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Koalitionsvertrag
Mehr Bildungsausgaben - nur: wofür?

Wirklich durchsetzen konnte sich die SPD mit ihren bildungspolitischen Ideen bei den Koalitionsverhandlungen nicht - und zeigt sich dennoch zufrieden. Bis zu sechs Milliarden Euro sollen in dieser Legislaturperiode mehr fließen. Wofür genau sagt der Vertrag allerdings nicht.

Von Jürgen König | 27.11.2013
    Die SPD konnte sich mit keiner einzigen zentralen bildungspolitischen Forderung durchsetzen. Dass man sich mit der Union nicht auf das Ziel verständigen würde, das Kooperationsverbot durch Verfassungsänderung aufzuheben, hatte sich schon in der Arbeitsgruppe abgezeichnet. Dass aber - zum Beispiel – das gesamte Vorhaben einer „spürbaren“ BAföG-Erhöhung, das beide Verhandlungsführerinnen, Johanna Wanka und Doris Ahnen, in trauter Einmütigkeit verkündet hatten, nun ersatzlos wegfällt, erstaunt dann doch.: Man werde „vorhandene Fördermöglichkeiten im Rahmen der Ausbildungsförderung (…) noch besser ausschöpfen und wo notwendig ausweiten“ – dabei wurde doch eben diese „Notwendigkeit“ längst festgestellt – nur vage Andeutungen sind geblieben.
    Zu einem neuen, milliardenschweren Ganztagsschulprogramm des Bundes, von der SPD gefordert, von der Kanzlerin in Aussicht gestellt, findet sich nurmehr ein einziger, lapidarer Satz: „Ausbau und Qualität von Kitas und Ganztagsschulen verbessern den Bildungserfolg der Kinder.“
    Gleichzeitig steht im Vertrag - „Bildung, Wissenschaft und Forschung“ seien „Kernanliegen der Koalition“, die „Grundlage, um Teilhabe, Integration und Bildungsgerechtigkeit zu verwirklichen“. Und daher wolle man „im Zusammenwirken von Bund und Ländern“ „die Mittel für Bildung nochmals erhöhen“. Bundeskanzlerin Angela Merkel, CDU:
    “Wir werden in die Zukunft investieren, und zwar in Forschung, in Bildung. Ich habe immer wieder von der Bildungsrepublik gesprochen. Wir kommen dem einen Schritt näher, indem wir in besonderer Weise Hochschulen unterstützen werden und auch den Kita-Ausbau weiter befördern wir werden zusätzlich drei Milliarden in die Forschung geben und den Aufwachs auch gerade bei den außeruniversitären Einrichtungen für die Länder mit übernehmen, damit Länder dann auch andere Aufgaben verbessert erfüllen können.“
    Sigmar Gabriel stimmte, gut gelaunt, Frau Merkel in allen Punkten zu. Bis zu sechs Milliarden Euro mehr als in der letzten Legislaturperiode will der Bund ausgeben – wofür genau - das sagt der Vertrag nicht.
    Eine „verlässliche Verbesserung der Grundfinanzierung der Hochschulen“ hatte die SPD gefordert und einen „Gleichklang“ mit der Förderung der außeruniversitären Forschungseinrichtungen - mit Steigerungsraten, wie sie der Wissenschaftsrat als „dringend erforderlich“ bezeichnet hatte: Raten, die einen „Inflationsausgleich zuzüglich mindestens ein Prozent“ nicht unterschreiten“ – im Vertrag findet sich dazu nur der Satz. „Wir werden in den nächsten vier Jahren seitens des Bundes den Hochschulen mehr Geld zur Grundfinanzierung zur Verfügung stellen.“
    Den Hochschulpakt wollte die SPD „dauerhaft auf hohem Niveau verstetigen“, im Vertrag steht nur: „Wir wollen den Hochschulpakt fortsetzen und zügig die Verhandlungen über die dritte Phase aufnehmen“. „Er hätte sich „verbindlichere Aussagen gewünscht“, sagte der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, Horst Hippler. Er begrüßte, dass das „Wissenschaftssystem als gesellschaftlicher Motor und die Hochschulen in seinem Zentrum“ erkannt werde, der Koalitionsvertrag lasse jedoch „noch offen, wie ernsthaft Konsequenzen aus dieser Erkenntnis für die künftige Regierungspolitik gezogen werden“.
    Für CSU-Chef Horst Seehofer indes kann an dieser Ernsthaftigkeit gar kein Zweifel bestehen.
    “Es werden durch diesen Vertrag massive Impulse für Infrastruktur, Forschung und Bildung gesetzt, das ist ein ganz wesentlicher Beitrag zur hohen Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland - und es ist eine maßgebliche Hilfe für die Länder und Kommunen, es sind Milliarden.“
    Der studentische Bundesverband liberaler Hochschulgruppen zeigte sich „schockiert“ über den Koalitionsvertrag. Die Hochschulfinanzierung bleibe unkonkret, von einer BAföG-Reform sei keine Rede mehr. Studierende kämen „besonders schlecht weg“, das „Bildungschaos“ sei „vorprogrammiert“.