Samstag, 27. April 2024

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Kunstraub in den Niederlanden
Van Gogh als Handelsgut für Schwerkriminelle

Weltberühmte Bilder von Van Gogh sind in der Regel nur schwer zu verkaufen, wenn man die Herkunft nicht nachweisen kann. Dennoch hat sich inzwischen "ein Kunstmarkt für Schwerkriminelle entwickelt", sagte Kunstkritiker Tobias Timm im Dlf.

Tobias Timm im Gespräch mit Stefan Koldehoff | 07.04.2021
Ein Polizeiwagen steht vor dem Museum Singer Laren in den Niederlanden. Im März 2020 wurde aus dem Museum ein Van Gogh-Gemälde gestohlen.
Die Polizei kommt zu spät - der wertvolle Van Gogh ist schon aus dem holländischen Museum geklaut worden (IMAGO / Hollandse Hoogte / Robin van Lonkhuijsen)
Vor ziemlich genau einem Jahr wurde ein frühes und trotzdem wichtiges Van Gogh-Gemälde aus einem Museum in Laren in den Niederlanden gestohlen, das dort als Leihgabe des Groninger Museums in einer Ausstellung hing. Der Täter kam auf einem Motorroller, zerschlug die gläserne Eingangstür, wanderte durch den Museumsshop, hatte auf dem Rückweg das Bild dabei, entledigte sich vor dem Museum des Rahmens und fuhr auf und davon.
In dieser Woche nun hat die Polizei in Utrecht bekanntgegeben, dass ein 58 Jahre alter Mann festgenommen wurde, der nicht nur in den Van Gogh-Diebstahl, sondern einige Monate später auch noch in den eines Altmeistergemäldes von Frans Hals verwickelt sein soll.

Kunstwerke für Kriminelle

Obwohl klar ist, dass solche Kunstwerke nicht für viel Geld an Kunstliebhaber verkauft werden können, werden sie immer wieder gestohlen und zwar von Kriminellen. "In Holland hat es in der Vergangenheit schon öfter Fälle gegeben in denen Verurteilte Haftverschonung erwirken konnten", sagte Kunstkritiker Tobias Timm ("Die Zeit"). Es sei immer wieder ein Problem, dass Kunstwerke zu einem Handelsgut für Verbrecher würden.
Zwei Mitarbeiter hängen van Goghs "Selbstbildnis vor der Staffelei" auf nachdem das Museum in Amsterdam umgebaut wurde. 
Einbruch im Van Gogh-Museum in Amsterdam 1991
Am 14. April 1991 gab es in Van Gogh-Museum in Amsterdam einen spektakulären Einbruch: Mehrere Täter stahlen gleich 20 Gemälde van Goghs im Wert von mehreren Millionen Euro.

Im vorliegenden Fall hat es allerdings nicht so funktioniert, wie geplant.
Zunächst war der in den Niederlanden bekannte Kunstdetektiv Artur Brand auf die Spur der gestohlenen Kunstwerke gekommen. Im Zuge seiner Recherchen fand er heraus, dass ein Krimineller das sehr teure Van Gogh-Bild nach dem Diebstahl für nur 150.000 Euro erworben hatte, und es dann schnell an einen bereits in Haft sitzenden Drogenschmuggler für 400.000 Euro weiterverkaufte.
"Die Theorie ist, dass die Entschlüsselung von Kryptohandys durch die Polizei für Aufregung gesorgt hat", so Timm. Die französische und niederländische Polizei konnten in den vergangenen Monaten zahlreiche Verbrechen aufklären, da sie eng zusammen gearbeitet haben und "den Chatverlauf der Dealer und Gangster nachverfolgen konnten."

Keine Haftverschonung

Die Aufregung in den kriminellen Kreisen, so Timm war groß, "so dass der eine Kriminelle den Van Gogh schnell an den anderen der in Haft saß, los werden wollte." Doch die holländische Regierung ließ sich nicht erpressen und stellte keinen Hafterlass in Aussicht.
Damit bleiben die wertvolle Kunstwerke jedoch weiter verschollen. Niemand weiß, ob die Arbeiten gut aufbewahrt werden und nicht stark beschädigt.
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Der Maler Vincent van Gogh hat viele Selbstportraits gemalt. Immer wieder allerdings tauchen Zweifel auf, ob der Mann auf den Bildern nicht vielleicht sein Bruder Theo sein könnte. Forscher in den Niederlanden kommen nun zu überraschenden Ergebnissen.

Leichte Beute

Es hat sich inzwischen ein Kunstmarkt für Schwerkriminelle etabliert. "Ein Handelssystem wie auf dem Kunstmarkt." Offensichtlich ist es häufig ein Leichtes, die teuren und unwiderbringlichen Arbeiten aus den Museen zu stehlen.
Auch die Diebe des Van Goghs hatten wohl keine großen Schwierigkeiten. "Wenn man sich das Video ansieht, wirkt es wie ein einfacher Spaziergang. In die Ausstellung rein und die Kunst rausholen."