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Ludwig-Maximilians-Universität München
Streit um die Akkreditierung der AfD-Hochschulgruppe

EEinzige Voraussetzung etwa für die kostenlose Raumnutzung an der Ludwig-Maximilians-Universität München ist die Akkreditierung. Diese verweigerte der Fachschaftskonvent einer der AfD nahestehenden Gruppe. Die protestierte und bekam Recht.

Von Michael Watzke | 22.07.2016
    Zwei Studenten stehen vor einem Schwarzen Brett mit vielen Zetteln.
    Studenten suchen am Schwarzen Brett der Ludwig-Maximilians-Universität in München nach Wohnangeboten. (dpa / Matthias Balk)
    Till Heckelbacher ist wütend. Heute früh verschickt der Vorsitzende der JuSo-Hochschulgruppe an der LMU München eine geharnischte Pressemitteilung. Dort geißelt Heckelbacher ...
    "... eine sehr schlechte, fatale Entscheidung. Es darf in einem Kampf gegen rechts nie die Option sein, die eigenen Mitbestimmungsrechte aufzugeben, um sie den Rechten quasi auch zu nehmen. Man weicht ja quasi im Vorhinein zurück."
    Die fatale Entscheidung hat aus Heckelbachers Sicht der Konvent der Fachschaften getroffen. Eine Art parlamentarisches Gremium, das als Bindeglied zwischen Hochschulgruppen, Fachschaften und der Universitätsleitung fungiert. An diesen Konvent hatte sich die AfD-nahe Campus-Alternative gewandt mit der Bitte um Akkreditierung, erklärt Florian Siekmann, der Geschäftsführer des Konvents.
    "Die Akkreditierung wurde abgelehnt. Das war nicht das erste Mal. Auch im Vorfeld ist die förmliche Anerkennung bereits verwehrt worden, wenn Zweifel bestanden, dass die Ziele der Gruppen mit den Aufgaben der Studierendenvertretung vereinbar sind."
    Mehrere Gruppen erhielten keine Akkreditierung
    In den vergangenen Monaten hatte der Konvent bereits die Akkreditierung des Rings christlich-demokratischer Studenten, RCDS, und einer anderen christlichen Hochschulgruppe abgelehnt. Die Campus Alternative wollte sich das nicht gefallen lassen und beschwerte sich bei LMU-Präsident Bernd Huber. Mit Erfolg, sagt Christoph Steier, der Vorsitzende der Hochschulgruppe Campus-Alternative:
    "Durch unseren Einsatz ist es so gewesen, dass Herr Huber die Ablehnung der Campus Alternative, des RCDS und der Christen aufgrund des undemokratischen Verhaltens des Konvents der Fachschaften aufgehoben hat."
    Der Konvent hätte also die Campus Alternative akkreditieren müssen. Das wollte die Versammlung aber mehrheitlich nicht. Dabei sei es gar nicht in erster Linie um die AfD gegangen, sagt Florian Siekmann, sondern um die Tatsache ...
    "... dass wir in Zukunft fast vorbehaltslos die Akkreditierung erteilen müssten. Aber dazu ist die Studierendenvertretung nicht bereit."
    Also schaffte der Konvent das Akkreditierungsverfahren für alle Hochschulgruppen ab. Und das bringt Till Heckelbacher von den JuSos, also den der SPD nahestehenden Jungsozialisten, auf die Palme. Sein Fazit:
    "Es hat ein Haufen Rechtsradikaler geschafft, die Uni zu entpolitisieren."
    Ein Haufen Rechtsradikaler? Christoph Steier protestiert. Die AfD sei weder verboten noch werde sie vom Verfassungsschutz beobachtet. Wegen eines Akkreditierungsgesuchs der Campus Alternative das ganze Verfahren auszuhebeln, so Steier, sei undemokratisch und dumm:
    "Ist es dann jetzt so, dass wir im Bundestag alle anderen Parteien auflösen, nur um die AfD zu verhindern? Das ist doch kein demokratisches Verständnis. Wir als Campus Alternative haben den anderen Hochschulgruppen explizit immer angeboten: Hey, wir können miteinander reden. Wir sind keine Rechtsextremen."
    Linke Gruppen protestieren gegen die Campus Alternative
    Till Heckelbacher von den JuSos sieht das anders. Deshalb hat er heute Morgen die Pressemitteilung verschickt. Unterstützt wird er von acht meist linken Hochschulgruppen, etwa der DGB-Hochschulgruppe, des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes und der islamischen Hochschul-Vereinigung. Heckelbacher verlangt, dass der Konvent seine Auflösungsentscheidung zurücknimmt oder zumindest vertagt.
    Notfalls müsse man sich mit der Hochschulleitung anlegen. Der Ausschluss der Campus Alternative müsse bestehen bleiben. Mit Rassisten, so Heckelbacher, werde man keine Räume teilen.
    "Islamischen Studenten sagen zu müssen, ihr müsst das jetzt auch aushalten, weil das sind ja diejenigen, die von der Diskriminierung und dem Rassismus betroffen sind, das finde ich einen sehr problematischen Punkt."
    Christoph Steier sagt, er habe überhaupt kein Problem, sich mit Muslimen einen Raum zu teilen. Und Diskriminierung habe er selbst erfahren – verbal und körperlich. Bei einer Linken-Demo auf dem Geschwister-Scholl-Platz vor der Uni sei er kürzlich bespuckt, getreten und beleidigt worden. Er habe Anzeige erstattet. Till Heckelbacher findet, Steier stelle sich zu Unrecht als Opfer dar.
    "Das ist eine aufgeheizte Stimmung. Dass es da mal zu irgendwelchen Auseinandersetzungen kommen kann ... ich heiße es nicht gut, wenn jemand angegriffen wird, aber es ist auch eine gewisse Provokation, wenn er jetzt bei einer Demo, die eindeutig gegen die AfD und gegen Rechte gerichtet ist, da auftritt."
    Steier sagt, er habe nicht provozieren wollen, sondern einen Termin gehabt beim LMU-Präsidenten. Thema: die verweigerte Akkreditierung als Hochschulgruppe.
    Denn in einem sind sich Heckelbacher und Steier einig: Durch die Aufhebung des Hochschulbeschlusses würden Studierenden, die sich selbstständig organisieren und ihre eigene Uni mitgestalten wollten, massive Steine in den Weg gelegt. "Wir dürfen das nicht mit uns machen lassen!" sagen beide.