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Kuriose Regelungen im Grenzbereich

Das Pflichtpfand auf Getränke-Einwegverpackungen soll möglichst schnell geändert und vereinfacht werden - nach Angaben des Bundesumweltministeriums sollen die Gespräche dazu bereits im kommenden Monat zu einer Novelle der Verpackungsverordnung führen. Noch aber gilt die seit dem ersten Januar eingeführte Regelung, die alles andere als gelungen ist - aufgrund der Untätigkeit des Einzelhandels. Diese Regelung führt immer wieder zu Verwirrung bei den Verbrauchern und auch zu kuriosen Randerscheinungen - vor allem im Grenzbereich.

Von Annette Eversberg | 13.01.2003
    Es ist kurz vor Geschäftsschluss. Da verlassen noch viele dänische Kunden die Supermärkte diesseits der deutsch-dänischen Grenze mit ganzen Paletten von Getränken. Auf das neue Dosenpfand in Deutschland angesprochen sagt ein älterer Herr: "Das ist nicht gut."

    Trotzdem liegen in den Einkaufswagen Dosen mit Cola, Fanta, Sprite oder auch Bier. Eine Gruppe dänischer Jugendlicher schiebt zwei Wagen zum Auto. Turmhoch mit Getränkedosen beladen. Eine hohe Summe Dosenpfand wird da fällig, so könnte man meinen. Doch auf die Frage, was sie nun bezahlt haben, kommt nur eine Antwort:

    Nur den Preis, kein Pfand. Wir haben nur einen Zettel ausfüllen müssen, dass wir es mit nach Dänemark nehmen.

    Wie den jungen Leute, so ergeht es auch anderen Kunden. Auf die ist der dänische Grenzhandel angewiesen. Getränke sind das, was am meisten läuft. Deshalb befürchten sie, dass die Kunden wegen der neuen Pfandpflicht für Getränkedosen in Deutschland ausbleiben könnten. Sie befreien die dänischen Kunden vom Dosenpfand, wenn sie eine Erklärung unterschreiben, dass sie innerhalb von 24 Stunden Deutschland wieder verlassen. Der Hamburger Rechtsanwalt, Dr. Fritz von Hammerstein, glaubt dafür eine Lücke in der Verpackungsverordnung entdeckt zu haben. Man sei der Auffassung, dass Getränkedosen, die für den Export bestimmt sind, nicht der Pfandpflicht unterliegen. Für die Geschäfte, die schließlich in einer strukturschwachen Region liegen, sei ein Ausfall von Kunden kaum zu verkraften. Auch die Gemeinden, auf deren Boden sich die Geschäfte befinden, können auf die aus dem Grenzhandel fließenden Gewerbesteuern nicht verzichten. Vor allem dann, wenn diese Steuern, so von Hammerstein, im Einzelfall 50 Prozent des Gesamtsteueraufkommens ausmachen.

    Die jungen Leute, die eine Computerparty feiern wollen, sind von weit her gekommen. Sie sind froh, dass sie kein Pfand bezahlen müssen, denn der Aufwand für den Einkauf wäre größer als früher.

    Es ist ja immer wieder schön, wenn wir diesen Einkauf machen können, und immer auch etwas verdienen können. Wir verkaufen die Dosen ja zu den Parties. Und dann ist es nicht schön, dass wir die Preise hochsetzen müssen, z.B. zwei Euro nehmen müssen oder ein Euro mehr als wir früher gemacht haben. Das ist nicht so gut.

    Und dann kommt dazu noch der Umstand mit dem Rücktransport:

    Mit dem Pfand, dann dürfen wir die Dosen nicht zusammenrollen, dann müssen wir es hier zurückgeben, wo wir es gekauft haben, das ist zu schwierig.

    Wie die jungen Leute denken zu dieser späten Stunde auch andere Kunden, die eine längere Anfahrt hinter sich haben.

    Nein, wenn man in Deutschland Pfand bezahlen solle, dann werde man nicht wiederkommen. Dann könne man auch in Dänemark kaufen.

    Davon ist Peter Christensen vom Grenzsupermarkt Rita auf dänischer Seite nicht überzeugt.

    Das glaube ich nicht. Die Leute fahren trotzdem nach Deutschland. Auch für die Steuern und so. Die kaufen oft drei Kisten für 100 Kronen, da können wir gar nicht mithalten, mit den dänischen Steuern. Auch wenn da zwei Kronen Pfand pro Dose draufkommt. Das glaube ich nicht.

    Und außerdem sind Dosen in Dänemark fast kein Thema mehr. Seit der Einführung des Dosenpfands im September letzten Jahres findet man in den Regalen des Supermarkts fast nur noch Flaschen. Die Werbung der Carlsbergbrauerei für Dosenbier wirkt da schon lächerlich. Peter Christensen:

    Quatsch ist das. Da soll man glauben, dass mehrere Paletten hier stehen würden. Das tut es ja gar nicht - im Vergleich was sie da machen bei Carlsberg. Das sind ja nur vier oder fünf Dosen von jedem. Dann hat sich das.

    Die ökologische Maßnahme hat damit in Dänemark ihr Ziel erreicht. Und so gibt es auch unter den dänischen Grenzkunden, die in Deutschland kaufen einige, die ganz pragmatisch denken, sollten auch sie einmal das deutsche Dosenpfand bezahlen müssen.

    Dann kaufen wir in Flaschen. Kein Problem.