"Ein älterer Mitarbeiter, nennen wir ihn einfach Gerd Geber, 64 Jahre alt, hat das Unternehmen mit aufgebaut, hat zu Problemlösungen beigetragen. Dieser Mitarbeiter wird jetzt in einem Jahr ausscheiden, dann stellt sich bei vielen Führungskräften schon so ein Gefühl ein, Gerd Geber, wenn der nicht mehr da ist, den kenne ich seit 30 Jahren, der wird hier eine Lücke hinterlassen. Wie diese Lücke konkret aussieht, ist nicht mehr so klar, es bleibt so ein diffuses Gefühl, vielleicht hat man zwei, drei Ereignisse, an die man sich erinnert, wo Gerd Geber sich als ein wahrhafter Könner in Sachen Problemlösekompetenz gezeigt hat, aber was genau dahinter gesteckt hat, dass er das Problem so treffend lösen konnte, das weiß man nicht."
Christian Riese arbeitet am Lehrstuhl für Arbeitsorganisation an der Ruhr-Universität Bochum und hat gemeinsam mit einigen Partnern ein Konzept entwickelt, wie die Kompetenzen von langjährigen Mitarbeitern im Unternehmen auch nach deren Rentenbeginn gehalten werden können.
"Unsere Erfahrungen zeigen, dass die meisten Unternehmen noch nicht einmal wissen, wie die Altersstruktur dieser Unternehmen sich darstellt, und dass sie recht überrascht sind, wenn sie feststellen, dass sie schon heute in einer demografischen Lage sich befinden, wo relativ viele ältere Mitarbeiter in den nächsten fünf, zehn Jahren das Unternehmen verlassen werden."
Tatsächlich merken Unternehmen manchmal erst, welchen Verlust sie erleiden, wenn der Spezialist schon nicht mehr da ist. Oder es wird ihnen kurz vor der Verrentung bewusst, und sie können den Mitarbeiter überreden, noch ein Jahr anzuhängen.
In Zeiten, in denen 50-Jährige immer noch gern in den vorzeitigen Ruhestand geschickt werden ist es fast schwer, sich vorzustellen, dass so ein alter Hase über die Pensionsgrenze hinaus gelockt wird. Und dennoch ist es Realität. Denn vor allem mittlere und kleine Unternehmen werden vom Ausscheiden eines Fachmannes immer wieder überrascht, hat Christian Riese, der sich in seiner Untersuchung speziell mit dieser Klientel beschäftigt, beobachtet.
"In der Regel ist es so, dass erst sehr kurz vor dem Ausscheiden eines altgedienten Mitarbeiters aus dem Unternehmen bewusst wird, sozusagen im Vorgriff der Goldenen-Uhr-Übergabe, dass da jemand ausscheidet, der dem Unternehmen einen schmerzhaften Verlust zufügt, weil er Wissen mitnimmt, dass dem Unternehmen dann nicht mehr zur Verfügung stehen wird."
Nach einer Studie des Fraunhofer Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation erhebt die Hälfte der Unternehmen in Deutschland die Kompetenzen ihrer Mitarbeiter unregelmäßig oder gar nicht. Und selbst wenn das Problem der Geschäftsführung bewusst ist, fehlt es an geeigneten Verfahren, das Know-how dingfest zu machen und an einen Nachfolger zu übertragen.
"Und dann entsteht so etwas wie ein Wunsch nach einem Verfahren, dass es ermöglicht, dieses Wissen, dass Gerd Geber mit in Rente nimmt ,zu transferieren an jemanden, den wir vielleicht Norbert Nehmer nennen, einen potenziellen Nachfolger. Und dieses Verfahren sollte so aufgebaut sein, dass man es nachvollziehen kann. Es darf also nicht dem Zufall überlassen sein, es muss transparent sein. Jeder, Gerd Geber und Norbert Nehmer, müssen wissen, wie sie den Transferprozess ausgestalten können, und das sollte im Idealfall für alle Gerd Gebers und Norbert Nehmers im Unternehmen anwendbar sein."
Beim Wittener Maschinenbauer Gustav Wiegard wurde das Problem virulent, als vor einigen Jahren die beiden Söhne den Familienbetrieb in der vierten Generation übernahmen. 110 Mitarbeiter hat das Unternehmen , der Jahresumsatz beträgt 18 Millionen Euro. Als Alexander und Gustav junior in die Fuß-Stapfen ihres Vaters traten, da brachten sie einen neuen Führungsstil mit und neue Methoden der Mitarbeiterführung.
Wochenendklausuren mit Rollenspielen etwa, nicht immer zur Begeisterung der Facharbeiter aus dem Ruhrpott. Ihr wichtigster Pluspunkt aber, um am boomenden Stahlmarkt gegen die starke asiatische Konkurrenz auf Dauer zu bestehen, ist Qualitätsware "Made in Germany". Und die liefern die qualifizierten Mitarbeiter.
