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Konjunktur
Schwächere Zahlen, aber kein Grund zur Sorge

Die Liste der negativen Konjunkturdaten ist inzwischen schon recht ansehnlich: Die Stimmung der Einkaufsmanager in den USA ist gesunken, die der deutschen Verbraucher ebenso. Die deutsche Wirtschaft schaut pessimistischer in die Zukunft, denn der Exportüberschuss Deutschlands sinkt. Warum Experten dennoch keinen Grund zur Panik sehen.

Von Samir Ibrahim | 06.10.2014
    Ein Schiff beladen mit Containern
    Angesichts des schwächeren Euros könnte der Export nächstes Jahr wieder mehr anspringen. (deutschlandradio.de / Daniela Kurz)
    Nun also bestätigen die Zahlen zu den Auftragseingängen der Deutschen Industrie, was zu befürchten war: ein erheblicher Rückschlag.
    "Es scheint so, dass es jetzt relativ dicke kommt, bei den Konjunkturindikatoren," sagt Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Deka-Bank.
    Von der Euphorie im Frühjahr ist nicht mehr viel zu spüren. Im Gegenteil. An der Börse wird inzwischen davon ausgegangen, dass Europa in die Rezession fallen könnte. Deutschland ist zwar immer noch die Konjunkturlokomotive für die Euro-Zone, doch die angehängten Wagen sind inzwischen zu schwer. Der deutsche Außenhandel, also ausgerechnet der Konjunkturmotor des Landes schlechthin, stottert. Ulrich Kater warnt jedoch vor Panik, man habe aus deutscher Sicht zwei Arten von Ausland.
    "Zum einen die Weltwirtschaft: Hier läuft die Konjunktur relativ gut, insbesondere, allen voran, die Vereinigten Staaten. Das andere Ausland ist das europäische Umfeld und hier haben wir nur sehr wenige Lichtblicke in den europäischen Problemländern, beispielsweise in Spanien. Aber auch in anderen Ländern gibt es ausgesprochene Schwächesignale."
    Das geht so weit, dass auch in Deutschland inzwischen kaum noch investiert wird, um zum Beispiel für kommende Aufträge gerüstet zu sein. Die Europäische Zentralbank tut derzeit zwar alles, damit die Wirtschaft genau dafür genug Geld bekommt. Doch nachgefragt werden solche Kredite eben nicht. Warum auch, fragt sich David Kohl, Chefvolkswirt vom Bankhaus Julius Bär.
    Wenig Wachstum vor allem im europäischen Ausland
    "Warum soll ich investieren, wenn tatsächlich die Nachfragenseite recht schwach bleibt. Auf der anderen Seite gibt's auch Nachfrageelemente, die hier die Kreditvergabe hemmen. Und die Regulierung entfaltet hier auch tatsächlich keine neuen Kräfte. Man reguliert stärker, man schreibt den Banken mehr vor, hier Risiken einzugehen beziehungsweise nicht einzugehen. Das alles dämpft tatsächlich die Kreditnachfrage. Vielleicht sagt man in zehn Jahren, gut so, denn wir haben hier keine Übertreibung provoziert, aber das Ergebnis ist tatsächlich ein sehr bescheidenes Wachstum."
    Dass das Wachstum, speziell im europäischen Ausland so langsam anläuft hat mehrere Gründe. Zum einen, den noch zu Jahresbeginn starken Euro, dann die Sparbemühungen der Regierungen. Und die großzügige Kreditvergabe der früheren Jahre gehört der Vergangenheit an.
    "Sei es im Immobilienbereich: dort immer sehr sichtbar das große Beispiel Spanien. Im sonstigen Konsumbereich in Frankreich, Italien lebte man über seine Verhältnisse, weil die Kreditvergabe tatsächlich so locker war. Und da hat man sich in Europa entschieden, das relativ langsam zu machen. Und wenn man etwas langsam macht, dann dauert es halt etwas länger."
    Grund zur Sorge sehen die Volkswirte allerdings noch nicht. Zwar sind die Zahlen nicht eben erbaulich, die Konjunkturprognosen werden allerorten auch heruntergeschraubt. Doch schon im nächsten Jahr könnte sich beispielsweise der schwächere Euro wieder bemerkbar machen - und der Wirtschaft in Europa auf die Sprünge helfen. Volkswirte denken eben so: Sie sehen weniger das Jahr, oder ein Quartal, sie denken in Zyklen. Und der aktuelle Wachstumszyklus hat nun mal eben erst begonnen.