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Magister und Diplom adieu!

Wenn eine Universität mit 35.000 Studierenden ihre Lehre auf einen Schlag vom Magister- und Diplom-Studium auf das System von Bachelor- und Master-Studiengängen umstellt, dann ist das ein Kraftakt für alle Beteiligten. Doch der Systemwechsel en bloc macht nach Auffassung der Universität Mainz Sinn.

Von Christoph Gehring | 22.01.2008
    Doch die Mühe war Georg Krausch, dem Präsidenten der Mainzer Johannes-Gutenberg-Universität heute Mittag nicht anzusehen, als er begründete, weshalb seine Hochschule den Systemwechsel zum Beginn des Wintersemesters 2008/2009 en bloc vornimmt, statt die Studiengänge der Reihe nach umzustellen:

    "Es gibt viele Interdependenzen zwischen den Studiengängen durch Neben- und Beifächer, so dass man sich schwer tut, sozusagen ein Fach nach dem anderen umzustellen, so dass es organisatorisch besser um nicht zu sagen: notwendig ist, dass wir diese große Zahl von Studiengängen auf einmal umstellen. "

    90 Bachelor- und 80 darauf aufbauende Master-Studiengänge bietet die Mainzer Uni ab Herbst 2008 an – das sind auf den ersten Blick 25 Fächer weniger als bisher. Den Schwund erklärt Bernhard Einig, der Leiter der Universitätsabteilung "Studium und Lehre" so:

    "Um ein Beispiel zu nennen: Im Augenblick, in der Magister-Struktur, haben wir noch vier oder sogar fünf historische Studienfächer, die jeweils einzeln studiert werden können. Und die Historiker haben sich entschieden, einen gemeinsamen Studiengang Geschichtswissenschaften anzubieten, in dem alle Fächer – die Alte Geschichte, die Mittlere und die Neue Geschichte, aber auch die Byzantinistik und die Osteuropäische Geschichte – zusammenarbeiten, um eine gemeinsame Grundlage dafür zu schaffen, dass dann nachfolgend die Studierenden, entsprechend dem Schwerpunkt, den sie im Rahmen ihres Grundstudiums gewählt haben, ihr Fach disziplinär vertiefen können im Master-Studiengang. "

    Die akademische Vielfalt, das verspricht die Hochschulleitung, soll unter der Straffung des Angebots nicht leiden. Uni-Präsident Georg Krausch findet sogar, dass die Zusammenführung von sogenannten "kleinen Fächern" – weniger Wohlmeinende nennen sie "Orchideen-Disziplinen – diese sogar stärken werde:

    "Dieser Prozess, den Herr Einig geschildert hat am Beispiel der Geschichte, ist ein klarer Prozess zum Schutz der kleinen Fächer. Indem sich die kleinen Fächer – in Anführungszeichen – zusammenbinden und gemeinsam etwas machen, werden sie sozusagen... werden sie unverzichtbar, weniger angreifbar. Und das ist uns sehr wichtig, weil das eine Qualität unserer Universität ist, dass wir diese vielen kleinen Fächer haben. "

    Neben den vielen, kleinen Fächern, die die Uni erhalten will, wird es in Zukunft auch viele, kleine Prüfungen geben: Wo für einen Magister-Studiengang bisher acht oder zehn Prüfungsergebnisse über die Abschlussnote entscheiden, gibt es künftig nach jedem Studien-Modul eine Leistungskontrolle, die in die Endnote einfließt. Wieviele Module absolviert werden müssen, ist von Fach zu Fach unterschiedlich – aber der Bachelor-Student wird im Laufe von sechs Semestern mindestens 15 für den Studienabschluss relevante Noten sammeln – es können allerdings auch ein paar mehr sein, sagt Bernhard Einig von der Abteilung "Studium und Lehre":

    "Je nachdem, wie diese Studiengänge gestrickt sind, kann es sogar sein, dass sich die Zahl der Modulprüfungen noch erhöht, wenn die Module kleiner geschnitten sind, so das wir dann 25 Modulprüfungen haben. "

    Für die Studierenden sei das trotzdem gut, findet Bernhard Einig, weil eben nicht mehr eine einzige versemmelte Prüfung den ganzen Studienerfolg zunichte machen könne, sondern sich am Ende ein Gesamtbild aus allen sechs Bachelor-Semestern ergebe. Den zusätzlichen Prüfungs- und Verwaltungsaufwand wollen sie in Mainz mit einem "integrierten Campus-Management-System" in den Griff kriegen. Das ist ein alles in allem zwei Millionen Euro teures Webportal für alle Studierenden, Lehrenden und Verwaltungsmitarbeiter der Mainzer Uni, in dem die Noten verwaltet, aber auch Stundenpläne, Seminaranmeldungen und sogar die Kommunikation zwischen Professoren und Studenten organisiert werden soll. Der gusseisernen Zuversicht der Hochschulleitung, dass am Ende alles gut werde bei der Umstellung auf Bachelor und Master, hat selbst der AstA der Mainzer Uni nicht viel entgegenzusetzen – immerhin waren die Vertreter der Studierenden an der Konzeption und Ausgestaltung der neuen Studiengänge beteiligt. Problematisch wird es nur für diejenigen, die noch im alten System von Magister und Diplom mit dem Studium begonnen haben: Die können sich zum kommenden Sommersemester das letzte Mal überlegen, ob sie vielleicht ein Nebenfach wechseln oder etwas ganz anderes studieren wollen – danach ist ein Fächerwechsel zwangsläufig mit einem kompletten Neustart des Studiums verbunden, bemängelt Marcel Hüttel vom AstA der Uni Mainz:

    "Wer jetzt in einem 3. Semester ist und sich gerne in ein 3. Bachlor-Semester umschreiben würde, hat keine Chance. Tatsächlich. Der muss wieder im 1. Semester anfangen."