Bei einer Analyse der Mitarbeiterschaft wurde klar, dass ein knappes Dutzend erfahrener Fachleute den Betrieb in absehbarer Zukunft verlassen würde, darunter der Geschäftsführer Manfred Göllner, seit 40 Jahren sozusagen Teil des Betriebsinventars. Einen Vorgeschmack auf sein Ausscheiden bekamen die Chefs, als er krankheitsbedingt plötzlich ausfiel.
"Ich hatte einen relativ schweren Unfall, und da bin ich ja auch von jetzt auf gleich aus dem Unternehmen herausgezogen worden und das war für die Betreffenden ja noch viel tragischer, dass die mit diesem angefangenen Projekten, die selbstständig abwickeln mussten."
Geschäftsführer Manfred Göllner hat bei Wiegard gelernt, später sein Abitur in der Abendschule nachgeholt, ein Studium zum Diplom-Ingenieur absolviert, alles neben der Arbeit im Maschinenbaubetrieb. Ende März 2007 geht Göllner in Rente und wünscht sich einen guten Übergang.
"Für mich ist das schon wichtig, dass das vorhandene Wissen nicht verloren geht, sondern dass die Nachfolger aus den Erfahrungen und Erkenntnissen, die in der Vergangenheit gemacht wurden profitieren können."
Der Ingenieur ist keiner, der viele Worte macht Und wenn man ihn fragt, was er denn vorhabe, wenn er im Ruhestand sei, dann fällt ihm vor allem ein, dass er ja noch zwei, drei Tage in der Woche dem Unternehmen mit Rat und Tat zur Verfügung stehen werde, auf Basis eines Werkvertrages.
So ist für beide, Unternehmen und Angestellten . der Übergang sanft. Denn für viele langjährige Mitarbeiter, gerade in Familienunternehmen, ist der Betrieb nicht nur Brötchengeber, sondern ein wichtiger Teil des Lebens, weiß Christian Riese aus seinen Untersuchungen für die Ruhr-Universität.
"Das ist für sie ein sinnstiftendes Element ihres Lebens und sie fühlen sich auch über die Rente hinaus verpflichtet, das, was sie dem Unternehmen als Letztes noch geben können, das auch weitergeben zu wollen."
Was Manfred Göllner weiß, ist schwer zu fassen und zu definieren. So geht es häufig mit den über zig Jahre erworbenen Erfahrungen und dem Know-how: Vieles davon ist nicht zuletzt Gefühlssache: Wie etwa bestimmte Mitarbeiter einzusetzen sind, welcher Lieferant welcher Betreuung bedarf.
Geht es zum Beispiel um Lagerhaltung und Investitionsplanung, dann lässt sich auch das nicht immer klar in Worte fassen. Und trotzdem weiß einer wie Manfred Göllner gleichsam aus dem Bauch heraus, was zu tun ist. Auch gibt es Probleme, die nur einmal in einem ganzen Berufsleben auftreten. An den Lösungsweg erinnert sich dann nur noch, wer dabei war. Keinem aber käme in den Sinn, die Lösung zu notieren, die Erfahrung festzuhalten. So weiß Juniorchef Gustav Wiegard um die Wissensschätze, die seine Mitarbeiter hüten.
"In unserem Unternehmen werden hochkomplexe Investitionsgüter gefertigt, die extrem hohes Fertigungs-Know-how bedürfen, da geht es über Facharbeiterebene, bestimmte Drehvorschübe, mit welchen Werkzeugen bearbeite ich welche Beschichtungsoberflächen, auf Führungsebene dann natürlich entsprechend komplexeres Gebiet."
Das Unternehmen sucht seit Jahren händeringend nach bezahlbaren Facharbeitern, um personelle Lücken zu schließen. Diese Sorge teilt Wiegard mit vielen kleinen und mittleren Betrieben.
Christian Adams von ZWAR, "Zwischen Arbeit und Ruhestand", einem Verein, der am Wissenstransferprojekt der Uni Bochum beteiligt ist.
"Viele Unternehmen haben auch Mitarbeiter wieder zurückholen müssen aus dem Ruhestand, weil sie die Qualität innerhalb des Produktionsprozesses nicht mehr bringen konnten, weil Qualität abhängig war vom Erfahrungswissen dieser älteren Mitarbeiter. Aufgrund der Rationalisierung sind viele Abteilungen einfach so auf minimale Besetzung fokussiert worden, müssen die einzelnen Arbeitsplätze immer mehr spezialisiert werden, so dass es in jedem Bereich einen Mitarbeiter gibt, der sich durch irgendetwas besonders auszeichnet."
Das Vererben von Kenntnissen der Alten an die Jungen ist nur ein Aspekt des Problems . Der Sozialpädagoge Christian Adams meint, dass es generell schwierig sei, Erfahrungswissen zu übertragen.
"Das klassische Beispiel sind die Hochöfen zum Beispiel aus Dortmund, die nach China transportiert worden sind, wo das Know-how, was da drinstecken sollte eigentlich alles aufgeschrieben worden ist, die haben das alles gelesen, versuchen händeringenderweise die Qualität rauszukriegen, die die Kollegen, die da 40 Jahre dran gearbeitet haben, mit einer Fingerfertigkeit da rausgekriegt haben. Und es funktioniert nicht, weil das Erfahrungswissen der Mitarbeiter bei Hösch beispielsweise, die da 40 Jahre drangestanden haben und das auch von Generation zu Generation übertragen haben, dieses Erfahrungswissen ist nicht mittransportiert worden nach China."
