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Möllemanns Erbe für die FDP

In Kürze entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über die Höhe der Strafe, die die NRW-FDP wegen falsch deklarierter Spenden zahlen muss. Die hatte noch der verstorbene Jürgen Möllemann zu verantworten. Auf dem Ortsparteitag in Aachen-Mitte hoffen die FDP-Mitglieder, dass das Thema nun bald geklärt ist.

Von Susanne Grüter | 18.04.2013
    Philipp Rohde: "Wir hoffen natürlich, jetzt auch für die aktuellen Wahlkämpfe, dass es nicht allzu hoch von der Strafe her für uns ausfällt. Aber dass wir diese Strafe bezahlen und dass wir auch das Unrecht von Möllemann in dieser Finanzierung damals sehen und sozusagen auch dafür geradestehen müssen, das ist selbstverständlich."

    Frank Hansen: "Die FDP ist wirklich schon Kummer gewohnt. Und wir sind so Stehaufmännchen. Und wir sind Optimisten. Und wir gucken immer nach vorne. Und deswegen halt, wir sind eine kämpferische Partei, wenn es hart auf hart kommt, dann stehen wir alle beieinander. Und dann gucken wir nach vorne."

    Philipp Rohde und Frank Hansen arbeiten sich gemeinsam mit einem Dutzend Mitglieder durch die Tagesordnung. Ortsparteitag der FDP in Aachen-Mitte. Es geht um verschiedene Themen. Die Spendenaffäre um Jürgen Möllemann und das bevorstehende Gerichtsurteil gehören nicht dazu. Der Ortsvorsitzende Frank Hansen:

    "Es ist einfach eine reine Formalie, die jetzt passiert. Und es ist weder bei den FDP-Mitgliedern noch bei den Bürgerinnen und Bürgern jetzt irgendwie ein Thema, von dem man jetzt total überrascht ist. Und wir haben andere Sachen momentan, die wir in Angriff nehmen müssen, wie die Europapolitik, die Arbeitsmarktpolitik, die Umweltpolitik. Das sind einfach wichtige Themen, die wir angehen müssen. Und alles andere ist einfach eine parteiinterne Geschichte, die wir auch stemmen können."

    Und Neumitglied Tobias Kollig meint:

    "Das ist zehn Jahre her. Und dadurch, dass da jetzt nichts Neues kommt, sehe ich überhaupt keine Betroffenheit für den Wahlkampf davon. Finanziell wird es geschultert. Und das soll nicht zu lapidar klingen, wenn ich das sage - ok, so what?"

    "Na und", mag sich Jürgen Möllemann damals auch gedacht haben, als er von 1996 an Millionensummen von anonymen Spendern besorgte, stückelte und unter falschem Namen auf Parteikonten verteilte, ohne dass diese in Rechenschaftsberichten auftauchten. Diese Affäre löste bei den Liberalen eine schwere Krise aus.

    Bundestagspräsident Norbert Lammert, CDU, fordert nach wie vor 3,5 Millionen Euro Bußgeld. Die NRW-FDP akzeptiert aber nur eine Strafe von 2,7 Millionen. Deshalb ist sie vor das Bundesverwaltungsgericht gezogen, das nun entscheidet.

    Gleich, wie es ausgeht. Die Parteiführung in Düsseldorf hat signalisiert: Keine Panik, alles im Griff, die Finanzierung der Millionen sei gesichert. Die rund 14.000 Mitglieder müssen monatlich eine "Möllemann-Abgabe", eine Art "Soli-Zuschlag" leisten. Philipp Rohde, Mitglied im Aachener Ortsvorstand:

    "Wir führen ja schon als Landesverband eine Umlage seit Jahren ab, von 1,5 Euro zu diesem Thema, um das bezahlen zu können. Das ist aber jetzt auch schon seit Jahren so. Und darauf haben wir uns eingestellt."

    Der liberale NRW-Schatzmeister Alexander Graf Lambsdorff betont, darüber hinaus könne die Partei auch im Bundestagswahlkampf voll durchstarten. Sie nehme dazu Bankkredite auf. Im Aachener Ortsverband löst diese Botschaft keine Euphorie aus. Wilhelm Helg, Vorsitzender der Ratsfraktion:

    "Das ist gang und gäbe, das machen die Kreisverbände fast bei jedem Wahlkampf, weil so prall gefüllt sind unsere Kassen nicht. Und vor allem, es steht ja jetzt nicht nur die Bundestagswahl an. Wir haben im nächsten Jahr Europawahl, wir haben die Kommunalwahl, die Wahl zu den Räten, zu den Bezirksvertretungen, dem Städteregionstag. Da brauchen wir natürlich viel Geld. Und selbstverständlich kann man das nicht selber finanzieren, da muss man gegebenenfalls auch Kredite aufnehmen."

    Manche fürchten dennoch, dass die FDP im Wahlkampf gegenüber der Konkurrenz ins Hintertreffen geraten könnte, wie das langjährige Mitglied, die über 80-jährige Ria Crombach.

    "Die anderen haben Geld für dementsprechende Flyer, für dementsprechende Präsente, kleine - wie mal ein Kartenspiel. Da ist gar kein Denken mehr dran. Oder diese Einkaufschips, die sehr beliebt waren, das fällt alles weg. Möllemännchen heißen die ja drolligerweise."

    "Weil Möllemann damals als Bundeswirtschaftsminister über diese Affäre gestolpert ist, dass er für einen Verwandten sozusagen mit offiziellem Briefkopf dafür geworben hatte, heißen diese kleinen Plättchen, die man sozusagen heute als Plastikersatz für den Euro in den Einkaufswagen schiebt, gerne mal Möllemännchen."

    Erklärt Philipp Rohde. Die Aachener versuchen, in diesen Tagen locker zu bleiben. Sollte es wirklich finanzielle Einschnitte geben, da sind sich die Parteifreunde einig, hilft nur mehr Überzeugungskraft an den Wahlständen. Für die Basis eine ohnehin schwierige Aufgabe, die aber in den letzten Monaten zusätzlich erschwert wurde - durch störende Personaldebatten in Berlin, Koalitionsstreit, schlechte Umfragewerte, verheerendes Medienecho. Frust beim Ortsvorsitzenden Frank Hansen.

    "Ich habe manchmal das Gefühl, dass in den Medien so eine Art Betriebssport eingeführt worden ist: FDP-Bashing. Einmal hat man sich auf unsere Partei eingeschossen. Und ich würde mir eigentlich wünschen, dass man genauso bei den anderen Parteien auch mal kritisch hingucken würde."

    Daher sind im Aachener Ortsverband viele Liberale wie Wilhelm Helg dankbar für jede Altlast, die sie vor der Wahl loswerden können.

    "Wir sind eher froh darüber, dass jetzt am 24. April das Bundesverwaltungsgericht endlich einen Schlussstrich zieht und wir wissen, wie viel wir im Endeffekt noch oben drauf zahlen müssen. Und dann erfüllen wir unsere Verpflichtung. Und dann ist das Thema auch endlich durch."