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Mailand versus Turin
Streit um die italienische Buchmesse

Der Salone del Libro, die italienische Buchmesse, wird traditionell im Mai in Turin veranstaltet. Der Verlegerverband plant nun allerdings eine eigene Messe in Mailand, und zwar in zeitlicher Nähe. Turin will aber nicht zurückstecken.

Von Henning Klüver | 06.10.2016
    Der Stand des Feltrinelli Verlag Salone del Libro 2016.
    Der Stand des Feltrinelli Verlag beim Salone del Libro 2016. (Deutschlandradio/Henning Klüver)
    Mailand ist die Bücherhauptstadt Italiens. Und darauf ist man ziemlich stolz. Hier sind Verlage wie Mondadori, die Gruppe Mauri Spagnol oder Feltrinelli zu Haus und hier hat auch der Verlegerverband seinen Sitz. Vor knapp 30 Jahren kam aber das benachbarte Turin auf die Idee, eine nationale Buchmesse, die es bis damals nicht gab, zu veranstalten. Das wurmt einige Mailänder bis heute.
    Zwischen dem Verband und den Veranstaltern des Salone del Libro di Torino, hing schon seit geraumer Zeit der Haussegen schief. Marco Zapparoli vom unabhängigen Mailänder Verlag Marcos y Marcos erklärt:
    "Auf der einen Seite hält der Turiner Salone bis heute an der seit Jahren praktizierten Formel einer reinen Verkaufs- und Veranstaltungsmesse fest, bei dem die Verleger aufgefordert werden, ihr Publikum zu treffen. Dagegen wünscht der Verlegerverband strategisch eine mehr professionelle Ausrichtung und will jetzt für die nationale Buchmesse ein neues Kapitel an einem anderen Ort aufschlagen."
    Turin stand für laute, fröhliche Messetage
    Und dieser andere Ort kann natürlich nur Mailand sein. Turin stand für laute, fröhliche Messetage mit Buchvorstellungen und Diskussionsveranstaltungen. Doch zeigte der Salone Ermüdungserscheinungen. Der Publikumszuspruch ging zurück, Besucherzahlen wurden geschönt und es kam zu undurchsichtigen Vorgängen in der Verwaltung. Inzwischen ermittelt die Justiz wegen Korruptionsverdacht gegen mehrere Mitglieder der regionalen Kulturstiftung, die den Salone del Libro veranstaltet, sowie gegen einige Lokalpolitiker.
    Der Verlegerverband forderte eine Erneuerung und mehr Einfluss auf die Turiner Messe. Die Stiftung, die ihre zentrale Rolle behalten wollte, wies das ziemlich brüsk zurück. Ein Vermittlungsversuch des Kulturministeriums scheiterte. So entschloss sich der Verband, kurzerhand die neue Mailänder Messe ins Leben zu rufen. Verleger Marco Zapparoli ist über diese Entwicklung nicht glücklich:
    "Einerseits fehlte in Turin die notwendige Sensibilität, um auf die Verlegerinteressen einzugehen. Auf der anderen Seite handelte man vielleicht im Verband vorschnell. Ich hätte es bevorzugt, wenn der Dialog mit Turin weiter gegangen wäre."
    Viele Autorinnen und Autoren, wie Valeria Parella oder Alessandro Baricco, die sich im Bad der Menge des Turiner Salones immer wohlgefühlt haben, reagieren verstört. Und nicht alle Verleger folgen ihrem Verband. Eine Gruppe kleinerer und mittlerer Unternehmen will den Salone unterstützen. Die Großverlage vom Marktführer Mondadori angefangen können sich aber mit der neuen Messe anfreunden.
    Sonderveranstaltungen auch in Süditalien
    Wie die genau aussehen will, bleibt auch nach einer ersten Präsentation in dieser Woche vage. Man möchte sich mehr dem professionellen Austausch widmen, die Buchhändler und Bibliothekare mit einbeziehen und sich den neuen Medien öffnen. Mailand will dazu ein Rahmenprogramm initiieren, das ähnlich wie bei der Design-Messe die ganze Stadt in Bewegung bringen will. Und schließlich möchte man von 2018 an Sonderveranstaltungen in Süditalien ausrichten.
    Aber hätte man Ähnliches nicht auch gemeinsam in Turin auf die Beine stellen können? Marco Zapparoli bleibt eine Hoffnung:
    "Weil beide Veranstaltungen nur wenige Wochen nacheinander getrennt stattfinden, sollten sie jetzt ihre Programme besser voneinander abgrenzen."
    Italien ist ein leseschwaches Land, nicht einmal jeder Zweite nimmt pro Jahr wenigstens ein Buch in die Hand. Da täten zwischen allen Beteiligten koordinierte Aktionen gut. Zumindest eine zeitliche Trennung der Messetermine zwischen Mailand und Turin – etwa so wie zwischen Frankfurt und Leipzig.