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Mit Brandschutz gegen Mastställe

Auch Kleinvieh macht Mist, besonders in der Massentierhaltung: Die Emissionen und umweltschädlichen Auswirkungen von Hähnchenmastanlagen lassen Städte und Gemeinden nach Wegen suchen, den Bau weiterer Betriebe zu verhindern, etwa mit schärferen Anforderungen an den Brandschutz.

Von Dieter Nürnberger | 07.01.2011
    Beispielsweise im Emsland - dort soll es bereits heute rund 32 Millionen Plätze in Hähnchen-Mastställen geben, weitere 10 Millionen stünden zur Genehmigung an. Solche Entwicklungen sorgen für Unruhe auf den Dörfern, da mehr und mehr Fläche für die Massentierhaltung bereitgestellt werden soll. Im November traten die Genehmigungsbehörden deshalb auf die Bremse und bedienten sich eines mehr oder weniger juristischen Tricks. Verlangt wird von Bauherren nun ein Brandschutzgutachten für den zu errichtenden Mastbetrieb. Der Brandschutz spielt im Baurecht natürlich schon längst eine Rolle, sagt Friedrich Ostendorff, agrarpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Bundestag, doch nun sei er eine Möglichkeit, künftig die Expansion von Massentierhaltungen zu stoppen.

    "Bei Bau wird das geprüft - bei jeder Baugenehmigung. Ist es möglich, ein Wohnhaus im Brandfall innerhalb von vier Minuten zu verlassen? Und so muss es auch in Stallungen sein. Das ist geltendes Recht, es wurde bislang nur kaum oder gar nicht beachtet. Jetzt kommen natürlich Bauherren, die einen Stall bauen wollen, unter Druck. Sie müssen diese Aspekte des Brandschutzes auch berücksichtigen. Sie müssen darstellen, wie sie das hinbekommen. Es ist technisch auch lösbar, führt allerdings zu einer Verteuerung der Bauten."

    Der Streit auf vielen Dörfern ist somit auch längst im Bundestag angekommen. Im Grunde geht es um eine Änderung des Baugesetzbuches, welches bislang der Landwirtschaft privilegierte Rechte bei der Expansion der Betriebe zusichert. Im Koalitionsvertrag zwischen Union und FDP ist für diese Legislaturperiode ohnehin eine Novellierung angedacht. Doch am Privileg der Landwirtschaft will Peter Bleser, Agrarexperte der CDU, nicht rütteln.

    "Das Privileg ist notwendig, ansonsten wäre es kaum noch möglich, bestehende Ställe zu erweitern. Darüber hinaus ist es aber auch für die Kommune selbst eine Hilfe, weil sonst jedes Mal schwierige Planungsverfahren laufen müssten, um die Akzeptanz auch in den Räten, die oft nicht mehr durch landwirtschaftlichen Sachverstand geprägt sind, zu erreichen."

    Ein erster Antrag der Grünen-Fraktion zur Änderung des Baurechts wurde deshalb Anfang Dezember im Agrarausschuss des Parlaments von der Koalitionsmehrheit abgelehnt. Doch der Streit geht weiter. Denn neben dem Brandschutz berufen sich einige Kommunen ebenso auf Umwelt- und Gesundheitsauflagen, beispielsweise eine Richtlinie des Vereins Deutscher Ingenieure VDI. Auch hierauf haben einzelne Landkreise in Genehmigungsverfahren schon Bezug genommen, ebenso ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen. Auch dies will Friedrich Ostendorff von den Grünen künftig berücksichtigt wissen.

    "Da gibt es eben die Bestrebung, unter das unterstützen wir, dies in Recht zu überführen, die VDI-Richtlinie zwingend vorzuschreiben. Das bedeutet beispielsweise, dass es zu ganz anderen Filteranlagen kommen muss, der Stallbetreiber muss somit garantieren, dass nur Luft entweicht, die für den Menschen nicht schädlich ist."

    Änderungen an einzelnen Punkten des Baugesetzes seien möglich, sagt die Koalition, doch im Großen und Ganzen habe sich das Baugesetz bewährt. Und die Lage vor Ort werde sich auch wieder beruhigen, sagt Peter Bleser von der CDU.

    "Da kann es durch die Erstellung von Bebauungsplänen schon jetzt erreicht werden, dass solche Einrichtungen nicht gebaut werden. Auch durch Flächennutzungspläne können entsprechende Eingrenzungen vorgenommen werden. Tierhaltung ist auch ein wirtschaftlicher Pfeiler der Wertschöpfung im ländlichen Raum. Und schafft auch Arbeitsplätze!"

    Die politische Mehrheit im Bundestag ist eindeutig. Und Peter Bleser setzt auf die Einigkeit von Union und FDP. Dennoch hoffen die Grünen, dass sich einzelne Abgeordnete nicht gegen die Interessen der Menschen ihres Wahlkreises stellen werden. Deshalb strebt die Oppositionspartei eine namentliche Abstimmung bei der geplanten Gesetzesnovellierung an.