Bei der Firma Wiegard hat man sich entschieden, den Wissenstransfer nach dem Modell der Uni Bochum zu organisieren. So werden zunächst einmal die Mitarbeiter identifiziert und benannt, die unverzichtbares Wissen für das Unternehmen haben. Nur die sollen am Transferprozess teilnehmen. Alles andere wäre zu aufwendig, schließlich muss der Übertragungsprozess neben dem normalen Geschäftsbetrieb stattfinden. Der Bestandsaufnahme folgt dann eine detaillierte Analyse der Kompetenzen des Wissensgebers .Christian Riese:
"Er soll nicht seine gesamte Erwerbsbiografie transferieren das wäre unnötig und ökonomisch unsinnig, das könnte Jahre ausfüllen. Uns geht es darum, die Kompetenzen einzukreisen, die wirklich mit Gerd Geber in Rente gehen und von heute auf morgen nicht mehr zur Verfügung stehen."
Mehrere Gespanne von so genannten Wissensgebern, also den alten Hasen, und Wissensnehmern, also den Nachfolgern, sind im Unternehmen gerade dabei, die Kenntnisse abzugleichen. Im Unternehmensalltag findet der Wissenstransfer häufig genug in nur einem Gespräch statt, bei dem im besten Fall noch ein Stapel Unterlagen übergeben wird. 30 bis 50 Prozent des Wissens, so schätzt die Universität Bochum, bleiben damit auf der Strecke.
So sind Geschäftsführer Manfred Göllner und sein Nachfolger Thomas Wickel gehalten, die Wissensübergabe bewusster und intensiver zu gestalten. Wissensgeber und Wissensnehmer schließen einen Vertrag, vereinbaren feste Termine, an denen Details weitergegeben und Fragen diskutiert werden. Vor allem aber: Die Übergabe erfolgt nach klarem Zeitplan. Das Ziel ist, den Transfer möglichst zwei Monate vor Renteneintritt des Wissensgebers erledigt zu haben. So bleibt Zeit für eventuelles Nachbessern und Nachfragen.
Die Rollen, in denen sich beide Mitarbeiter befinden, sind dabei durchaus unterschiedlich. Der eine, den Ruhestand vor Augen, verabschiedet sich mit der Kenntnisweitergabe gleichzeitig aus dem Berufsleben. Der andere, der Wissensnehmer, blickt meist freudig einer neuen Aufgabe, mehr Verantwortung und nicht selten auch besserer Bezahlung entgegen. Zusätzlich bekommt er Tipps vom Vorgänger. So machten Universität und Betrieb die Erfahrung, dass der Umgang mit dem Wissensgeber, dem scheidenden Mitarbeiter, deutlich sensibler anzugehen ist. Unternehmenschef Gustav Wiegard:
"Bei den Wissensgebern ist das gar nicht so einfach, wenn ich mein Wissen abgebe, dann bin ich nutzlos, dann tauge ich für das Unternehmen nichts mehr. Von daher waren wir auch ganz froh, dass wir da auch professionelle Hilfe mit bei hatten, weil das auch historisch in unserem Unternehmen nie so war, da frühzeitig drüber nachzudenken, sondern solange gearbeitet hat, bis es nicht mehr ging, und dann wurde irgendwann eine Lösung gesucht und viele Mitarbeiter da auch einfach Angst vor hatten, Wissen in Anführungsstrichen preiszugeben, und man dann eine etwas vogelfreiere Position hätte haben können. Und von daher war, glaube ich, die Ansprache der Wissensgeber das kritischste Moment."
Für diese spezielle Herausforderung ist im Bochumer Projekt der Sozialpädagoge Christian Adams zuständig. Er weiß genau, dass die Ansprache nur dann funktioniert, wenn sich der Wissensgeber wertgeschätzt fühlt.
"Es geht nicht darum, jemanden auszuquetschen, das funktioniert nicht, der Mitarbeiter entscheidet immer noch, was er weitergibt, aus welche Weise er es weitergibt, und an wen er das weitergibt. Deshalb muss ich diesen Menschen fragen und ihn einbeziehen in die Entscheidung. Ich sag immer, das ist wie am Bahnsteig stehen, da steht der Zug des Wissenstransfers, der fährt irgendwo hin. Für diejenigen, die einsteigen, muss klar sein, wohin fährt der Zug, wielange fahre ich damit, wo steige ich selber aus, was sind die Bedingungen, was ist der Preis, was kostet mich das und was hab ich davon?"
Damit der Transfer gelingen kann, muss erstmal alles Wissen auf den Tisch. Dazu entwickelte die Universität einen speziellen "Wissensbaum", der die Ausbildung, Weiterbildung, bestimmte Erfahrungen, Bewältigung von Krisen und vieles mehr erfasst. So wird der Weg, auf dem das Erfahrungswissen entstanden ist, nachgezeichnet und nachvollziehbar gemacht.
