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Kleine Stadt mit viel Kultur

Gotha ist derzeit die Stadt der Kulturbaustellen in Thüringen: Das Herzogliche Museum im Schloss Friedenstein wird saniert, außerdem läuft der Umbau des Perthes-Forums, in das das Depot der Stiftung Schloss Friedenstein sowie das Thüringer Staatsarchiv einziehen sollen.

Von Blanka Weber | 06.08.2013
    Ein Mobildrehkran schwenkt seinen 40-Meter-Arm weit über dem Baustellengelände. Maximal fünf Tonnen Gewicht kann er bewegen, erklärt Mario Pfeuffer vom Hochbauamt der Stadt Gotha:

    "Der verlegt jetzt gerade Spannbetondecken auf der letzten Ebene für die Verwaltung der Stiftung Schloss Friedenstein."

    Wir sind auf der Baustelle des neuen Perthes-Forums. Am Sitz des gleichnamigen ehemaligen Verlages Perthes entsteht auf den ersten Blick ein u-förmiger Neubau, auf den zweiten ist es ein gut strukturiertes Gebäude für später drei Institutionen, mit drei Innenhöfen und einer historischen Fassade von 1899 - als Hommage an den alten Verlag:

    "Man sieht noch die alte Struktur der Fassade, da sieht man am Giebel, dass da noch ein Altbestand vorhanden war."

    Vom Alten wird nicht mehr viel bleiben, ein Stück der Fassade, der Eingang, alles andere zu erhalten, wäre zu kostspielig und nicht sicher genug, erklärt Mario Pfeuffer. Er koordiniert vom Tieflader bis zur Isolationsschicht derzeit 20 Firmen auf 11.000 Quadratmetern. Wenn er eines vermeiden will, dann: Firmen, die in Konkurs gehen, Handwerker, die kündigen und Kosten, die ausufern. Deshalb wurde die Depotfläche nicht unterirdisch geplant, um nicht das Problem mit eindringendem Grund- oder Hochwasser zu haben. Die Devise am Bau: Ein Depot braucht keine Fenster, aber guten Brandschutz und gute Sicherheit. Von den 20 Millionen Euro insgesamt fließt der größte Teil in die Haustechnik:

    "Weil ja doch heute sehr große Anforderungen an Klima gestellt werden, an Luftfeuchtigkeit und da wird sehr viel an Know-how investiert, was nicht gleich so sichtbar ist."

    Mario Pfeuffer kennt sich aus mit Kulturbaustellen in seiner Stadt. Das kleine Gotha - mit 45.000 Einwohnern und wenig Industrie schultert gerade mehrere davon:

    "Also, wenn man die Stadtbibliothek gerade dazu nimmt, im Winterpalais, ist das die dritte Kulturbaustelle. Die befindet sich direkt beim technischen Rathaus, vis à vis und ist kurz vor der Vollendung."

    Aber eine ist die anspruchsvollste Kulturbaustelle derzeit und die schönste: das Herzogliche Museum.

    Es liegt nur wenige Gehminuten von Kulturbaustelle Eins, dem Perthes-Forum, entfernt am Rande des Parkes, am Fuß des Schlosses Friedenstein. Hier ist derzeit noch in Bauplanen gehüllt, was Mitte Oktober die volle Pracht zeigen will. Bordeauxrot sind die ersten Wände der Ausstellungsfläche gestrichen. Wo jetzt noch Bauleitern stehen, sollen in wenigen Wochen Vitrinen sein, sagt Roland Krischke - der Sprecher der Stiftung Schloss Friedenstein:

    "Hier sieht es noch sehr nach Baustelle aus, man erkennt hier schon den künftigen Eingang für Behinderte, die hier hereinfahren können. Und hier ist der technische Bereich, sehr viel Kabel, immer noch Gerüste, Bauhandwerker."

    Der Weg nach oben führt über Holztreppen und malerische Steinmosaiken auf dem Boden, die helle, jetzt wieder strahlende lichtdurchflutete Architektur aus dem 19. Jahrhundert begeistert selbst ohne Kunstwerke und Vitrinen. Hier öffnet bald Thüringens größtes Museum seine Pforten, und nicht nur das, meint Roland Krischke:

    "Und wird die Vorzeigeadresse in der Kultur in Thüringen werden, das ist ganz klar. 3000 Quadratmeter Kunst von Ägypten bis Caspar David Friedrich, wunderbar saniert das Gebäude von 1879, eben fast eins zu eins erhalten."

    Und man möchte fast sagen "nur" 13 Millionen Euro teuer in der Sanierung. Mittel gab es vom Bund, vom Land und eben auch von der Stadt. Pragmatisch wird gebaut und vermutlich gut geplant. Kaum zu glauben, aber alles liegt im Zeitplan, sagt auch Martin Eberle - Direktor der Stiftung Schloss Friedenstein:

    "Hier ist Gott sei Dank alles gut verlaufen, es ist im Rahmen geblieben, im zeitlichen, im finanziellen Rahmen geblieben, das ist einfach eine gute Planung. Ohne dass man sagen will, es ist gleich etwas schlecht, weil es woanders anders läuft, das sind so unterschiedliche Voraussetzungen. Hier ist es einfach gut gelaufen. Punkt."

    Zurück im Perthes-Forum, das in anderthalb Jahren fertig sein soll. Dann ziehen hier nicht nur 200 Jahre Verlagsgeschichte von Perthes ein mit 185.000 Karten, sondern auch das Thüringer Staatsarchiv und das Depot der Stiftung Schloss Friedenstein.