Donnerstag, 28. März 2024

Archiv


Kommt später, wird dafür kleiner

Der Kölner Stadtrat lässt sich Zeit mit der Planung des neuen Stadtarchivs. Als Sparmaßnahme soll die Museumsbibliothek gestrichen werden. Man hofft auf mehr Unterstützung vom Land und von der Universität. Nach dem Einsturz des alten Archivs gefährdet der Rat so die Wiedergutmachung.

Von Jörg Biesler | 19.07.2013
    Wie tief kann man sinken? Die Stadt Köln hat einen Stadtrat, der offenbar gewillt ist, dieser in der Menschheitsgeschichte bislang nicht endgültig beantworteten Frage eine letzte Antwort zu geben. Seit Jahren schon bemüht er sich darum und findet dennoch immer neue, tiefere Tiefen. Die aktuelle Ratssitzung brachte abermals einen Erfolg in dieser Sache.

    Nachdem das Historische Archiv der Stadt samt Inhalt 2009 in einer Baugrube versank, wird an einem Neubau geplant, der neben dem Archiv im neuen nahezu unzerstörbaren Gehäuse endlich auch die viel gerühmte aber weit über die Stadt verstreute Kunst- und Museumsbibliothek aufnehmen soll. 420.000 Bände zur Kunst, gemeinsam mit dem Historischen Archiv und dem Rheinischen Bildarchiv in einem Haus. Eigentlich eine schöne Sache, ein Teil "Wiedergutmachung" hatte Oberbürgermeister Jürgen Roters das Projekt genannt. Und es gibt viel wiedergutzumachen, weil die Stadt als Bauaufsicht komplett versagt hatte, auch wenn die Ursache des Archiveinsturzes noch nicht endgültig geklärt ist.

    Nun aber wird die Wiedergutmachung auf sich warten lassen, 2015 sollte der Neubau eröffnen, der dringend gebraucht wird, weil das zum Teil stark beschädigte Archivgut in vielen Asylarchiven im ganzen Land liegt und dringend restauriert werden muss. Nun wird es frühestens 2018. Denn es muss umgeplant werden nach dem Willen des Rates. Um zu sparen! Um rund 20 Millionen, hat er ausgerechnet, wird der Neubau billiger, wenn nur das Archiv einzieht und nicht die Bibliothek. So gibt es schon seit Monaten einen Planungsstopp mit entsprechender Verzögerung, und weil nun neu geplant werden muss, dauert alles noch länger.

    Seit Monaten also hat der Kölner Stadtrat die Museumsbibliothek in Geiselhaft genommen und droht mit deren Schließung, weil die Universität Köln und das Land auf diese Weise zu einer Kostenbeteiligung gezwungen werden sollen. Das ist grundsätzlich nicht falsch, so eine herausragende Bibliothek nicht allein von der Kommune finanzieren zu lassen. Aber wie beschäftigt mit sich selbst muss man eigentlich sein, um zu glauben, dass wenn man ein Loch aushebt und die Bücher reinzuwerfen droht, irgendwann schon jemand kommt, der hilft.

    Tausende Bürger haben sich für die Bibliothek ausgesprochen, Künstler vom Range Gerhard Richters und Rosemarie Trockels, sogar der Direktor des New Yorker Museum of Modern Art. Die Universität hat angeboten, zwei Stellen zu finanzieren. Der Stadt ist das nicht genug, jahrzehntelang hat sie Hunderte Millionen hinausgeworfen für Immobilienprojekte, von denen einige wenige profitierten. Jetzt wo die Grundlage geschaffen werden könnte für einen notwendigen Neuanfang, für eine Besinnung auf die eigene starke Geschichte, da sind dem Rat wenige Millionen genug, um jede Grundlage zu unterminieren. Und siehe, das große Projekt Absinken kommt weiter voran, es geht noch tiefer. Es tun sich Abgründe auf.