Freitag, 19. April 2024

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Medienwissenschaftler über "Deutschland-Kurier"
"Es gibt Indizien für AfD-Nähe"

Ein Verein aus Stuttgart hat an diesem Mittwoch erstmals die Wochenzeitung "Deutschland-Kurier" herausgebracht. Der Deutschlandfunk wollte mit Chefredakteur Bendels eigentlich über eine gewisse Nähe zur AfD reden. Er lehnte jedoch ab. Der Medienwissenschaftler Lutz Frühbrodt äußerte eine Vermutung für Bendels Absage.

12.07.2017
    Screenshot der Seite deutschland-kurier.org am 12.07.2017
    Erstmals ist am 12. Juli 2017 die Zeitung "Deutschland-Kurier" erschienen, die von einem AfD-nahen Verein herausgegeben wird. (Screenshot der Seite deutschland-kurier.org am 12.07.2017)
    Die Macher der Wochenzeitung sagen selbst, diese sei "politisch und konfessionell unabhängig". Sie erschien am Mittwoch erstmals in einer Auflage von 300.000 Exemplaren und wurde kostenlos in Berlin verteilt. Später soll es sie auch in anderen Großstädten wie Stuttgart, Dresden und Köln geben.
    Man könne natürlich sagen, die Zeitung habe nichts mit der AfD zu tun, weil sie nicht institutionell dort angebunden sei, sagte Frühbrodt im Deutschlandfunk. Doch es gebe eine gewisse Nähe. Das zeige sich schon an den Kolumnisten, zu denen beispielsweise Erika Steinbach gehöre. Diese sei aus der CDU ausgetreten und habe bereits angekündigt, die AfD im Bundestagswahlkampf zu unterstützen. Auch Konrad Adam aus der AfD-Führungsrige solle Kolumnist werden. "All das sind Indizien", betonte Frühbrodt. Und darüber hinaus könne man sagen, die "Tonalität, aber auch die Inhalte sind auf jeden Fall sehr AfD-nah - wenn nicht sogar dem rechten Flügel der AfD zuzuordnen". In den Artikeln der Zeitung gehe es vor allem um "Meinungs- und Kampagnen-Journalismus".
    Finanzierung ist unklar
    Herausgeber der neuen Wochenzeitung ist der AfD-nahe "Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten" in Stuttgart. Dessen Vorsitzender David Bendels ist zugleich der Chefredakteur des "Deutschland-Kuriers". Der Deutschlandfunk hatte David Bendels um ein Interview gebeten, dieser hatte jedoch abgesagt.
    Frühbrodt äußerte die Vermutung, Bendels habe das Interview deshalb ausgeschlagen, weil er nicht offen über die Finanzierungsquellen reden wolle. "Die Vermutung geht ja in die Richtung, dass insbesondere Finanzquellen aus der Schweiz eine Rolle spielen, eine PR-Agentur, ein Polit-Werber, der enge Verbindungen mit der dortigen SVP, der rechtspopulistischen Schweizer Volkspartei, hat." Er halte es aber auch für möglich, so Frühbrodt, dass andere Finanzierungsquellen vorhanden seien. Der Zeitung werde nämlich auch eine gewisse Nähe zum Studienzentrum Weikersheim unterstellt. Dies sei eine rechtskonservative Denkfabrik, die auch Verbindungen zu einigen Unternehmern in Deutschland habe.
    Er könne sich vorstellen, dass die Finanzierung für die Zeit des Wahlkampfs gesichert sei. Danach könnte es schwieriger werden, ein festes Redaktionsteam zu finanzieren.
    Als Zielgruppe ältere Wählerschaften im Visier
    Die derzeitigen Umfragewerte für die AfD, zwei Monate vor der Bundestagswahl, könnten ein wesentlicher Grund dafür sein, dass die Zeitung zum jetzigen Zeitpunkt erscheine. Ein anderer Grund bestehe seiner Ansicht nach darin, dass man das Projekt nutzen möchte, um dauerhaft eine rechte Wochenzeitung in Deutschland zu etablieren, erläuterte Frühbrodt. Er vermute, man wolle Menschen ansprechen, die nicht ganz so Internet-affin seien - also ältere Wählerschichten. Diese wolle man dauerhaft gewinnen.
    Frühbrodt äußerte sich zudem überzeugt, mit einem Printprodukt könne man "eine stärkere Welle machen als wenn man ein weiteres rechtes Online-Portal eröffnet". Hier werde der Versuch unternommen, in breitere Bevölkerungsschichten vorzudringen, die mit Vorurteilen behaftet seien, aber noch keine einschlägigen Zeitschriften konsumiert hätten.
    DuMont prüft rechtliche Schritte gegen "Deutschland-Kurier"
    Die DuMont-Mediengruppe teilte am Dienstag mit, sie prüfe rechtliche Schritte gegen den "Deutschland-Kurier". Grund dafür ist offenbar eine Ähnlichkeit zwischen dem Layout des Blattes und dem des "Berliner Kuriers". Man wolle gegen die offensichtlich rechtspopulistische Vereinnahmung des "Berliner Kurier" vorgehen, erklärte die DuMont- Mediengruppe. Der "Deutschland-Kurier" und sein Onlineauftritt stünden in keinerlei Verbindung zum "Berliner Kurier".
    Der "Deutschland-Kurier" wies die Vorwürfe zurück. Bendels sagte den Zeitungen der "Funke"-Mediengruppe: "Wir haben uns optisch nicht am 'Berliner Kurier' orientiert. Es ist schon erstaunlich, wir scheinen einen großen Stein in den ruhigen Teich der Medienlandschaft in Deutschland geworfen zu haben."
    (kis/tgs)