Montag, 29. April 2024

Hamas-Angriff
Kulturwissenschaftlerin Leder verurteilt "Glorifizierung des Terrors" durch einen Teil der deutschen Kulturszene

Die Stimmung und Haltung in der Kulturszene zum neuen Krieg im Nahen Osten zeigt sich nach Einschäzung der Publizistin Stella Leder uneinheitlich. Man habe auf der einen Seite das auffällige Schweigen, und es zeige sich auch Solidarität mit der israelischen Bevölkerung mit klaren Statements gegen Antisemitismus. Es gebe aber auch eine Glorifizierung des Terrors durch Kuratoren und Künstlerinnen und Künstler.

05.11.2023
    Demonstrierende Menschen nahe des Auswärtigen Amtes in Berlin am 18. Oktober 2023.
    Propalästinensische Demonstrierende vor dem Auswärtigen Amt in Berlin im Oktober: Auch aus der in der Hauptstadt stark vertretenen Kulturszene haben sich an den Protesten beteiligt. (picture alliance / ZUMAPRESS / Michael Kuenne)
    Leder zeigte sich schockiert von diesen Tendenzen im Kulturbetrieb, die den Hamas-Terror verherrlichten. Sie hätte nicht gedacht, dass latenter Antisemitismus über Nacht umschlage in einen offenen, eliminatorischen, betonte die Publizistin im Deutschlandfunk. Insbesondere die Kulturinstitutionen seien aufgefordert, ganz klar rote Linien aufzuzeigen und den Personen, die solche Äußerungen tätigten, zu verdeutlichen, dass diese Meinungen nicht akzeptiert seien und auch nicht zu einem demokratischen Diskurs gehörten.

    Zäsur für jüdische Menschen in Deutschland

    Leder bezeichnete diese Haltung eines Teils der Kulturszene als starke Zäsur für jüdische Menschen in Deutschland allgemein, aber auch für jüdische Künstlerinnen und Künstler im Speziellen. Sie müssten nun die Erfahrung machen, dass jüdisches Leben in diesen Diskursen als unwertes Leben behandelt werde. Die Kulturwissenschaftlerin kritisierte auch die Haltung einiger linker Intellektueller. Es sei unredlich, wenn diese den Terror der Hamas nicht als solchen benannten. Die Aufgabe Intellektueller nach dem 7. Oktober sei, sich davon erschüttern zu lassen und die eigenen Analysen und Sichtweisen zu überprüfen. Das passiere bisher zu wenig oder gar nicht und lasse israelische Intellektuelle völlig verzweifeln.
    Stella Leder ist Kultur- und Literaturwissenschaftlerin und lebt in Berlin. Sie arbeitete unter anderem für die Amadeu Antonio Stiftung in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg zu den Themen Antisemitismus, Gender und Rechtsextremismus.
    Ähnlich wie sie äußerte sich der Historiker und Pädagoge Meron Mendel in der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Er sei enttäuscht von der Kulturszene in Deutschland. Der dort weit verbreitete Aktivismus für die Hamas und andere palästinensische Organisationen zeige den moralischen Bankrott von Teilen des Kulturbetriebs: "Egal wie man politisch zum Konflikt steht, die Auffassung, dass eine dschihadistische Terrorgruppe eine progressive Befreiungsbewegung sei, ist völlig absurd." Gerade diese Art der Hamas-Unterstützung oder ihre Verharmlosung zeige, dass Teile der internationalen und der deutschen Linken ihren moralischen Kompass verloren hätten.
    Diese Nachricht wurde am 05.11.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.