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Nach Finanzskandal
Bistum Limburg öffnet seine Bücher

Die Katholische Kirche erlebt eine Austrittswelle wie zuletzt nach dem Missbrauchsskandal. Anlass ist diesmal das Finanzgebaren des inzwischen abberufenen Limburger Bischofs Franz-Peter Tebartz-van Elst. Das Bistum will Vertrauen zurückgewinnen und hat sein Vermögen offengelegt.

18.07.2014
    Knapp 180.000 Katholiken sind im vergangenen Jahr aus der Kirche ausgetreten, rund 60.000 mehr als im Vorjahr. "Die aktuellen Zahlen sind schmerzlich und alle in der Kirche müssen das ernst nehmen für ihr Handeln", sagte der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, bei der Vorlage der Statistik.
    Das zweite Halbjahr 2013 habe offensichtlich zu einem "Vertrauens- und Glaubwürdigkeitsverlust" geführt, sagte Marx. Er sehe die Statistik als "hilfreichen Weckruf". Im Herbst 2013 war der Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst wegen eines Bauskandals in die öffentliche Kritik geraten. Er trat vor einigen Monaten zurück. Den bisherigen Rekord mit etwas mehr als 180.000 Austritten hatte es 2010 unter dem Eindruck des Missbrauchsskandals gegeben.
    Bilanz des Bistums Limburg
    Das Bistum Limburg bemüht sich nach dem Weggang von Tebartz-van Elst um einen Neuanfang. Es legte erstmals alle Finanzhaushalte offen. Die Diözese Limburg weist demnach eine Gesamt-Bilanzsumme von knapp einer Milliarde Euro aus. Die Summe setzt sich aus den Einzelbilanzen des Bistums selbst, des Domkapitels sowie einer diözesaneigenen Schulstiftung zusammen. Das Bistum hatte 2013 eine Bilanz von 909 Millionen Euro. Darunter befinden sich vor allem Finanzanlagen und Immobilien. Die Schulstiftung hatte eine Bilanz von 31 Millionen Euro, das Domkapitel 4,4 Millionen Euro.
    Der zurückgetretene Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst
    Der zurückgetretene Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst (Fredrik von Erichsen/dpa)
    Das Bistum hat den Angaben zufolge im vergangenen Jahr 191 Millionen Euro Kirchensteuern eingenommen. Die Ausgaben übertrafen demnach die Einnahmen um fast 59 Millionen Euro. Dies wurde durch Rücklagen und Erträge der Finanzanlagen ausgeglichen. "Die Kirche muss lernen, umfassend Rechenschaft über das Geld abzulegen, das ihr von den Mitgliedern anvertraut wird", sagte der stellvertretende Übergangsverwalter der Diözese, Wolfgang Rösch. "Das wichtigste Kapital der Kirche ist das Vertrauen der Menschen."
    Im vergangenen Jahr sind im Bistum Limburg 7.980 Menschen aus der katholischen Kirche ausgetreten. Ihre Zahl hat sich im Vergleich zu 2012 fast verdoppelt. "Die hohe Zahl an Kirchenaustritten ist eine erschütternde Realität, die uns zeigt, wie wir das Vertrauen vieler Menschen verloren haben", sagte der Paderborner Weihbischof Manfred Grothe, der die Diözese Limburg übergangsweise verwaltet.
    "Sex und Geld in der Kirche ist im Grunde der Supergau"
    "Die Kirche kommt aus den Skandalen und Skandalisierungen nicht heraus", sagte der Freiburger Religionssoziologe Michael Ebertz der Katholischen Nachrichten-Agentur. "2010 ging es um Sexualität und sexuellen Missbrauch, 2013 vor allem in Limburg um den verheerenden Umgang mit Finanzen. Wenn beides zusammenkommt - Sex und Geld in der Kirche -, dann ist das im Grunde der Supergau."
    Das Ansehen der Katholischen Kirche in Deutschland ist angeknackst.
    Das Ansehen der Katholischen Kirche in Deutschland ist angeknackst. (AFP/Olivier Morrin)
    Katholische Theologen beleuchten die Turbulenzen des Bistums in einem Sammelband. Das Buch "Der 'Fall' Tebartz-van Elst - Kirchenkrise unter dem Brennglas" erscheint am kommenden Montag.