Samstag, 04. Mai 2024

Archiv


Mozarts kleine Nachtmusik künftig umsonst

Viele Service-Hotlines lassen sich nicht nur ihre Dienste teuer bezahlen, schon das Warten kann ins Geld gehen. Dieser Abkassiererei soll nun zumindest teilweise ein Riegel vorgeschoben werden.

Von Andreas Baum | 02.03.2011
    Im Bundeskabinett ist es nun beschlossene Sache: Warteschleifen werden künftig für den Anrufer kostenlos sein, egal von welchem Netz aus er einen Anbieter anruft. Auch hat der Gesetzentwurf erstmals definiert, was eine Warteschleife ist: Sie endet erst dann, wenn das Anliegen des Anrufers wirklich bedient wird. Die ursprüngliche Forderung war, diese Kostenfreiheit sofort herzustellen. Die Telekommunikationsfirmen haben aber um Aufschub gebeten, technisch sei es nicht möglich, die unzähligen Warteschleifen umgehend auf Gratisbetrieb umzustellen. Dem will die Bundesregierung nachkommen. Erst im nächsten Jahr wird die Warteschleife wirklich ganz umsonst - bis ein Jahr nach der Verabschiedung des Gesetzes durch den Bundesrat hat die Branche Zeit, die Änderungen auch technisch umzusetzen. Bis dahin gilt eine Übergangsregelung, derzufolge die ersten zwei Minuten in der Warteschleife nichts kosten dürfen. Trotz der Einschränkungen sind die Verbraucherschützer grundsätzlich zufrieden. Michael Bobrowski, beim Verbraucherschutzverband vzbv zuständig für Telekommunikation und Medien, sieht hier eine sehr alte Forderung endlich erfüllt.

    "Die Abzocke in den telefonischen Warteschleifen von Service- und anderen telefonischen Diensten muss unbedingt gestoppt werden. Die Möglichkeit dazu bietet die gesetzliche Forderung nach einer Kostenfreiheit der Warteschleifen und zwar unabhängig davon, aus welchen Netzen ich telefoniere und welche Technik dort eingesetzt wird."

    Kaum ist die Nachricht von der Verabschiedung des Kabinettsentwurfes in der Welt, beginnt auch schon der Streit darum, wem das Lob dafür gebührt. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle hat schon vorab wissen lassen, dass er für die Novelle gesorgt verantwortlich zeichne, gleichzeitig beansprucht aber auch die FDP, Vorreiter gewesen zu sein. Erik SCHWEICKER, der verbraucherpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion erklärt das "Geschäftsmodell Warteschleife" für beendet. Doch das ist nicht alles: Auch der Anbieterwechsel, sowohl in der Telefonie als auch beim Internet, soll erheblich vereinfacht werden. Bundeswirtschaftsminister Brüderle hatte es als Ziel formuliert, dass dies künftig innerhalb eines Werktages möglich sein sollte, was Michael Bobrowski zufolge wünschenswert ist, aber nicht neu, die Europäische Union fordert dies seit Langem, wenn es nun Gesetz wird, dann wird lediglich eine Richtlinie der EU umgesetzt.

    "Das was schon im europäischen Rechtsrahmen für die Telekommunikation steht, nämlich eine Umschaltung des Anbieters innerhalb eines Arbeitstages, das ist eine vernünftige und auch notwendige Maßnahme, um die Verbraucher jetzt nicht lange ohne Internetzugang oder Breitbandzugang stehen zu lassen."

    Auch die Schwierigkeiten bei der sogenannten Portierung, also bei der Mitnahme der eigenen Telefonnummer von einem Anbieter zu nächsten, konnten bislang durchaus als Geschäftsmodell durchgehen. Die Hürden waren so hoch, dass manche Verbraucher schon allein deshalb vom Anbieterwechsel absahen, auch diese Praxis soll beendet werden, die Mitnahme also ab nächstem Jahr erheblich erleichtert werden.

    "Die Portierung insbesondere der Mobilfunkrufnummern war ja bisher schon gesetzlich geregelt, insofern ist das, was jetzt im Änderungsgesetz kommen wird, nur eine Verbesserung der Situation, dass man tatsächlich ohne Weiteres Rufnummern von einem Anbieter zum anderen übertragen kann."

    Weitere Änderungen: Künftig darf ein Mobiltelefonbetreiber einen Anschluss nicht einfach ohne Vorwarnung sperren, wenn eine der Nutzer in den Miesen ist - zu wichtig ist der Bundesregierung zufolge mittlerweile die Erreichbarkeit übers Handy, sie gilt quasi bereits als Grundversorgung. Erst wenn 75 Euro an unbezahlten Rechnungen anfallen, darf der Anschluss stillgelegt werden, und auch dann aber erst nach vorheriger Ankündigung. Geplant ist außerdem in einem zweiten Teil des Gesetzes, den Ausbau des Breitbandnetzes besser zu regulieren und damit voranzutreiben.