Der "Wissensbaum" stellt damit eine Art Strukturierungshilfe dar. Der Wissensberg wird dann systematisch abgetragen und Schritt für Schritt der neuen Generation zur Verfügung gestellt. Die bildhafte Darstellung wiederum hilft den Mitarbeitern, sich auszutauschen. Denn nicht jeder Fachmann im Betrieb ist zugleich auch ein guter Didaktiker: Welches Ausmaß so ein "Wissensbaum" annehmen kann, darüber war auch Unternehmenschef Gustav Wiegard erstaunt.
"Also ich war schon überrascht, als dann dieser Wissensbaum in der vollen Dimension an der Tafel gehangen hat, was zum Beispiel eine Führungskraft neben der Kernaufgabe auch noch leistet, da war ich schon überrascht, ja."
Zum Projekt der Universität Bochum gehört die Entwicklung einer speziellen Software, mit der Spezialkenntnisse der Mitarbeiter erfasst werden können. Vor allem aber wird computergestützt zusammengefasst, welche Mitarbeiter mit speziellen Kompetenzen bald nicht mehr im Unternehmen sein werden. Ein großer Pluspunkt, sagt Wiegards Verwaltungsleiter Kurt-Martin Bach:
"Kompetenzpilot heißt das, da kann man grafisch darstellen, in welcher Altersgruppe wir welche Leute haben mit welchen Fertigkeiten. Das sieht aus wie so eine Tachoanzeige, und das können wir jetzt verwalten und können sehen, wo wird es eng, wo ist der Tank leer, wo müssen wir agieren und wo sind wir noch sicher?"
Mit Software unterschiedlichster Art experimentieren große Unternehmen wie Siemens oder Bosch schon seit Jahren. Meist geht es hier darum, das Wissen aller für alle im Unternehmen verfügbar zu machen. "Wenn Siemens wüßte, was Siemens weiß...", so lautete schon vor Jahren ein Slogan des Großkonzerns.
So ist das Bewusstsein für die Ressource Mitarbeiter in großen und kleinen Unternehmen gewachsen. Allerdings: Das perfekte Computerprogramm zur Erfassung von Fähigkeiten, gibt es noch nicht. Denn nicht alles, was Angestellte im Laufe der Jahre lernen, lässt sich digitalisieren.
Ganz ohne Nutzen und Vorteil ist denn die Wissensübergabe am Ende des Berufslebens auch für den Ausscheidenden nicht. Zum einen, sagt Christian Riese von der Ruhr-Universität, stehe der Ältere nicht mehr in Konkurrenz mit dem Jüngeren. Zum anderen stelle die Weitergabe der eigenen Kenntnisse und Erfahrungen eine Anerkennung dar, vom Dank des Unternehmens ganz abgesehen:
"Ich wage keine Prognose, wie das wäre, wenn man einen Anfang 40-Jährigen bitten würde, seine Wissensbestände an einen Anfang 35-Jährigen weiterzugeben. In unserem Fall war es wirklich so, die Beteiligten hatten das Gefühl, ich werde kurz vor dem Ende meiner Erwerbsbiografie in dieser Firma noch mal so richtig ernst genommen, gewissermaßen in den Adelsstand eines Wissensgebers erhoben, das tut mit gut, die gesamte Geschäftsleitung, alle wichtigen Führungskräfte partizipieren an diesem Prozess, ich werde noch mal richtig wahrgenommen. Und die klugen Unternehmen, die dokumentieren das dann auch in der Betriebszeitung und machen das Ganze dann öffentlich. Und das hat für die Beteiligten dann einen sehr angenehmen Charakter, das Unternehmen zu verlassen und in den verdienten Ruhestand auszuscheiden."
So will Wiegard in Zukunft nicht nur beim Übertragen von Wissen von Alt auf Jung das Bochumer Konzept anwenden. Aufgrund der großen Nachwuchsprobleme werde der Nutzen des Modells in vielen Bereichen sichtbar, sagt Verwaltungschef Kurt-Martin Bach.
"Unser Motto ist: Viele können vieles, dass ein Dreher auch Fräsen kann und dieses Wissen auch weiter zu streuen, damit wir hier sehr viel flexibler sind."
Wissenstransfer werde in Zukunft kein Altersthema mehr sein, sondern nur noch ein Know-how-Thema.
Auch Manfred Göllner findet das Projekt gut und freut sich, sein Wissen strukturiert weitergeben zu können. Alles lasse sich allerdings nicht übertragen, davon ist er überzeugt und darauf legt er großen Wert.
"Ich finde das schon gut, aber es gibt ja auch viele Dinge, so die persönlichen Kontakte oder das Zwischenmenschliche, das kann man natürlich da schlecht hinterlegen. Also das kann man eigentlich gar nicht übertragen, muss ich ehrlich sagen, man sieht das ja auch bei vielen Kunden, das ist auch ein Generationsproblem. Man muss ja auch sagen, die Leute, die man über einen langen Zeitraum von mehr als 30 Jahren kennt, und wenn die ausscheiden, das ist was anderes. Und da ist der persönliche Umgang was ganz anderes als wenn da ein Newcomer jetzt kommt."
