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Luftfahrt
TUIfly und Air Berlin in Turbulenzen

Der Reisekonzern TUI gehört zu den größten der Welt. Die deutsche Tochterfluggesellschaft TUIfly soll mit Teilen der kriselnden Air Berlin fusionieren. Erheblichen Unmut ruft das bei den Mitarbeitern von TUIfly hervor. Sie fürchten um ihre Jobs. Massenhafte Krankmeldungen haben sogar zur Annulierung von Flügen geführt.

Von Thomas Weinert | 05.10.2016
    Ein Flugzeug von Air Berlin in Frankfurt am Main
    Massenhafte Krankmeldungen bei TUIfly haben zu vielen Annulierungen geführt, insbesondere auch bei Air Berlin, die sich für viele ihrer Strecken an Flugzeugen und Besatzungen von TUIfly bedient. (dpa / picture-alliance / Daniel Reinhardt)
    Die geplanten Umstrukturierungen bei Air Berlin und ein Mitarbeiterbrief der Geschäftsleitung von TUIfly schlagen den Crews des Ferienfliegers aus Hannover kräftig auf den Magen. Massenhafte Krankmeldungen seit dem langen Wochenende bei TUIfly haben zu vielen Annulierungen geführt, insbesondere auch bei Air Berlin, die sich für viele ihrer Strecken an Flugzeugen und Besatzungen von TUIfly bedient.
    Nicoley Baublies, Tarifvorstand der Flugbegleitergewerkschaft Ufo, wirbt gegenüber dem Deutschlandfunk vor allem mit Sicherheitsbedenken um Verständnis für das Verhalten der Kolleginnen und Kollegen:
    "Crewmitglieder im Cockpit, aber auch in der Kabine, sind dafür da den Kopf frei zu haben, zu evakuieren, Feuer zu löschen, Sicherheit zu vermitteln, sie selbst sind jetzt aber aus dem Nichts in eine sehr verunsichernde Situation gebracht worden und da ist es auch die Verantwortung der Crewmember, wenn sie den Kopf nicht frei haben, sich unfit zu melden, bis hin zu, dass sich der eine oder andere auch wirklich krank fühlt und sich nicht in der Lage sieht, so einen Flug durchzuführen. Dass solche Dinge passieren, das hätte das Management bei diesen Nachrichten und dieser schlechten Kommunikation vorhersehen können."
    Neue Ferienfluggesellschaft soll entstehen
    Die Gespräche zwischen Air Berlin Großaktionäre Etihad, der TUIfly und der österreichischen Air Berlin Tochter Niki wurden lange nicht kommentiert, um heute bestätigt zu werden. Es soll eine neue Ferienfluggesellschaft entstehen – mit Tarifbedingungen, vor denen sich insbesondere die TUIfly Crews fürchten.
    Den Schaden haben vor allem die Passagiere von Air Berlin, die sich nun gehäuft mit Annulierungen ihrer Flüge konfrontiert sehen. In der heutigen Berliner Tagespresse ist von "Skandal, empathielosem Verhalten und absolut unangemessenen Reaktionen" die Rede. Diese Zustände treffen derzeit vor allem den Flughafen Tegel.
    Marion Jungbluth vom Verbraucherzentralen Bundesverband gegenüber dem rbb-Fernsehen: "Die Fluggäste sind gut beraten, Air Berlin an ihre Verpflichtungen zu erinnern und wenn sie da nicht Gehör finden, dann müssen sie eine Beschwerde an Air Berlin richten und wenn sie dann auch wieder keine Antwort bekommen, dann sollen sie sich an die Schlichtungsstelle öffentlicher Personenverkehr wenden oder notfalls auch einen Anwalt zurate ziehen."
    Belegschaft ist verunsichert
    Je nach Entfernung sieht die aktuelle Gesetzgebung 400 Euro Entschädigung vor, allerdings hat noch kein Gericht geklärt, ob die Krankmeldungen von Crews zu jenen "außergewöhnlichen und unvermeidlichen Umständen" gehören, auf die sich Airlines berufen können, um eben jenen Verpflichtungen zu entgehen.
    Unterdessen gehen die Krankmeldungen weiter, die Belegschaft in Hannover bleibt sehr verunsichert. Ufo-Vorstand Nicoley Baublies:
    "Kann ich denn einer Geschäftsleitung vertrauen, die mir ohne eine Vorwarnung einen Mitarbeiterbrief schickt, in dem drinsteht: 'Wir werden verkauft, die Etihad und irgendeine Stiftung in Österreich werden uns künftig mehrheitlich besitzen'? Da fehlt das Vertrauen, das ist das eine. Und zum zweiten muss man das wirklich nicht glauben, warum mache ich es denn mit einem österreichischen Konstrukt, warum mit einem Stiftungsrat, in dem wiederum ein Herr Pichler und sogar ein Herr Hunold sitzen."
    Joachim Hunold hatte Air Berlin einst groß gemacht, war aber für seinen ruppigen Umgangston legendär.
    Mehr als 50 Flüge gestrichen
    Betriebsübergänge, Wegfall von Tarifbedingungen, das seien alles Dinge, die man in der Branche schon erlebt habe, so Baublies. Er bezieht sich dabei auch auf die von der Lufthansa nach Österreich ausgegliederte Eurowings-Flotte. Die Eurowings, die ihrerseits von Air Berlin Flugzeuge für den Kurz- und Mittelstreckenverkehr übernehmen soll, hat entsprechende Auseinandersetzungen mit ihrer Belegschaft bereits hinter sich, Streiks konnten allerdings vermieden werden. Ob das bei TUIfly auch gelingt, ist derzeit die Frage: "Das heißt, die Leute haben berechtigte Sorgen, dass das Lippenbekenntnisse sind, die hier geäußert worden sind." Air Berlin teilte heute mit, dass 32 Flüge gestrichen worden seien und verweist für aktuelle Fluggastinformationen auf airberlin.com. Auch bei TUIfly werden mehr als 20 Flüge annulliert.