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Luftstützpunkt Manas vor der Schließung?

Die USA unterhalten zum Ärger Moskaus Militärbasen in Usbekistan, Afghanistan, Pakistan und Kirgisien, also im Vorgarten Russlands. Der US-Luftstützpunkt in Kirgisien entstand im Dezember 2001 zur Unterstützung der Anti-Terror-Operation in Afghanistan. Ob die 1200 Soldaten auch weiterhin in Kirgisien stationiert bleiben, ist fraglich.

Von Robert Baag | 03.02.2009
    Fast ein halbes Jahr ist es her, der kurze Krieg Russlands mit Georgien um die von Tiflis abtrünnigen Provinzen Südossetien und Abchasien waren noch frisch in Erinnerung, da rief in der tadschikischen Hauptstadt Duschanbe Russlands Staatspräsident Dmitrij Medwedew zur Geschlossenheit auf:

    "Festzustellen bleibt, dass Versuche anhalten, politische Ziele mit gewaltsamen Methoden zu erreichen. Und es ist gut bekannt, wer die Georgier gewähren ließ und sie sogar aufgewiegelt hat."

    Der nicht namentlich genannte Adressat von Medwedews Anklage war den Staats- und Regierungschefs bei diesem August-Gipfel der so genannten "Schanghai Organisation für Zusammenarbeit" sofort klar - gemeint waren die Vereinigten Staaten von Amerika. Russland, China und ehemalige sowjetische zentralasiatische Republiken gehören dieser - abgekürzt - "SOZ" an.

    Medwedews indirekter Appell sich gegen die USA zusammenschließen und die Reihen im eigenen, an Afghanistan grenzenden Hinterhof, auszurichten, stieß allerdings nur auf ein lauwarmes Echo. Denn ob Tadschikistan, Usbekistan oder Kasachstan, sie alle spielen seit langem ihr eigenes Spiel, weiß der Moskauer Journalist und Zentralasien-Experte Arkadij Dubnow:

    "Sie werden immer lavieren und balancieren, sie werden wie Säuglinge sich jeder Brust zuwenden, die sich ihnen bietet. Zur russischen Brust aus dem einen Grund, zur westlichen Brust aus einem anderen Grund."

    Jüngstes Beispiel: Die angeblich bevorstehende Kündigung des US-Luftwaffenstützpunktes Manas seitens der kirgisischen Regierung - ein möglicher Gesprächspunkt während des heutigen Arbeitsbesuches von Kirgistans Präsident Kurmanbek Bakiev in Moskau. Bereits seit Jahresbeginn kursieren derlei Gerüchte. Doch noch am 20. Januar dementiert dies der unter anderem für Zentralasien und Afghanistan zuständige US-General David Petraeus nach Gesprächen in der kirgisischen Hauptstadt Bischkek. Ihm sei von einer bevorstehenden Schließung nichts bekannt, zitieren ihn Agenturen. Und auch Arkadij Dubnow ist sich sicher: "Manas wird nicht geschlossen", sagt er, denn:

    "Es wäre doch dumm, eine Henne zu schlachten, die goldene Eier legt. Und man könnte ja noch mehr Mietgebühren herausverhandeln. Zweitens: Ein kleines Land wie Kirgistan kann es sich kaum leisten, stark mit einem Zweig zu wedeln, auf dem viele Menschen sitzen, der sie ernähren kann. - Diese Gerüchte sind eine Einladung an die USA zum Handel."

    Der Luftwaffen-Stützpunkt Manas, das weiß die kirgisische Führung, hat für das US-Militär eine wichtige strategische Bedeutung - Dubnow:

    "Manas ist unerlässlich, weil es die einzige den USA verbliebene zentralasiatische Airbase für AWACS-Aufklärungsflugzeuge ist. So können sie auch chinesisches und iranisches Territorium überwachen, nachdem Usbekistan ihnen schon vor einiger Zeit den Stützpunkt Karzhy-Chanabad geschlossen hat."

    Zwar gebe es durchaus Stimmen in Kirgistan, die den Aufenthalt von US-Soldaten in ihrem Land beenden möchten, denn es sei immer wieder zu Konflikten mit der muslimischen Bevölkerung gekommen. Aber die Fronten "pro- und-contra-US-Präsenz" in Kirgistan verlaufen quer durch die Reihen von Regierungsanhängern und Opposition.

    Selbst Russland, das sonst argwöhnisch, empfindlich, oft geradezu eifersüchtig auf amerikanische Versuche reagiert hat, sich im so genannten "russischen Hinterhof" Zentralasien einzurichten, lässt neuerdings sanftere Töne hören - schließlich habe Russland durchaus Nutzen vom NATO-Engagement im benachbarten Afghanistan. So äußerte sich kürzlich ausgerechnet der als anti-westlicher "Falke" geltende Dmitrij Rogozin, Botschafter Russlands bei der NATO in Brüssel:

    "Was wäre denn, wenn die NATO nicht in Afghanistan operieren würde? Gegen wen würden sich denn dann die Gewehrläufe, die Aufrufe der Taliban und eines ähnlichen Publikums richten, die sich dort versammelt haben, um gegen den Westen zu kämpfen? Würde die NATO dort verlieren, würden sich die vom Sieg trunkenen Fundamentalisten nach Norden wenden, über Tadschikistan, Usbekistan weiter vorstoßen - bis an unsere Grenzen."