Freitag, 12. April 2024

Archiv

Mordprozess
Pistorius plädiert auf nicht schuldig

Der südafrikanische Paralympics-Star Pistorius hat zugegeben, die tödlichen Schüsse auf seine Freundin abgegeben zu haben. Dennoch sei er im Sinne der Mordanklage nicht schuldig. Die Aufmerksamkeit ist groß, bei Beobachtern werden Erinnerungen wach.

03.03.2014
    Am ersten Tage des Prozesses in Pretoria beschuldigte der Staatsanwalt Pistorius des vorsätzlichen Mordes an seiner Freundin Reeva Steenberg. Der beinamputierte Profisportler habe Steenkamp im Februar 2013 mit Absicht und gezielt erschossen. Der 27-Jährige hat eine Mordabsicht stets bestritten und gesagt, er habe nachts einen Einbrecher hinter der verschlossenen Tür vermutet, durch die er schoss. Auch zum Vorwurf, gegen das Waffengesetz verstoßen zu haben, erklärte sich Pistorius für "nicht schuldig". Der Verteidiger Barry Roux bezeichnete die Schilderungen der Anklage als falsch: "Sie könnten nicht weiter von der Wahrheit entfernt sein." Nach mehrstündiger Verhandlung vertagte das Gericht das Verfahren auf Dienstag.
    Gleich die erste Zeugin der Anklage hatte den Sportler schwer belastet: Sie habe als seine Nachbarin in der Tatnacht die heftigen Schreie einer Frau gehört und danach Schüsse, sagte Michelle Burger. Zwischen den Schüssen habe es eine größere Pause gegeben.
    Pistorius hatte bisher stets behauptet, es habe keinen Streit mit seiner Freundin gegeben. Auch will er die tödlichen Schüsse auf Steenkamp durch eine verschlossene Badezimmertür in der späten Nacht kurz hintereinander abgegeben haben.
    Enormes Medieninteresse
    Der spektakuläre Prozess wurde von mehreren südafrikanischen Fernsehsendern erstmals live übertragen. 300 Journalisten aus dem In- und Ausland hatten sich angesagt. Allein im Gerichtssaal befanden sich 80 Reporter, mehr waren nicht zugelassen.
    Richter Daniel Thulare äußerte sich besorgt über die umfangreiche und sensationsheischende Medienberichterstattung im Fall Pistorius. Vergangene Woche hatte ein britischer Fernsehsender sogar Tatortfotos von dem blutverschmierten Badezimmer veröffentlicht. Ein Pay-TV-Kanal berichtet rund um die Uhr ausschließlich über den Prozess.
    Erinnerungen an Simpson-Prozess
    Ein berühmter Sportler, ein mysteriöser Kriminalfall und ein aufsehenerregender Indizienprozess: Die Vorgänge in Pretoria erinnern manchen Beobachter an die spektakulären Doppelmord-Prozesse gegen den früheren US-Football-Star Orenthal James "O.J." Simpson. Im Juni 1994 waren dessen ehemalige Ehefrau Nicole und ihr Freund in Los Angeles ermordet worden. Nach einer Verfolgungsjagd im Auto, die Millionen Zuschauer live im Fernsehen verfolgen konnten, ergab sich Simpson der Polizei und plädierte vor Gericht auf unschuldig.
    Zeugen gab es nicht, die Tatwaffe wurde nicht gefunden. Das Gericht sprach Simpson nach einem neunmonatigen Strafprozess im Oktober 1995 überraschend frei: Die Beweise reichten nicht aus. In einem Zivilverfahren, das die Angehörigen der Opfer anstrengten, sprach eine Geschworenen-Jury Simpson im Februar 1997 schuldig - anhand von Beweisstücken, die im ersten Verfahren noch nicht vorgelegen hatten. Simpson wurde zur Zahlung von insgesamt 33,5 Millionen US-Dollar Schadenersatz verurteilt.