Auch seine Partner in den anderen Unternehmen gehen langsam in den Ruhestand, machen den Weg frei für die nächste Generation . Sie wird ihren eigenen Stil finden, eigene Beziehungen pflegen, vieles anders machen und doch aufbauen können, auf dem Wissen und der Erfahrung ihrer Vorgänger.
Christian Riese arbeitet am Lehrstuhl für Arbeitsorganisation an der Ruhr-Universität Bochum und hat gemeinsam mit einigen Partnern ein Konzept entwickelt, wie die Kompetenzen von langjährigen Mitarbeitern im Unternehmen auch nach deren Rentenbeginn gehalten werden können.
"Unsere Erfahrungen zeigen, dass die meisten Unternehmen noch nicht einmal wissen, wie die Altersstruktur dieser Unternehmen sich darstellt, und dass sie recht überrascht sind, wenn sie feststellen, dass sie schon heute in einer demografischen Lage sich befinden, wo relativ viele ältere Mitarbeiter in den nächsten fünf, zehn Jahren das Unternehmen verlassen werden."
Tatsächlich merken Unternehmen manchmal erst, welchen Verlust sie erleiden, wenn der Spezialist schon nicht mehr da ist. Oder es wird ihnen kurz vor der Verrentung bewusst, und sie können den Mitarbeiter überreden, noch ein Jahr anzuhängen.
In Zeiten, in denen 50-Jährige immer noch gern in den vorzeitigen Ruhestand geschickt werden ist es fast schwer, sich vorzustellen, dass so ein alter Hase über die Pensionsgrenze hinaus gelockt wird. Und dennoch ist es Realität. Denn vor allem mittlere und kleine Unternehmen werden vom Ausscheiden eines Fachmannes immer wieder überrascht, hat Christian Riese, der sich in seiner Untersuchung speziell mit dieser Klientel beschäftigt, beobachtet.
"In der Regel ist es so, dass erst sehr kurz vor dem Ausscheiden eines altgedienten Mitarbeiters aus dem Unternehmen bewusst wird, sozusagen im Vorgriff der Goldenen-Uhr-Übergabe, dass da jemand ausscheidet, der dem Unternehmen einen schmerzhaften Verlust zufügt, weil er Wissen mitnimmt, dass dem Unternehmen dann nicht mehr zur Verfügung stehen wird."
Nach einer Studie des Fraunhofer Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation erhebt die Hälfte der Unternehmen in Deutschland die Kompetenzen ihrer Mitarbeiter unregelmäßig oder gar nicht. Und selbst wenn das Problem der Geschäftsführung bewusst ist, fehlt es an geeigneten Verfahren, das Know-how dingfest zu machen und an einen Nachfolger zu übertragen.
"Und dann entsteht so etwas wie ein Wunsch nach einem Verfahren, dass es ermöglicht, dieses Wissen, dass Gerd Geber mit in Rente nimmt ,zu transferieren an jemanden, den wir vielleicht Norbert Nehmer nennen, einen potenziellen Nachfolger. Und dieses Verfahren sollte so aufgebaut sein, dass man es nachvollziehen kann. Es darf also nicht dem Zufall überlassen sein, es muss transparent sein. Jeder, Gerd Geber und Norbert Nehmer, müssen wissen, wie sie den Transferprozess ausgestalten können, und das sollte im Idealfall für alle Gerd Gebers und Norbert Nehmers im Unternehmen anwendbar sein."
Beim Wittener Maschinenbauer Gustav Wiegard wurde das Problem virulent, als vor einigen Jahren die beiden Söhne den Familienbetrieb in der vierten Generation übernahmen. 110 Mitarbeiter hat das Unternehmen , der Jahresumsatz beträgt 18 Millionen Euro. Als Alexander und Gustav junior in die Fuß-Stapfen ihres Vaters traten, da brachten sie einen neuen Führungsstil mit und neue Methoden der Mitarbeiterführung.
Wochenendklausuren mit Rollenspielen etwa, nicht immer zur Begeisterung der Facharbeiter aus dem Ruhrpott. Ihr wichtigster Pluspunkt aber, um am boomenden Stahlmarkt gegen die starke asiatische Konkurrenz auf Dauer zu bestehen, ist Qualitätsware "Made in Germany". Und die liefern die qualifizierten Mitarbeiter.
Bei einer Analyse der Mitarbeiterschaft wurde klar, dass ein knappes Dutzend erfahrener Fachleute den Betrieb in absehbarer Zukunft verlassen würde, darunter der Geschäftsführer Manfred Göllner, seit 40 Jahren sozusagen Teil des Betriebsinventars. Einen Vorgeschmack auf sein Ausscheiden bekamen die Chefs, als er krankheitsbedingt plötzlich ausfiel.
"Ich hatte einen relativ schweren Unfall, und da bin ich ja auch von jetzt auf gleich aus dem Unternehmen herausgezogen worden und das war für die Betreffenden ja noch viel tragischer, dass die mit diesem angefangenen Projekten, die selbstständig abwickeln mussten."
