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Libyen
Deutsche Initiative für freie Presse

Die Aufbruchstimmung der Medien in Libyen ist nach dem Sturz des Gaddafi-Regimes 2011 einem Klima der Einschüchterung und Selbstzensur gewichen. Willkürliche Festnahmen, Drohungen, Entführungen und Folter von Journalisten machen unabhängige Berichterstattung unmöglich. Jetzt will die Deutsche Welle gegensteuern.

Von Shikiba Babori | 15.08.2015
    Das Logo des Auslandssenders Deutsche Welle
    Das Logo des Auslandssenders Deutsche Welle: In Libyen will man eine unabhänige Presse aufbauen. (dpa / picture alliance / Oliver Berg)
    Der staatliche Sender Al Wataniya sendet sein TV Programm von Tripolis aus. Neben Talkshows und Soaps sendet er auch Nachrichten. Tareq Al Houny, ein libyscher Journalist beschreibt das Verhältnis der libyschen Bevölkerung zu den Medien:
    "Die meisten Libyer haben das Vertrauen in die Medien verloren. Denn für sie sind die Medien zu einem Teil der internen Misere geworden. Deshalb wendet sich die Bevölkerung immer mehr von ihnen ab und informiert sich über persönliche Kontakte und soziale Medien wie Facebook und Twitter. Auch für die Medien-Profis sind die soziale Medien zu einer wichtigen Quelle geworden, obwohl wir uns absolut nicht auf sie verlassen können."
    Tareq Al Houny ist 47 Jahre alt. Bis letztes Jahr arbeitete er als Geschäftsführer des Senders Al Wantanya in Tripolis. Und weil er sich nicht einschüchtern und manipulieren ließ wurde er mehrfach von bewaffneten Gruppen bedroht und entführt. Heute lebt er in Tunis, wo er für die Deutsche Welle Akademie im Rahmen eines EU Projektes eine virtuelle Nachrichtenagentur in Libyen entwickelt.
    Sein deutscher Kollege und Koordinator der neuen Agentur Martin Hilbert, beschreibt das Besondere an der neuen Agentur:
    "Die Korrespondenten liefern, wie in jeder anderen Agentur auch, Ideen. Schlagen das dem Desk vor. Der Desk schaut sich an, was das für eine Idee ist und ob es wert ist, Geld und Zeit zu investieren. Ist dieses der Fall, gibt es die Rückmeldung 'ja, mach das'. Dann wird das produziert und in eine Servertechnik eingespeist. Die Fakten werden von da gecheckt. Sprich, es wird telefoniert, es werden Leute kontaktiert. Und es wird tatsächlich doppelt überprüft, ob die Fakten stimmen. Dann geht es On Air. In einer Stufe wird sie auf jeden Fall webbasiert arbeiten. Das heißt, die Subskribenten können dann das Material herunterladen und in ihre Nachrichtensendungen einbauen. Print, Online, Radio und Fernsehen."
    In der Libyan Cloud News Agency werden die Daten in einem virtuellen Raum zwischengelagert. Warum das wichtig ist, erklärt Hilbert so:
    "Das ist der Situation geschuldet. Denn die Gebäude in Libyen, wo bis jetzt die Nachrichten bearbeitet wurden, wurden ständig angegriffen. Sobald man sagt, hier werden Nachrichten gemacht, hat man irgend eine Miliz an der Backe. Und um das zu verhindern, baute man von vorne herein auf ein virtuelles Konzept. Das hat den Vorteil, dass die Korrespondenten nicht bekannt sind. Wir kennen sie natürlich, also der Editorial Desk kennt natürlich seine Mitarbeiter, aber die Veröffentlichung passiert unter den Namen der Agentur und damit haben wir eine relative Sicherheit für die vor Ort arbeitenden Korrespondenten."
    Diese Sicherheit gibt den libyschen Journalisten die Möglichkeit, frei über die Ereignisse im Land zu berichten. Dies wiederum hilft der libyschen Bevölkerung ihr Vertrauen in die Medien zurück zugewinnen. Davon ist Tareq Al Houny, Leiter des Libyan Cloud News Agency überzeugt:
    "Ein arabisches Sprichwort sagt: 'Eine gefälschte Nachricht ist die Schuld des Erzählers', was so viel bedeutet wie, unzuverlässige Nachrichten fallen auf die zurück, die sie verkünden. Libysche Journalisten sind fest davon überzeugt, dass es das Recht eines jeden Bürgers ist, informiert zu werden. Deshalb die Libyan Cloud News Agency. Denn als libysche Journalisten bestehen wir auf freie, unabhängige und wahrheitsgetreue Nachrichten. LCNA hat mehr als 100 Korrespondenten und Journalisten in Libyen, die die Möglichkeit haben, frei und unabhängig zu arbeiten."