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Mobiles Kommando gegen Hooligans

In den vergangenen Wochen kam es in und um die Fußballstadien zu immer mehr Gewalttaten. Der DFB sperrt Fans von Nürnberg und Köln von Auswärtsspielen aus, die Bundespolizei setzt eine mobile Eingreiftruppe ein. Ein Blick hinter die Kulissen dieser Spezialeinheit.

Von Heinz Peter Kreuzer | 28.03.2010
    Immer lauter wird das Wummern der Hubschrauber, wenige Minuten später landen sie. Die Türen öffnen sich, Polizisten in dunklen Kampfanzügen springen heraus, formieren sich zu einer Einheit. Jeder Handgriff muss sitzen, selbst das Schließen der Türen wird bis in das kleinste Detail trainiert. Eine Übung der Mobilen Kontroll- und Überwachungseinheit der Bundespolizei, kurz MKÜ. Früher gab es sie nur an der Ostgrenze, jetzt haben alle Bundespolizeidirektionen eine solche Eingreiftruppe. In Nordrhein-Westfalen gehören 132 Männer und Frauen zur MKÜ der Bundespolizeidirektion Sankt Augustin, eine Mischung aus erfahrenen und jungen Beamten. Der Erste Polizeihauptkommissar Markus Feltmann leitet die Einheit:

    "Sicherlich in der Aufbauphase ist gefragt eine absolute Teamfähigkeit der Kollegen. Und darüber hinaus muss im Rahmen der Aufbauphase das taktische Verständnis untereinander wachsen. Deshalb haben wir auch einige Ausbildungsvorhaben in die Wege geleitet, wo diese beiden Komponenten, Teamfähigkeit und Taktik auch schwerpunktmäßig geschult werden."

    Beides wird bei dieser Übung umgesetzt. In Formation läuft die Mobile Kontroll- und Überwachungseinheit auf die Randalierer zu, bei diesem Test schlüpften Polizisten in deren Rolle. Die werfen Gegenstände und brüllen.

    Die Beamten sind darauf trainiert, die Rädelsführer zu erkennen und auch zu isolieren. Ziel der Übung ist es, die Situation zu entschärfen. Jürgen Bischoff, der Präsident der Bundespolizeidirektion Sankt Augustin, sieht zwei Gründe, warum Gewalttäter im Umfeld des Fußballs gerade in NRW ein Problem sind:

    "Fußball ist eine Erscheinung, eine nicht von der Hand zu weisende, weil wir gerade hier, im großen bevölkerungsreichsten Bundesland NRW die meisten Vereine haben, die in den verschiedensten Ligen spielen, und das dichteste Bahnstreckennetz."

    Das Gebiet der Bahn gehört zum Aufgabenbereich der Bundespolizei, und hier treffen sich in NRW Gewalttäter aus anderen Bundesländern. So musste die MKÜ vor einigen Wochen nach Bielefeld ausrücken. Auf der Reise zum Bundesliga-Spiel gegen Mainz 05 hatten Hooligans aus dem Umfeld des Hamburger SV bei einem Zwischenhalt in Bielefeld im Bahnhof randaliert. Diese wurden von der MKÜ wieder zurück nach Hamburg eskortiert. Ein anderes Mal kontrollierte die Truppe an der belgischen Grenze. Bei der Anreise zur UEFA-Cup-Partie gegen den RSC Anderlecht wurden als gewalttätig bekannte HSV-Fans aussortiert und zurück nach Hause begleitet. Solche Präventionsmaßnahmen gehören ebenso zum Programm wie der Versuch, deeskalierend zu wirken. Markus Feltmann:

    "Für uns auch ganz wichtig, wenn noch nichts angebrannt ist, offensiv auch auf Problemfans zuzugehen und unsere Sprache einsetzen, offensiv einsetzen, auch an die Vernunft der Problemfans appellieren."

    Bleibt die Kommunikation erfolglos, dann setzt die Mobile Kontroll- und Überwachungseinheit härtere Mittel ein. Markus Feltmann:

    "Allerdings haben wir auch die Möglichkeit, wenn Straftaten realisiert worden sind, Festnahmen durchzuführen auf Grundlage von beweissicherer Videotechnik, die wir einsetzen, und natürlich auch von Aussagen von Kollegen, sogenannten Tatbeobachtern, die dann letztendlich dazu führen, dass die Täter festgenommen werden können."

    Der Einsatz gegen Hooligans ist aber nicht das einzige Einsatzgebiet der MKÜ. Präsident Bischoff legt Wert darauf, dass die Einheit täglich im Einsatz ist, unter anderem bei Grenzalarmfahndung sowie dem Schutz von gefährdeten Objekten, Flughäfen und Bahnhöfen. Aus dem Fußball ist die Mobile Kontroll- und Überwachungseinheit der Bundespolizei jedoch wegen ihrer flexiblen Einsatzmöglichkeiten nicht mehr wegzudenken.