Geschäftsführer Manfred Göllner hat bei Wiegard gelernt, später sein Abitur in der Abendschule nachgeholt, ein Studium zum Diplom-Ingenieur absolviert, alles neben der Arbeit im Maschinenbaubetrieb. Ende März 2007 geht Göllner in Rente und wünscht sich einen guten Übergang.
"Für mich ist das schon wichtig, dass das vorhandene Wissen nicht verloren geht, sondern dass die Nachfolger aus den Erfahrungen und Erkenntnissen, die in der Vergangenheit gemacht wurden profitieren können."
Der Ingenieur ist keiner, der viele Worte macht Und wenn man ihn fragt, was er denn vorhabe, wenn er im Ruhestand sei, dann fällt ihm vor allem ein, dass er ja noch zwei, drei Tage in der Woche dem Unternehmen mit Rat und Tat zur Verfügung stehen werde, auf Basis eines Werkvertrages.
So ist für beide, Unternehmen und Angestellten . der Übergang sanft. Denn für viele langjährige Mitarbeiter, gerade in Familienunternehmen, ist der Betrieb nicht nur Brötchengeber, sondern ein wichtiger Teil des Lebens, weiß Christian Riese aus seinen Untersuchungen für die Ruhr-Universität.
"Das ist für sie ein sinnstiftendes Element ihres Lebens und sie fühlen sich auch über die Rente hinaus verpflichtet, das, was sie dem Unternehmen als Letztes noch geben können, das auch weitergeben zu wollen."
Was Manfred Göllner weiß, ist schwer zu fassen und zu definieren. So geht es häufig mit den über zig Jahre erworbenen Erfahrungen und dem Know-how: Vieles davon ist nicht zuletzt Gefühlssache: Wie etwa bestimmte Mitarbeiter einzusetzen sind, welcher Lieferant welcher Betreuung bedarf.
Geht es zum Beispiel um Lagerhaltung und Investitionsplanung, dann lässt sich auch das nicht immer klar in Worte fassen. Und trotzdem weiß einer wie Manfred Göllner gleichsam aus dem Bauch heraus, was zu tun ist. Auch gibt es Probleme, die nur einmal in einem ganzen Berufsleben auftreten. An den Lösungsweg erinnert sich dann nur noch, wer dabei war. Keinem aber käme in den Sinn, die Lösung zu notieren, die Erfahrung festzuhalten. So weiß Juniorchef Gustav Wiegard um die Wissensschätze, die seine Mitarbeiter hüten.
"In unserem Unternehmen werden hochkomplexe Investitionsgüter gefertigt, die extrem hohes Fertigungs-Know-how bedürfen, da geht es über Facharbeiterebene, bestimmte Drehvorschübe, mit welchen Werkzeugen bearbeite ich welche Beschichtungsoberflächen, auf Führungsebene dann natürlich entsprechend komplexeres Gebiet."
Das Unternehmen sucht seit Jahren händeringend nach bezahlbaren Facharbeitern, um personelle Lücken zu schließen. Diese Sorge teilt Wiegard mit vielen kleinen und mittleren Betrieben.
Christian Adams von ZWAR, "Zwischen Arbeit und Ruhestand", einem Verein, der am Wissenstransferprojekt der Uni Bochum beteiligt ist.
"Viele Unternehmen haben auch Mitarbeiter wieder zurückholen müssen aus dem Ruhestand, weil sie die Qualität innerhalb des Produktionsprozesses nicht mehr bringen konnten, weil Qualität abhängig war vom Erfahrungswissen dieser älteren Mitarbeiter. Aufgrund der Rationalisierung sind viele Abteilungen einfach so auf minimale Besetzung fokussiert worden, müssen die einzelnen Arbeitsplätze immer mehr spezialisiert werden, so dass es in jedem Bereich einen Mitarbeiter gibt, der sich durch irgendetwas besonders auszeichnet."
Das Vererben von Kenntnissen der Alten an die Jungen ist nur ein Aspekt des Problems . Der Sozialpädagoge Christian Adams meint, dass es generell schwierig sei, Erfahrungswissen zu übertragen.
"Das klassische Beispiel sind die Hochöfen zum Beispiel aus Dortmund, die nach China transportiert worden sind, wo das Know-how, was da drinstecken sollte eigentlich alles aufgeschrieben worden ist, die haben das alles gelesen, versuchen händeringenderweise die Qualität rauszukriegen, die die Kollegen, die da 40 Jahre dran gearbeitet haben, mit einer Fingerfertigkeit da rausgekriegt haben. Und es funktioniert nicht, weil das Erfahrungswissen der Mitarbeiter bei Hösch beispielsweise, die da 40 Jahre drangestanden haben und das auch von Generation zu Generation übertragen haben, dieses Erfahrungswissen ist nicht mittransportiert worden nach China."
