Donnerstag, 18. April 2024

Archiv

Leistungssport
"Die Grundmaximen des Leistungssports müssen in 50 Jahren definitiv andere sein"

Nicht nur wegen Dopings sei das heutige System Spitzensport voller Mängel. Auch der ungedopte Hochleistungssport komme an die Grenzen seiner Existenzberechtigung, sagte Reinhard Merkel, Mitglied im Deutschen Ethikrat und ehemaliger Spitzensportler, im DLF. Denn er werde mit hohen Leidenskosten der Athleten bezahlt.

Reinhard Merkel im Gespräch mit Andrea Schültke | 19.03.2017
    Prof. Dr. Reinhard Merkel (Strafrechtler) in der ZDF-Talkshow "maybrit illner" am 20.02.2014 in Berlin.
    Reinhard Merkel, Rechtsphilosoph und Strafrechtler. (dpa / picture-alliance / Eventpress Stauffenberg)
    Die Gesellschaft bis hin zum Innenministerium würden zwar Doping verurteilen, Hochleistungssport aber nur dann als wertvoll erachten, wenn zählbare Erfolge zu verzeichnen seien. Dies seien gegenläufige Imperative, sagte Reinhard Merkel, Mitglied im Deutschen Ethikrat, ehemaliger Leistungsschwimmer und Olympiateilnehmer 1968 in Mexiko.
    Merkel bezeichnete die Sportphilosophie in Deutschland als unterentwickelt im internationalen Vergleich, in dem die Disziplin weit fortgeschritten sei. Er kritisierte zudem, dass in den obersten Gremien des Sports auf die Kompetenz der Ethiker verzichtet würde. Auch die Ethiker sollten in den Sportverbänden "aktiv werden und sagen, ihr habt eine noch nicht erledigte Aufgabe". Diese Aufgabe sei, die Grundlagen des Hochleistungssports zu reflektieren.
    Man bewundere zwar Usain Bolt und Michael Phelps, sehe aber nicht, dass es in deren Hintergrund Zehntausende gebe, die potentielle Erfolge in ihrer sportlichen Karriere "mit physischen Leiden und biographischem Schieflaufen der eigenen Entwicklung bezahlen".
    Das vollständige Gespräch können Sie mindestens sechs Monate in unserer Mediathek nachhören.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.