Im Landeskriminalamt Dresden geht am späten Vormittag gerade ein Einsatz zu Ende. Obwohl fast zehn Beamte das Geschehen auf Bildschirmen verfolgen, herrscht konzentrierte Stille im Lagezentrum, nur hin und wieder klingelt ein Telefon. Einzelheiten sind nicht zu erfahren, aber die Wahrscheinlichkeit, dass der Einsatz etwas mit Crystal zu tun hat, ist hoch. Denn mehr als die Hälfte der Rauschgiftdelikte in Sachsen standen 2013 im Zusammenhang mit Amphetaminen und Methamphetaminen, zu denen auch Crystal gehört.
13 Kilo der Droge wurden in Sachsen im vergangenen Jahr gefunden. Und irgendwann landen die Funde dann im Labor im zweiten Stock. In einer Mühle von Thomas Paulick. Der Chemiker zerkleinert das Crystal und zieht eine Probe für das Kriminaltechnische Institut.
Dann kommen sie in den Gaschromatographen.
"Das Gerät trennt eine Mischung in Einzelkomponenten auf. Dort am Ende des Gerätes kommen die Komponenten raus und werden an einem Detektor untersucht. Das ist ein Gaschromatograph."
Durchschnittlich acht Minuten lang wandert das Gas durch die dünnen Röhren, bevor die Apparatur das Ergebnis ausspuckt. Paulick scrollt noch ein bisschen nach vorn auf dem Bildschirm. Dort sind auf einer Linie verschieden hohe Ausschläge zu sehen, jeder Ausschlag steht für einen Stoff.
"Hier haben sie einen großen Peak, von den Stoffen, die enthalten sind, das ist das typische Spektrum für Methamphetamin."
Drogenanalyse zur Vorbereitung der Anklage
Paulick muss beweisen, dass es sich tatsächlich um illegale Substanzen handelt und zeigen, wie hoch die Wirkstoffkonzentration ist. Beides ist später für eine mögliche Anklage wichtig.
Doch der Versuch, über den chemischen Fingerabdruck der Droge Herstellungsorte oder Lieferwege herauszufinden, ist gerade bei Crystal sehr schwierig. Im Gegensatz zu Cannabis oder auch Heroin, die als Drogen pflanzlichen Ursprungs viel größere Unterschiede zwischen den Funden aufweisen. Wie wurde gedüngt, wie wurde gegossen, mit was wurde gestreckt? All das kann bei pflanzlichen Drogen Hinweise auf die Herkunft geben, bestimmte Chargen und Lieferwege können sich so zuordnen lassen.
Beim chemisch erzeugten Crystal ist es oft nur der reine Wirkstoff Methamphetamin, der in den Proben zu finden ist. Es gibt kaum unterscheidbare Zusätze. Eine Massenware, sagt Paulick.
Das hängt auch damit zusammen, dass die Herstellung sehr billig ist, es lohne sich gar nicht, da noch zu strecken, sagt Harald Schwab, Polizeilicher Leiter bei den Rauschgiftfahndern.
"Sie können sehr viel Geld machen. Es ist so, dass ein Gramm Crystal auf dem Tschechenmarkt unter 20 Euro kostet. Und sie können in Leipzig das Gramm Crystal für 70 Euro verkaufen. Die reine Herstellung liegt bei etwa sieben Euro das Gramm."
Polizisten sind "Breaking Bad"-Fans
Die Labore auf tschechischer Seite gleichen mittlerweile Fabriken, der Verkauf sei fest in vietnamesischer Hand und laufe über die Asia-Märkte im Grenzgebiet, sagt Schwab. Und noch eine Zahl ist interessant: Laut tschechischer Polizei landen etwa drei Tonnen Crystal pro Jahr in Deutschland und Österreich. Doch gefunden wurden in Deutschland im vergangenen Jahr nur 75 Kilogramm. Die Differenz ist also riesig. Das lässt nur ungefähr erahnen, wie viel Crystal in Deutschland im Umlauf ist.
Vielleicht braucht es da den schwarzen Humor von Walter White aus der Serie "Breaking Bad", um da als Drogenfahnder bei Laune zu bleiben. In der US-Serie entwickelt sich ein Chemie-Lehrer zum Crystal-Hersteller, um eine Krebsoperation zu finanzieren.
Drogenfahnder Schwab schmunzelt ein bisschen und outet sich als Fan, seine Kollegen nicken zustimmend:
"Ich hab alle DVDs, die es gibt. Es dient natürlich der Unterhaltung, hat mit der Realität zumindest in Sachsen oder in Bayern nichts zu tun. Aber es ist sehr unterhaltsam und sehr informativ."
Ja, das findet er nach acht Stunden Ermittlungsarbeit in Sachen Crystal tatsächlich entspannend, sagt Harald Schwab.
Und auch bei den Hausdurchsuchungen fällt ihm die Serie über den crystalkochenden Chemie-Lehrer immer wieder in die Hände.
"Nein, es ist ein Spielfilm, das wissen wir schon. Wobei wir haben schon festgestellt, dass wir regelmäßig bei Hausdurchsuchungen bei unserer Klientel die DVD finden."