Bei der Firma Wiegard hat man sich entschieden, den Wissenstransfer nach dem Modell der Uni Bochum zu organisieren. So werden zunächst einmal die Mitarbeiter identifiziert und benannt, die unverzichtbares Wissen für das Unternehmen haben. Nur die sollen am Transferprozess teilnehmen. Alles andere wäre zu aufwendig, schließlich muss der Übertragungsprozess neben dem normalen Geschäftsbetrieb stattfinden. Der Bestandsaufnahme folgt dann eine detaillierte Analyse der Kompetenzen des Wissensgebers .Christian Riese:
"Er soll nicht seine gesamte Erwerbsbiografie transferieren das wäre unnötig und ökonomisch unsinnig, das könnte Jahre ausfüllen. Uns geht es darum, die Kompetenzen einzukreisen, die wirklich mit Gerd Geber in Rente gehen und von heute auf morgen nicht mehr zur Verfügung stehen."
Mehrere Gespanne von so genannten Wissensgebern, also den alten Hasen, und Wissensnehmern, also den Nachfolgern, sind im Unternehmen gerade dabei, die Kenntnisse abzugleichen. Im Unternehmensalltag findet der Wissenstransfer häufig genug in nur einem Gespräch statt, bei dem im besten Fall noch ein Stapel Unterlagen übergeben wird. 30 bis 50 Prozent des Wissens, so schätzt die Universität Bochum, bleiben damit auf der Strecke.
So sind Geschäftsführer Manfred Göllner und sein Nachfolger Thomas Wickel gehalten, die Wissensübergabe bewusster und intensiver zu gestalten. Wissensgeber und Wissensnehmer schließen einen Vertrag, vereinbaren feste Termine, an denen Details weitergegeben und Fragen diskutiert werden. Vor allem aber: Die Übergabe erfolgt nach klarem Zeitplan. Das Ziel ist, den Transfer möglichst zwei Monate vor Renteneintritt des Wissensgebers erledigt zu haben. So bleibt Zeit für eventuelles Nachbessern und Nachfragen.
Die Rollen, in denen sich beide Mitarbeiter befinden, sind dabei durchaus unterschiedlich. Der eine, den Ruhestand vor Augen, verabschiedet sich mit der Kenntnisweitergabe gleichzeitig aus dem Berufsleben. Der andere, der Wissensnehmer, blickt meist freudig einer neuen Aufgabe, mehr Verantwortung und nicht selten auch besserer Bezahlung entgegen. Zusätzlich bekommt er Tipps vom Vorgänger. So machten Universität und Betrieb die Erfahrung, dass der Umgang mit dem Wissensgeber, dem scheidenden Mitarbeiter, deutlich sensibler anzugehen ist. Unternehmenschef Gustav Wiegard:
"Bei den Wissensgebern ist das gar nicht so einfach, wenn ich mein Wissen abgebe, dann bin ich nutzlos, dann tauge ich für das Unternehmen nichts mehr. Von daher waren wir auch ganz froh, dass wir da auch professionelle Hilfe mit bei hatten, weil das auch historisch in unserem Unternehmen nie so war, da frühzeitig drüber nachzudenken, sondern solange gearbeitet hat, bis es nicht mehr ging, und dann wurde irgendwann eine Lösung gesucht und viele Mitarbeiter da auch einfach Angst vor hatten, Wissen in Anführungsstrichen preiszugeben, und man dann eine etwas vogelfreiere Position hätte haben können. Und von daher war, glaube ich, die Ansprache der Wissensgeber das kritischste Moment."
Für diese spezielle Herausforderung ist im Bochumer Projekt der Sozialpädagoge Christian Adams zuständig. Er weiß genau, dass die Ansprache nur dann funktioniert, wenn sich der Wissensgeber wertgeschätzt fühlt.
"Es geht nicht darum, jemanden auszuquetschen, das funktioniert nicht, der Mitarbeiter entscheidet immer noch, was er weitergibt, aus welche Weise er es weitergibt, und an wen er das weitergibt. Deshalb muss ich diesen Menschen fragen und ihn einbeziehen in die Entscheidung. Ich sag immer, das ist wie am Bahnsteig stehen, da steht der Zug des Wissenstransfers, der fährt irgendwo hin. Für diejenigen, die einsteigen, muss klar sein, wohin fährt der Zug, wielange fahre ich damit, wo steige ich selber aus, was sind die Bedingungen, was ist der Preis, was kostet mich das und was hab ich davon?"
Damit der Transfer gelingen kann, muss erstmal alles Wissen auf den Tisch. Dazu entwickelte die Universität einen speziellen "Wissensbaum", der die Ausbildung, Weiterbildung, bestimmte Erfahrungen, Bewältigung von Krisen und vieles mehr erfasst. So wird der Weg, auf dem das Erfahrungswissen entstanden ist, nachgezeichnet und nachvollziehbar gemacht.
Der "Wissensbaum" stellt damit eine Art Strukturierungshilfe dar. Der Wissensberg wird dann systematisch abgetragen und Schritt für Schritt der neuen Generation zur Verfügung gestellt. Die bildhafte Darstellung wiederum hilft den Mitarbeitern, sich auszutauschen. Denn nicht jeder Fachmann im Betrieb ist zugleich auch ein guter Didaktiker: Welches Ausmaß so ein "Wissensbaum" annehmen kann, darüber war auch Unternehmenschef Gustav Wiegard erstaunt.
