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Naturparadies in Sachsen

In Sachsen soll ein neues Naturparadies entstehen - die Lausitzer Seenlandschaft. Die Sanierung der Tagebaulandschaften aus DDR-Zeiten gilt als eines der weltweit größten Umweltvorhaben. Bislang hat die bundeseigene Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft rund 7,5 Milliarden Euro in dieses Vorhaben gesteckt.

Von Alexandra Gerlach | 20.09.2005
    Klein Partwitz in der Lausitz. Es ist nur ein schmaler Grad, auf dem der Bagger steht. Rechts und links klaffen riesige Tagebaurestlöcher, blass und nackt wie eine Mondlandschaft. Es ist der Auftakt für den Baubeginn von "Überleiter 3a", einem hundert Meter langen Kanal, der schon in wenigen Jahren den Blunoer mit dem Neuwieser See verbinden wird.

    Dies wird die fünfte schiffbare Wasserstraße in einem Verbund von neun Seen sein, dem Lausitzer Seenland. Ein Bade-, Segler- und Freizeitparadies zwischen der Spree und der Autobahn A 13 soll hier entstehen. Große Hoffnungen setzt Sachsens Wirtschaftsminister Thomas Jurk in das Projekt:

    "Es ist eine Riesenchance für die Region, weil wir ja ohnehin die Aufgabe gehabt hätten, die Sanierung der Bergbaufolgelandschaft zu organisieren, und dass man jetzt versucht, naturschutzrechtliche Belange aber auch die Chancen, die die touristische Attraktivität der Region prägen, dass wir das in Einklang bringen, ist, glaube ich, etwas sehr Wichtiges, weil das auch deutlich macht, diese Region wird nicht sich selber überlassen, sondern sie entwickelt sich etwas, und für mich als W-Minister verbindet sich damit die Hoffnung, dass wir über touristische Angebote und Komplettangebote über dieses Seenland hinaus, die Region vermarkten können und dass wir damit auch für Arbeit in der Region sorgen."

    Noch fehlen viele Millionen Kubikmeter Wasser, bis dieser Traum verwirklicht ist, vielerorts braucht man eine gute Phantasie, um in den viertel- oder halb gefüllten Löchern die künftige Landschaft zu erkennen. Doch an schönen Wochenenden kommt der Freizeitbetrieb schon jetzt ganz schön auf Touren.

    Radler und Skater, Reiter, Wanderer und Quadfahrer testen schon einmal die Wirtschaftswege, die über hunderte von Kilometern ausgebaut und befestigt sind. Speedboote kreisen und Wasserflugzeuge landen, unlängst ist eine Wasserskischule auf dem ersten und fast fertig gefüllten Geierswalder See eröffnet worden. Spätestens 2010 werden die neun Seen mit einer Fläche von rund 7000 Hektar durch Kanäle verbunden und schiffbar sein.

    Es ist ein guter Tag für Klein-Partwitz, es ist Spatenstichtag auf einem Reiterhof, unweit von Hoyerswerda. Neben dem sächsischen Wirtschaftsminister, Jurk, ist auch der brandenburgische Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Krüger in die Lausitz gekommen, um einen weiteren wichtigen Meilenstein beim grenzübergreifenden Umbau einer ganzen Region zu setzen. Der Spatenstich für eine neue Reithalle, unweit einer Militäry-Geländestrecke direkt am Partwitzer See wird mit großem Bahnhof und Sekt gefeiert:

    "Tja, das ist meine Vision von der Zukunft, ich bin Unternehmer und nehme Geld in die Hand, und dort, wo ich eine Möglichkeit sehe, Geld zu verdienen, mache ich das auch, und das ist für mich eigentlich hier die Perspektive, der Tourismus, um als Unternehmer wirken zu können."

    Hans-Peter Mietke ist 48 Jahre alt. Der Ingenieur, Landwirt und Pferdehofbesitzer hat bereits 2,5 Millionen Euro in dieses Projekt investiert. Mietke ist zurückgekehrt. Seit 1973 war er weggezogen aus der Region. Sein Dorf wurde abgebaggert:

    "Ja, ich stamme eigentlich aus Groß-Partwitz, das war dort, mitten im See, völlig devastiert, das ist vielleicht auch mit ein Ansatzpunkt, dass es mich hierher gezogen hat, dass ich hier wieder angefangen habe."

    50 Pferde stehen inzwischen auf seinem Hof, die Reiter selbst kommen, so Mietke, aus ganz Deutschland, selbst aus Dortmund, München oder Frankfurt.

    "Aqua Terra Lausitz" nennt sich das Projekt, mit dem am Ufer des Partwitzer Sees eine Militärystrecke, ein Sportboothafen, ein Hotel, ein Campingplatz und eine Steganlage mit schwimmenden Häusern entstehen soll. 16 Millionen Euro wird das Ganze kosten, gesucht wird nun nach privaten Investoren.

    Doch neben den Unwägbarkeiten des Touristikgeschäfts gibt es derzeit noch eine große Unbekannte: die Höhe der künftigen Unterhaltskosten für die Seen ist noch nicht abschätzbar, erklärt Bernd Sablotny vom sächsischen Wirtschaftsministerium:

    "Ja, diese Gewässer sind künstliche Gewässer, sie werden naturnah gestaltet, sie werden aber auf ewige Zeiten bewirtschaftet werden müssen, das heißt Wassermenge und Wasserqualität sind hier zu steuern. Und es ist ja auch ein Mindestabfluss in die Spree zu gewährleisten, aber es wird immer zu bewirtschaften sein."

    Auch ist die Wasserqualität noch nicht überall so gut, wie sie sein sollte, der PH-Wert entspricht noch nicht den strengen EU-Normen, dennoch hat der sächsische Wirtschaftsminister Jurk klare Visionen:

    "Also in zehn Jahren, denke ich mir, werden wir hier einige Marinas haben, werden hier schwimmende Häuser in großer Zahl sehen, und wir werden viele Menschen haben, die hier am See Urlaub machen, wie die Wasserqualität sein wird, fragen Sie mich nicht! Aber ich glaube, man wird technologisch in der Lage sein, Badeseequalität herzustellen."