Freitag, 29. März 2024

Archiv

Medien im Umbruch
"Früher waren die Journalisten die Schleusenwärter"

Die Medienwelt ist im Umbruch – das birgt nicht nur Gefahren für Verlage und Rundfunkanstalten, sondern auch für die Nutzer. Falschmeldungen, Propaganda und PR bedrohen die Demokratie, befürchtet der Medienwissenschaftler Stephan Ruß-Mohl im Dlf-Interview.

12.10.2017
    Dunkle Tastatur mit Männerhand
    Gefährdet das Netz die Demokratie? (dpa /Karl-Josef Hildenbrand)
    "Die informierte Gesellschaft und ihre Feinde" heißt das neue Buch von Stephan Ruß-Mohl, der als Medienwissenschaftler an der Universität in Lugano in der Schweiz arbeitet. Feinde sind für ihn "Akteure, die entweder mit Fake News, mit Falschmeldungen Geld verdienen wollen, oder Akteure, die Falschnews nutzen zu Propagandazwecken, um politisch in irgendeiner Weise Gewinne zu erzielen".
    Ruß-Mohl sprach im Deutschlandfunk von einem massiven Problem. Vor 30 Jahren sei auf einen Journalisten ein PR-Experte gekommen, heute seien es in den USA fünf PR-Experten pro Journalist. "Es wird einfach sehr viel mehr Öffentlichkeitsarbeit, sehr viel mehr Selbstdarstellung getrieben als früher."
    Außerdem könne heute jeder selbst Medieninhalte erstellen, die Funktion des Schleusenwärters, der Informationen nach bestimmten Kriterien ausgewählt und an Leser und Zuschauer weitergeleitet hat, hätten Journalisten verloren.
    "Allianz für Aufklärung"
    Was können Staaten, Medienhäuser, Journalisten und Nutzer tun, damit wir nicht irgendwann in einer komplett von Desinformation bestimmten Welt leben? Ruß-Mohl schlägt im Deutschlandfunk vor, in den Medien selbst mehr über die Funktionsweise von Medien zu informieren. Die Nutzer müssten wissen, wie Journalismus funktioniert, um bereit zu sein, dafür Geld auszugeben.
    In einer "Allianz für die Aufklärung" müssten Medienwissenschaft und Journalismus gemeinsam dafür sorgen, dass "wir im öffentlichen Raum wahrheitsgemäß kommunizieren". Journalisten müssten stärker Erkenntnisse der Medienforschung in die Praxis umsetzen. Außerdem brauche es eine bessere Medienerziehung für Schüler.