"Also ich war schon überrascht, als dann dieser Wissensbaum in der vollen Dimension an der Tafel gehangen hat, was zum Beispiel eine Führungskraft neben der Kernaufgabe auch noch leistet, da war ich schon überrascht, ja."
Zum Projekt der Universität Bochum gehört die Entwicklung einer speziellen Software, mit der Spezialkenntnisse der Mitarbeiter erfasst werden können. Vor allem aber wird computergestützt zusammengefasst, welche Mitarbeiter mit speziellen Kompetenzen bald nicht mehr im Unternehmen sein werden. Ein großer Pluspunkt, sagt Wiegards Verwaltungsleiter Kurt-Martin Bach:
"Kompetenzpilot heißt das, da kann man grafisch darstellen, in welcher Altersgruppe wir welche Leute haben mit welchen Fertigkeiten. Das sieht aus wie so eine Tachoanzeige, und das können wir jetzt verwalten und können sehen, wo wird es eng, wo ist der Tank leer, wo müssen wir agieren und wo sind wir noch sicher?"
Mit Software unterschiedlichster Art experimentieren große Unternehmen wie Siemens oder Bosch schon seit Jahren. Meist geht es hier darum, das Wissen aller für alle im Unternehmen verfügbar zu machen. "Wenn Siemens wüßte, was Siemens weiß...", so lautete schon vor Jahren ein Slogan des Großkonzerns.
So ist das Bewusstsein für die Ressource Mitarbeiter in großen und kleinen Unternehmen gewachsen. Allerdings: Das perfekte Computerprogramm zur Erfassung von Fähigkeiten, gibt es noch nicht. Denn nicht alles, was Angestellte im Laufe der Jahre lernen, lässt sich digitalisieren.
Ganz ohne Nutzen und Vorteil ist denn die Wissensübergabe am Ende des Berufslebens auch für den Ausscheidenden nicht. Zum einen, sagt Christian Riese von der Ruhr-Universität, stehe der Ältere nicht mehr in Konkurrenz mit dem Jüngeren. Zum anderen stelle die Weitergabe der eigenen Kenntnisse und Erfahrungen eine Anerkennung dar, vom Dank des Unternehmens ganz abgesehen:
"Ich wage keine Prognose, wie das wäre, wenn man einen Anfang 40-Jährigen bitten würde, seine Wissensbestände an einen Anfang 35-Jährigen weiterzugeben. In unserem Fall war es wirklich so, die Beteiligten hatten das Gefühl, ich werde kurz vor dem Ende meiner Erwerbsbiografie in dieser Firma noch mal so richtig ernst genommen, gewissermaßen in den Adelsstand eines Wissensgebers erhoben, das tut mit gut, die gesamte Geschäftsleitung, alle wichtigen Führungskräfte partizipieren an diesem Prozess, ich werde noch mal richtig wahrgenommen. Und die klugen Unternehmen, die dokumentieren das dann auch in der Betriebszeitung und machen das Ganze dann öffentlich. Und das hat für die Beteiligten dann einen sehr angenehmen Charakter, das Unternehmen zu verlassen und in den verdienten Ruhestand auszuscheiden."
So will Wiegard in Zukunft nicht nur beim Übertragen von Wissen von Alt auf Jung das Bochumer Konzept anwenden. Aufgrund der großen Nachwuchsprobleme werde der Nutzen des Modells in vielen Bereichen sichtbar, sagt Verwaltungschef Kurt-Martin Bach.
"Unser Motto ist: Viele können vieles, dass ein Dreher auch Fräsen kann und dieses Wissen auch weiter zu streuen, damit wir hier sehr viel flexibler sind."
Wissenstransfer werde in Zukunft kein Altersthema mehr sein, sondern nur noch ein Know-how-Thema.
Auch Manfred Göllner findet das Projekt gut und freut sich, sein Wissen strukturiert weitergeben zu können. Alles lasse sich allerdings nicht übertragen, davon ist er überzeugt und darauf legt er großen Wert.
"Ich finde das schon gut, aber es gibt ja auch viele Dinge, so die persönlichen Kontakte oder das Zwischenmenschliche, das kann man natürlich da schlecht hinterlegen. Also das kann man eigentlich gar nicht übertragen, muss ich ehrlich sagen, man sieht das ja auch bei vielen Kunden, das ist auch ein Generationsproblem. Man muss ja auch sagen, die Leute, die man über einen langen Zeitraum von mehr als 30 Jahren kennt, und wenn die ausscheiden, das ist was anderes. Und da ist der persönliche Umgang was ganz anderes als wenn da ein Newcomer jetzt kommt."
Auch seine Partner in den anderen Unternehmen gehen langsam in den Ruhestand, machen den Weg frei für die nächste Generation . Sie wird ihren eigenen Stil finden, eigene Beziehungen pflegen, vieles anders machen und doch aufbauen können, auf dem Wissen und der Erfahrung ihrer Vorgänger.