne Großstadtpartei präsentieren könnte - sie, eine junge Frau mit türkischen Wurzeln. Aber, ob sie wirklich antritt, das ist noch ungewiss, denn zum einen hat sie ihren Wahlkreis mit so ungefähr 26 Prozent der Stimmen jetzt nicht überzeugend gut vertreten - auf der anderen Seite kursieren auch schon ganz andere Namen und überhaupt ist es auch nicht ganz unwahrscheinlich, dass Aygül Özkan noch nachrückt in den Landtag. Sie wäre die Erste auf der Liste und es gibt einige CDU-Abgeordnete vorgerückten Alters - sag ich mal -, die jetzt nicht unbedingt eine ganze Legislaturperiode durchmachen wollen.

    Irene Geuer: Dann müssen wir aber auch noch über Uwe Schünemann sprechen, bisher Innenminister in Niedersachsen - ein Mann, dessen Politik umstritten war. Die "taz" hat zum Beispiel geschrieben: "Schünemann, alter Kotzbrocken, Sie werden uns fehlen." Und gemeint sind damit auch - so wie es da steht - seine absonderlichen Gesetzesvorhaben. Frau Schrammar, was sagen Sie dazu?

    Susanne Schrammar: Ja, also, die Wortwahl in der "taz" - darüber kann man ja wirklich streiten. Aber Fakt ist, Uwe Schünemann war wirklich Deutschlands härtester Innenminister und damit hat er auch immer wieder kokettiert und vor allen Dingen auch provoziert. Niedersachsen hatte bislang wirklich die rigideste, am wenigsten humane Flüchtlingspolitik - da wurde bei Nacht und Nebel abgeschoben, da wurden Familien auseinandergerissen. Er musste mehrfach vom Ministerpräsidenten zurückgepfiffen werden, zum Beispiel als er ohne jeden konkreten Verdacht Moscheen hier in Niedersachsen durchsuchen ließ. Da hat das wirklich für einen Riesenaufschrei gesorgt. Und immer wieder kam er auch mit Ideen um die Ecke, die sich einfach nicht mit dem Grundgesetz vereinbaren lassen. Zum Beispiel wollte er islamistischen Verdächtigen das Handy verbieten. Auch Uwe Schünemann hat jetzt den Sprung in den Landtag verpasst - und was jetzt aus ihm wird, ist noch unklar.

    Irene Geuer: Klar ist aber wahrscheinlich, dass Stephan Weil der neue Ministerpräsident wird. Das heißt, sein Job ist klar, aber der seiner Frau Rosemarie nicht. Was hat es damit auf sich?

    Susanne Schrammar: Also, Rosemarie Kerkhoff-Weil ist bislang Präsidentin der Fachhochschule hier in Hannover, hatte aber in den vergangenen Wochen ziemlichen Ärger, denn die Professoren und Studierenden haben sich gegen sie aufgelehnt. Ihr wird ein mangelhaftes Kommunikationsverhalten vorgeworfen und man nimmt ihr auch übel, dass sie finanzielle Zulagen für Professoren kürzen beziehungsweise streichen will. Der Streit ging so weit, dass der Hochschulsenat das gesamte Präsidium mit der neuen First Lady an der Spitze abgewählt hat. So etwas hat es in Niedersachsen noch nie gegeben und jetzt muss ein externes Gremium, der Hochschulrat, darüber entscheiden, ob die Frau von Stefan Weil auch ihren Job behalten darf.

    Irene Geuer: Wie wird sich dann wohl der Hochschulrat verhalten?

    Susanne Schrammar: Also, es gibt Signale, wonach der Hochschulrat Kerkhoff-Weil und ihr Präsidium eher stützen wird, aber das ist nicht hundertprozentig sicher und ist die Frage, ob sie das denn auch unter diesen Umständen bleiben will, Präsidentin der Fachhochschule.

    Irene Geuer: Bis es aber auch so weit ist mit all dem, finden ja noch die Koalitionsverhandlungen statt und ein wichtiges Thema wird Gorleben und Atomendlager sein und auch da geht es ja um Arbeitsplätze.

    Susanne Schrammar: Ja, und auch da wären wir bei einer weiteren interessanten Personalie in Bezug auf die Landtagswahl, nämlich die von Karin Bertholdis-Sandrock. Das ist eine CDU-Frau, die ihren Wahlkreis hat im Wendland, und den hat sie jetzt schon direkt zum dritten Mal gewonnen. Denn im Wendland gibt es, auch wenn der Eindruck manchmal ein anderer sei, nicht nur Atomkraftgegner und Gorlebengegner, sondern es gibt dort auch viele Menschen, die dort im Erkundungsbergwerk Gorleben oder im Zwischenlager Gorleben arbeiten oder ganz viele, die eben auch von den Entschädigungsgeldern, die von der Atomindustrie dort gezahlt werden, ganz schön profitieren. Und die wählen dann die, die sich weiterhin für Gorleben als Endlagerstandort stark machen. Daher ist CDU im Landkreis Lüchow-Dannenberg dann auch weiterhin sehr stark.